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Das Buch der Schatten 2

Das Buch der Schatten 2

Titel: Das Buch der Schatten 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiernan Cate
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Verfügung zu haben. Die Vorstellung, dass Selene diesen Raum betreten konnte und vorfand, was sie für nahezu jeden magischen Spruch brauchte, war einfach fantastisch.
    Dieses Wissen hier war es, wonach ich mich sehnte, wofür ich, wie ich wusste, arbeiten musste. Die Träume meiner Eltern für meine Zukunft, meine halb ausgegorenen Pläne, Wissenschaftlerin zu werden – diese Gedanken kamen mir jetzt wie Nebelwände vor, die mich nur in meiner wahren Berufung behindern würden: eine so mächtige Hexe wie möglich zu werden.
    Ich wusste, ich musste gehen, doch ich konnte mich einfach nicht losreißen. Ich bleibe nur noch fünf Minuten, sagte ich mir und ging quer durchs Zimmer zu den gegenüberliegenden Bücherregalen. Oh, hier waren die Hexenzirkel. Ein Regal nach dem anderen voller Bücher der Schatten. Ich nahm eines heraus und schlug es auf, auch wenn ich fürchtete, jeden Augenblick von einem Blitz getroffen zu werden.
    Das Buch war schwer. Ich legte es auf die Kante von Selenes Schreibtisch. Die Seiten waren vergilbt und zerfleddert, rissen fast bei meiner Berührung. Es war ein altes Buch – ein Eintrag war auf 1502 datiert! Aber es war entweder kodiert oder in einer fremden Sprache verfasst, und ich hatte keine Möglichkeit, es zu entziffern. Ich stellte es zurück.

    Ich wusste, ich musste hier raus und zurück zu den anderen. Ich überlegte, welche Ausrede ich für mein Verschwinden vorbringen konnte. Ob es glaubhaft war, wenn ich sagte, ich hätte mich verlaufen?
    Ich ging seitwärts zur Tür und stieß gegen eine Bibliotheksleiter. Ohne zu wissen, warum, stieg ich hinauf. Ganz oben roch es noch stärker nach Staub, altem Leder und zersetztem Papier. Ich hielt mich an der Leiter fest und beugte mich vor, um in dem schwachen Licht zu lesen. Hexenzirkel im Alten Rom. Theorien über Stonehenge. Rowanwand und Woodbane: Von prähistorischer Zeit bis heute.
    Ich wusste, dass ich nicht genug Zeit hatte, um alles zu lesen, um zu verweilen und zu verschlingen und zu genießen, wie ich es am liebsten getan hätte. Zu wissen, dass diese Bücher hier waren und doch nicht mein, war quälend. Ein wütender Hunger erwachte in mir, eine Sehnsucht nach Wissen, nach Lernen, nach Erleuchtung.
    Meine Fingerspitzen fuhren über die Buchrücken, verweilten auf denen, die schwer zu lesen waren. Auf einem der oberen Regalbretter fand ich ein rotes Buch ohne Titel, das zwischen zwei größeren, dickeren Büchern über frühe schottische Geschichte steckte. Als ich über seinen Rücken fuhr, kribbelten meine Finger. Ich strich noch einmal darüber, vor und zurück. Kribbeln. Grinsend zog ich es heraus. Hier oben war es
zu düster, um den Titel lesen zu können, also stieg ich die Leiter hinunter und ging mit dem Buch zu Selenes Schreibtisch.
    Unter der Schreibtischlampe schlug ich das Buch behutsam auf der Titelseite auf. Belwicket war da geschrieben, in schöner, fließender Handschrift. Ich hielt inne, das Blut rauschte in meinen Ohren. Belwicket. Das war der Hexenzirkel meiner leiblichen Mutter.
    Ich blätterte um und sah auf der Rückseite des Titels einen Eintrag:
    Dieses Buch ist ein Geschenk für meine Strahlendhelle, meine Feuerfee, Bradhadair, zu ihrem vierzehnten Geburtstag. Willkommen in Belwicket. In Liebe, Mathair.
    Mein Herz setzte aus und mein Atem erstarrte in meinen Lungen zu Eis. Bradhadair. Der Wicca-Name meiner leiblichen Mutter. Alyce hatte ihn mir genannt. Dies war ihr Buch der Schatten. Aber wie konnte das sein? Es war doch nach dem Brand verloren gegangen, oder? Konnte es eine andere Bradhadair geben, ein anderes Belwicket?
    Mit zitternden Händen überflog ich die Einträge. Ungefähr auf Seite zwanzig:
    »Die ganze Stadt Ballynigel versammelte sich zu Beltane«, las ich stumm. »Ich war zu alt, um um den
Maibaum zu tanzen, doch die jüngeren Mädchen sahen wunderschön aus. Ich habe gesehen, dass Angus Bramson bei den Fahrrädern rumhing und mich auf seine typische Art beobachtete. Ich tat, als hätte ich ihn nicht bemerkt. Ich bin erst vierzehn und er ist sechzehn!
    Egal, wir hatten ein tolles Beltane-Fest, und dann hat Ma uns in einen fantastischen Kreis geführt, draußen an den Felsklippen.
    – Bradhadair.«
    Ich wollte schlucken, doch ich hatte das Gefühl, ich müsste würgen. Ich blätterte weiter bis kurz vor Ende. Hier waren die Einträge nicht mehr mit Bradhadair unterzeichnet, sondern mit »M.R.«.
    Das waren meine Initialen. Sie standen auch für Maeve Riordan. Meine Mutter.
    Benommen und

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