Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis
ihre Forderungen herunter. »Wir nehmen meine Kutsche. Sobald wir bei Ihnen angekommen sind, steigen Sie aus und sorgen dafür, dass Maybelle zu mir in die Kutsche kommt. Es ist mir egal, was Sie ihr erzählen: dass Sie ein Opfer für sie haben oder sonst was. Sobald sie in der Kutsche ist, werde ich sie für Sie ins Jenseits befördern. Und ab dann«, erklärte sie und funkelte ihn böse an, »werden Sie sich von der Tutela und den Untoten fernhalten. Sollte ich je herausfinden, dass Sie sich wieder mit ihnen eingelassen haben — oder auch nur daran denken, sich mit irgendwelchen Untoten im Mondlicht herumzutreiben -, werde ich Sie töten.«
Er nickte nachdrücklich. »Natürlich, klar.«
Sie fixierte ihn lange und eindringlich und sah nur hoffnungsvolle Ernsthaftigkeit in seinen Augen. Zumindest jetzt meinte er, was er gesagt hatte. »Und wenn es mir in den Sinn kommt, werde ich egal wann und egal in welcher Form eine Gefälligkeit einfordern, die Sie mir für diese Sache schulden.«
»Einverstanden.« Nachdem er bekommen hatte, worum er sie gebeten hatte, ließ George seinen Blick wieder zu ihrem Ausschnitt wandern.
Victoria seufzte. »Dann lassen Sie uns gehen.«
»Heute Abend? Sie erledigen es gleich heute Abend?« Er sah so aus, als hätte sie ihm angeboten, sich gleich hier an Ort und Stelle die Kleider vom Leib zu reißen.
»Natürlich. Oder glauben Sie, ich würde zusehen, wie Sie ihr noch einmal jemanden zufuhren, dessen Blut sie trinken kann?« Sie setzte sich Richtung Ausgang in Bewegung, und er folgte ihr wie ein treues Hündchen.
Max musterte die Gäste im Ballsaal nebenan und achtete darauf, sich nicht vom Rand des Foyers des Hauses der Herzogin wegzubewegen. Er hatte keine Lust, in die Fänge einer ehrgeizigen Mutter des ton zu geraten, die der Meinung war, er wäre der passende Ehemann für ihre dünne, blasse, sommersprossige oder redselige Tochter, obwohl er weder der guten Gesellschaft Londons angehörte noch ein italienischer Adliger war. Einige schienen tatsächlich jeden unverheirateten Mann, der noch in der Lage war zu gehen (und bei manchen war nicht einmal das ein Ausschlusskriterium) und zu gesellschaftlichen Ereignissen geladen wurde, als potenziellen Heiratskandidaten zu betrachten.
Er wäre heute Abend lieber zu Hause geblieben, nachdem er wusste, dass Victoria ausgegangen war und ihn nicht im kalari stören würde... in jenem Raum, der dem Training in ostasiatischer Kampfkunst vorbehalten war. Er hatte überlegt, Kritanu zu bitten, mit ihm zu arbeiten, und ihn damit vielleicht ein wenig von seinem Kummer abzulenken - aber dann hatte er hierherkommen müssen.
Verflixt. Wo zum Teufel war sie eigentlich?
Schließlich war der Stoff dieses verdammten roten Kleides -das bisschen, was davon vorhanden war — nicht leicht zu übersehen; besonders bei all dem blassen Rosa, Blau, Grün und Gelb, das den Raum bevölkerte. Allmächtiger.
Was hatte die Herzogin denn da an? Es war schockierend... orange. Sogar von der Stelle aus, wo er stand, konnte er die Dunstwolke riechen, die sich aus den unterschiedlichen Parfüms der Damen und Herren zusammensetzte; wie erstickend musste es dann erst im Ballsaal selber sein?
Er würde sich am Rand der Tanzfläche entlang zu den Verandatüren einen Weg bahnen müssen, um im Garten nach Victoria zu suchen.
Gerade wollte er sich in Bewegung setzen, als er ein paar Worte einer hinter ihm geführten Unterhaltung aufschnappte: »... in diesem roten Kleid.«
Max drehte sich um und richtete den Blick auf zwei Männer, die dicht nebeneinander standen und lüstern kicherten.
Der eine war der Butler, dem Max nicht erlaubt hatte, seine Ankunft laut anzukündigen, und der andere schien ein Lakai oder anderer Hausbediensteter zu sein.
»Das ist echt 'n Glückspilz, der die in die Finger bekommt«, sagte der Lakai gerade, den Max auf Anhieb aufgrund seiner großen, feuchten Lippen für den Vulgäreren der beiden einschätzte. »Die sieht so aus, als wäre sie reif zum Pflücken.«
Max trat zu ihnen, und die beiden Männer beendeten ihre nicht sonderlich leise geführte Unterhaltung, um sich aufzurichten.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen, Mylord?«, fragte der Butler.
Max war eigentlich kein Lord, aber er unterließ es, den Mann darauf hinzuweisen. Je höher der Stand, den man ihm zuschrieb, desto größer seine Chance, die Informationen zu bekommen, die er brauchte. Natürlich gab es auch immer noch die Möglichkeit, die Köpfe der beiden Männer mit
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