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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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irgendeine Regel verstoßen und bemühe sich nun angestrengt, es wieder gutzumachen. Ich schob es auf den Jetlag.
    Der Spaziergang durch St. Germain führte uns an einer Privatschule vorbei, wo eine Schar attraktiver Jugendlicher sich fröhlich plappernd auf den Gehsteig ergoss, dann zu einem Buchladen, wo ich eigentlich in aller Ruhe hatte stöbern wollen, bis Robin mich in das Bekleidungsgeschäft gezerrt hatte mit den Worten: »Das ist erstklassige Seide, Alex. Du könntest mal etwas Neues gebrauchen.«
    Der Laden bot Herrenmode an, roch aber wie ein Nagelstudio. Die Verkäuferin war ein mageres junges Ding; ihr zerrupftes Haar hatte die Farbe von Auberginenschalen, und ihre aufgeregte Beflissenheit ließ darauf schließen, dass sie noch nicht lange hier arbeitete. Robin nahm sich Zeit, um die Ware in Augenschein zu nehmen; schließlich wählte sie ein sehr blaues Hemd und eine extravagante rotgoldene Krawatte aus schwerem Stoff für mich aus. Ich nickte zustimmend, und sie bat das Mädchen, uns die Sachen einzupacken. Der Auberginenschopf verschwand in einem Hinterzimmer und kam mit einer kräftigen Frau in den Sechzigern zurück, die eine Strickweste trug. Sie maß mich mit einem Blick, nahm das Hemd mit und kam wenige Augenblicke darauf wieder, in der einen Hand ein dampfendes Bügeleisen, in der anderen das Hemd - frisch gebügelt auf einem Kleiderbügel hängend, geschützt durch eine durchsichtige Plastikhülle.
    »Das nenne ich Service«, sagte ich, als wir wieder auf die Straße traten. »Hunger?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Du hast das Frühstück nicht angerührt.« Schulterzucken.
    Die kräftige Frau war uns nach draußen gefolgt und stand in der Tür des Ladens. Sie warf skeptische Blicke gen Himmel. Sah auf ihre Armbanduhr. Sekunden später krachte der Donner. Sie warf uns ein befriedigtes Lächeln zu und ging wieder hinein.
    Der Regen war stärker und kälter geworden. Ich versuchte, Robin unter den Schirm zu ziehen, doch sie sträubte sich. Sie legte den Kopf in den Nacken und ließ sich die Tropfen ins Gesicht klatschen. Ein Mann, der an uns vorbeirannte, um sich vor dem Wolkenbruch in Sicherheit zu bringen, drehte sich um und starrte sie an.
    Ich streckte erneut die Hand nach ihr aus. Sie weigerte sich immer noch, leckte sich das Wasser von den Lippen. Lächelte leicht wie über einen Witz, den nur sie verstehen konnte. Einen Moment lang glaubte ich, sie würde mich einweihen. Stattdessen deutete sie auf den Eingang einer Brasserie zwei Häuser weiter und lief los, ohne auf mich zu warten.
    »Bonnie Raitt«, wiederholte ich. Wir saßen an einem winzigen Tisch in einer Ecke der ungemütlich feuchten Brasserie. Der Fußboden des Lokals war ein schmutziges Gitter aus weißen Fliesen, die Wände bestanden aus mehrfach gestrichenem braunem Holz mit blinden Spiegeln davor. Ein klinisch depressiver Ober brachte uns Salat und Wein, als ob es eine schwere Strafe sei, uns bedienen zu müssen. Der Regen strömte an den Scheiben herab und ließ die Stadt wie eine gallertartige Masse aussehen.
    »Bonnie«, sagte sie. »Jackson Browne, Bruce Hornsby, Shawn Colvin, vielleicht noch andere.«
    »Eine dreimonatige Tournee.«
    »Mindestens drei Monate«, sagte sie. Immer noch wollte sie mir nicht in die Augen sehen. »Wenn es auch ins Ausland geht, könnte es noch länger dauern.«
    »Gegen den Hunger in der Welt«, sagte ich. »Eine gute Sache.«
    »Gegen den Hunger und für das Wohl der Kinder«, sagte sie.
    »Etwas Nobleres kann man sich kaum vorstellen.«
    Sie sah mich an. Ihr Blick war trocken und herausfordernd.
    »Jetzt bist du also Equipment Manager«, sagte ich. »Keine Gitarrenbauerin mehr?«
    »Das Ganze umfasst auch Gitarrenbau. Ich werde die komplette Ausrüstung überwachen und reparieren.« Ich werde, nicht etwa ich würde . Eine einzige Stimme entscheidet. Keine Spur von Zögern oder Ungewissheit.
    »Wann genau hast du das Angebot bekommen?«, fragte ich.
    »Vor zwei Wochen.«
    »Aha.«
    »Ich weiß, ich hätte dir etwas sagen sollen. Es war ja nicht - es ist mir einfach in den Schoß gefallen. Weißt du noch, als ich damals in den Gold-Tone-Studios war? Sie brauchten klassische Archtop-Gitarren für dieses Retro-Elvis-Video. Die Tour-Managerin war zufällig in der Kabine nebenan und hat beim Mixen zugesehen. Wir haben uns nett unterhalten.«
    »Offenbar eine kontaktfreudige Frau.«
    »Sie hatte ihren Hund dabei«, sagte sie. »Eine englische Bulldogge - ein Weibchen. Spike hat angefangen, mit ihr zu

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