Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
im Menschen« vor Augen führt. Es ist also ein Weltentwurf zu denken, der als Inszenator den Namen Fernando Pessoas trägt.
Wir werden mit unserer auf den neuesten Stand gebrachten Neuausgabe der Werke Fernando Pessoas diesem vom Autor vorgegebenen Spiel folgen und die einzelnen Bände den jeweiligen Autoren (Heteronymen) und ihrem Werk zuordnen. Wir folgen damit den verdienstvollen Textausgaben des Verlags Assírio & Alvim in Lissabon, der die erste verläßliche und auf dem neuesten Stand der Forschung publizierte Ausgabe der komplexen Werke Fernando Pessoas veröffentlicht. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle meinen Kollegen und Freund Manuel Hermínio Monteiro, der mit seinen Mitarbeitern unermüdlich am Zustandekommen einer textgetreuen und verbindlichen Werkausgabe gearbeitet hat. Er ist, vor Abschluß dieser Ausgabe, mitten aus der Arbeit heraus abberufen worden.
1985 hat der Ammann Verlag erstmals Das Buch der Unruhe in der Übersetzung von Georg Rudolf Lind in deutscher Sprache veröffentlicht. Grundlage für diese Übersetzung war die 1982 im Verlag Ática, Lissabon, erschienene portugiesische Erstausgabe des Werkes, die dem damaligen Stand der Forschung entsprochen hat.
Mit dem Vorliegen der über die Hälfte des vorherigen Textumfangs erweiterten Neuausgabe des Buches der Unruhe , dem ersten Band unserer Neuedition (so wie Pessoa selbst sich dieses Werk als ersten Band einer möglichen Gesamtausgabe gedacht hat), ist es am Platz, des verdienstvollen Inspirators und Wegbereiters einer stets wachsenden Pessoa-Rezeption im deutschen Sprachraum, Herrn Professor Dr. Georg Rudolf Lind, zu gedenken. Er ist dem Werk des Dichters gefolgt, und als kenntnisreicher Cicerone hat er mit seinen Übersetzungen, begleitenden Essays und wissenschaftlichen Arbeiten dieses dem deutschsprachigen Lesepublikum nahegebracht. Er war der deutschsprachige Mentor des Dichters, der dessen Werk selbst in Portugal bis zu seinem zu frühen Tod am 9. Januar 1990 unermüdlich in die weltliterarischen Beziehungsfelder gestellt hat. Ihm, Georg Rudolf Lind, schulden wir Leser Dank für seine Vermittlertätigkeit, wir schulden ihm Dank für seine bewundernswerte Leistung, eines der großen europäischen Werke des 20. Jahrhunderts in die deutsche Sprache gebracht zu haben.
Die berühmte Truhe, worin der Nachlaß des Dichters Jahrzehnte überdauert hat und die nun in der Nationalbibliothek in Lissabon steht, scheint unerschöpflich zu sein. Richard Zenith, der Herausgeber der portugiesischen Neuausgabe des Buches der Unruhe , die 1998 im Verlag Assírio & Alvim erschienen ist, hat diesen Nachlaß neu gesichtet und gewertet, und er konnte wesentliche Texte, die bisher unbeachtet geblieben waren, eindeutig dem Buch der Unruhe zuordnen, das Pessoa bei seinem Tod 1935 als lose Fragmente-Sammlung hinterlassen hatte; lediglich als Notizen finden sich Hinweise auf die Zusammenstellung und die Gestaltung des künftigen Inhalts. Es ist Zeniths Verdienst, in mühevoller Kleinstarbeit diese Fragmente und Textpartikel in eine thematisch und zeitlich nachvollziehbare Ordnung gebracht zu haben.
Unsere vorliegende deutschsprachige Ausgabe ist eine über weiteste Strecken des Werkes neue Übersetzung von Inés Koebel. Sie hat es unternommen, auch jene von Georg Rudolf Lind übersetzten Passagen, wo die Zeit dies notwendig gemacht hat, zu revidieren. Damit ist ein Hauptwerk der portugiesischen, der europäischen und – seien wir nicht zu bescheiden – der Weltliteratur in deutscher Sprache neu und gültig zugänglich.
Egon Ammann
Daten zu Leben und Werk
1888
13. Juni: Fernando António Nogueira Pessoa wird als Sohn des Musikkritikers Joaquim de Seabra Pessoa und der Maria Madalena Pinheiro Nogueira in Lissabon geboren.
1893
Geburt des Bruders Jorge, der bereits 1894 stirbt. Der Vater stirbt an Tuberkulose.
1894
Fernando Pessoas erfindet die erste fiktive Person, den Chevalier de Pas, dem er an sich selbst gerichtete Briefe diktiert.
1895
Pessoas Mutter heiratet wieder: João Miguel Rosa, den portugiesischen Konsul in Durban, Südafrika. Pessoa verfasst sein erstes Gedicht.
1896
Mit der Mutter und einem Großonkel übersiedelt Pessoa nach Durban. Im Oktober wird die Schwester Henriqueta Madalena geboren.
1897
Pessoa besucht die Primarschule in Durban und erlernt die englische und französische Sprache. Englisch wird zur Sprache seiner ersten literarischen Werke.
1898
Pessoas Schwester Madalena Henriqueta wird
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