Das Buch der Schatten - Verwandte Geister: Band 8 (German Edition)
lächelte vor Freude über das Schöne, das ich gewirkt hatte. Hexe, Hexe, dachte ich und beanspruchte den Titel für mich.
Dann schaute ich auf. Die Gesichter meiner Freunde waren eine Mischung aus Ungläubigkeit, Staunen und ein wenig Angst bei Alisa. Selbst Robbie, der sich in New York Sorgen um meinen Missbrauch der Magie gemacht hatte, zeigte nichts als Verblüffung und Freude. Killian hatte ein breites Lächeln für mich, ein vertrautes Lächeln, bei dem ich mich ihm noch verbundener fühlte. Sky beobachtete mich in ernstes Schweigen gehüllt, und mir wurde klar – zu spät, wie immer –, dass ich gerade schon wieder einen Wicca-Fauxpas oder Schlimmeres begangen hatte. Ich stöhnte innerlich. Es gab so viele Regeln! Dinge, die mir ganz natürlich vorkamen, waren verboten oder reguliert.
Mein nächster Gedanke war, dass ich morgen extrafrüh aufstehen musste, um mich vor der Schule mit Eoife zu treffen. Hunter hatte meinen Bericht über das Treffen am vergangenen Abend weitergegeben, doch ich sollte mich persönlich bei ihr melden.
Ich seufzte und stand auf.
8
Sehnsucht
Bruder Colin, ich habe Zweifel, die ich dem guten Pater Benedict nicht beichten konnte. Mein Bruder, ich fürchte, ich bin vom Teufel besessen. Seit der Nacht, da Bruder Thomas geheilt wurde, verfolgt Nuala Riordan mich, im Wachen wie in meinen Träumen. Nur beim Gebet dringt sie nicht in meinen geschundenen Geist ein. Ich habe mein Fleisch kasteit, ich habe mich vor Gott in den Staub g e worfen, ich habe Tage und Nächte im Gebet verbracht, bis ich fieberte.
Mein Bruder, wenn Du Hoffnung für meine unsterbliche Seele hast, dann bitte, gedenke meiner in Deinen Gebeten.
– Bruder Sinestus Tor an Colin, Juli 1768
Als am Donnerstagmorgen um halb sieben der Wecker klingelte, hatte ich das Gefühl, in einem nicht enden wollenden Albtraum gefangen zu sein. Ich haute auf den Wecker, bis das nervige Geplärre aufhörte. Fast vierzig Minuten später wachte ich wieder auf und überlegte, ob es schon Zeit war, zur Schule zu gehen. Dann schoss ich hoch. Eoife!
Schnell schüttete ich Dagda was zu fressen in den Napf, stieg in Jeans und Sweatshirt, flocht mir rasch die Haare und war in weniger als zwanzig Minuten aus dem Haus. Und viel zu spät dran. Mit klopfendem Herzen fuhr ich zu Hunter und nicht einmal das rosige Morgenlicht vermochte mich zu trösten. Mein Leben war völlig aus den Fugen geraten. Am Vorabend war ich nach elf nach Hause gekommen. Ich hatte meine Schulbücher rausgeholt und wie belämmert hineingestarrt, während mein Bett lockte. Fünf Minuten später schlief ich tief und fest, während Dagda neben mir das Federbett knetete.
Ich hatte in den letzten vier Tagen keine Hausaufgaben gemacht, hatte nicht genug Schlaf bekommen, und es war mir nicht gelungen, Ciaran nach Widow’s Vale zu holen. Ich kam zu spät zu meiner Verabredung mit Eoife, meldete mich nicht oft genug bei ihr und ich hatte verbotene Magie gewirkt … Was zum Teufel machte ich bloß?
Mit hohem Tempo fuhr ich vor dem verwohnten kleinen Haus vor, in dem Hunter und Sky lebten. Die Veranda hinter dem Haus, die Cal zum Einstürzen gebracht hatte, war neu gebaut worden. Vor dem Haus war eine hässliche Ligusterhecke, um die sich so viele Jahre lang niemand gekümmert hatte, dass sie kaum mehr war als ein knorriges Gewirr aus Ästen. Mein Atem stieg in kleinen Dampfwolken vor mir auf, als ich den Weg zum Haus hochging und an der Tür klingelte.
Dabei ging mir durch den Sinn, dass ich um halb acht am Morgen vor der Tür meines Exfreunds stand und aussah wie die Hölle. Sicher, ich hatte mich von ihm getrennt – und aus guten Gründen –, doch das hieß nicht, dass ich mit meinem Anblick dafür sorgen musste, dass er froh darüber war.
Eoife öffnete mir die Tür und betrachtete mich mit ernster Miene. Hatte Sky womöglich die Funken und Blütenblätter von letzter Nacht erwähnt?
» Tut mir leid, dass ich zu spät komme « , sagte ich. Ohne zu überlegen, warf ich die Sinne aus und entdeckte, dass Sky oben schlief, aber Hunter nicht zu Hause war. Gut. Eine Atempause.
» Machst du das immer? « , fragte Eoife, als ich ihr nach hinten durch in die Küche folgte.
» Was? « Ich zog meinen Mantel aus und Eoife goss kochendes Wasser in eine Teekanne.
» Die Sinne auswerfen. « Sie stellte die Teekanne auf den Tisch und der wohlriechende Dampf umwehte uns. Ich atmete tief durch und genoss den Duft.
» Ähm … « Ich überlegte. » Ja, ich glaube schon. Ich denke
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