Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
einmal bäumte sich der Körper des alten Isaac auf, so als wollte er sich dem Unausweichlichen widersetzen. Dann jedoch entkrampften sich seine Züge und wurden ruhig.
»Adonai segne und behüte dich, meine Tochter und Erbin«, flüsterte er so leise, dass sie ihn kaum noch hören konnte. »Er wende sein Angesicht dir zu und gebe dir …« Er verstummte und blickte suchend umher, so als wäre ihm plötzlich entfallen, was er hatte sagen wollen. Doch er behielt die Herrschaft über seinen Geist, schien den Satz unbedingt zu Ende bringen zu wollen.
» Adonai … gebe dir Frieden, mein Kind«, hauchte er.
Noch einmal schien sein fliehender Blick sie zu erfassen, und etwas wie ein Lächeln spielte um die dünnen Lippen des alten Kaufmanns. Dann wurden seine Augen glasig, und Chaya brach über dem Leichnam ihres Vaters zusammen.
Es war nicht Schmerz allein, der sie überwältigte, nicht die Trauer oder die Furcht vor dem, was vor ihr lag, sondern auch ohnmächtige Wut, der Zorn darüber, dass alles vergeblich gewesen war. Wozu hatte ihr Vater die alte Heimat verlassen, wozu solche Beschwernisse auf sich genommen, wozu all seine Zweifel überwunden, seine Angst und selbst die Abgründe des Fieberwahns, wenn er nun so kurz vor dem ersehnten Ziel einen grausamen Tod starb, hingemetzelt von der Hand eines namenlosen Mörders?
Ungehemmt schossen die Tränen aus ihren Augen, während sie sich an den leblosen Körper klammerte, weder bereit noch willens, ihn loszulassen. Es war ihr gleichgültig, ob andere sie so sahen oder ob sie ihre Tarnung damit gefährdete. Die Trauer war in ihr und ließ sich nicht aufhalten, brach sich Bahn wie ein Regenguss nach langer Dürre. Wie lange sie so verharrte, wusste sie nicht zu sagen, jedes Gefühl für Zeit kam ihr abhanden.
Bis irgendwann ein Schatten auf sie fiel.
Der Sand neben ihr knirschte, und ihr wurde klar, dass jemand zu ihr getreten war. Widerstrebend löste sie sich vom Leichnam des alten Isaac und schaute mit tränenverschwommenem Blick an dem Fremden empor. Sie konnte nur seine Silhouette sehen, sah den Schwertgriff an seiner Seite und den Helm, den er abgenommen hatte und unter dem Arm trug. Der heiße Wind verwehte sein Haar, und obschon sie sein Gesicht im Gegenlicht nicht sehen konnte, hatte Isaac Ben Salomons Tochter das Gefühl, diesen Mann zu kennen.
»Chaya«, sagte er in diesem Augenblick, »seid Ihr das?«
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13.
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In einer schmalen Senke, die von Felsen umgeben war und im Fall eines weiteren Angriffs gut zu verteidigen sein würde, hatten sie ihr Nachtlager aufgeschlagen – nicht nur die Kämpfer von Baldrics Spähtrupp, sondern auch die Reisenden der syrischen Karawane.
Den Kaufleuten war anzusehen gewesen, dass sie den Kreuzfahrern nicht über den Weg trauten, aber da ihre Furcht vor einem neuerlichen Überfall noch ungleich größer gewesen war, hatten sie eingewilligt, die Nacht in ihrer Obhut zu verbringen. Und Baldric wiederum hatte alles daran gesetzt, das von seinen Waffenbrüdern begangene Unrecht wiedergutzumachen und zu demonstrieren, dass nicht alle Streiter Christi blutrünstige Räuber waren.
Von den zwanzig Kämpfern, die seinem Trupp noch angehörten, ließ er jeweils zehn das Lager bewachen, um Mitternacht würde die Ablösung erfolgen. Das Kommando der ersten Wache übertrug er Bertrand, in der zweiten Nachthälfte würde Remy den Oberbefehl führen, auch Conn würde dieser Schicht angehören. Die meisten Männer nutzten die Zeit bis zum Wachantritt, um nach den Anstrengungen des Tages noch etwas Schlaf zu bekommen; Conn jedoch fand keine Ruhe.
Zu sehr beschäftigten ihn die Ereignisse des vergangenen Tages, zu lebhaft stand ihm der Tod des alten Isaac vor Au g en; und zu überwältigt war er von der Macht des Geschicks, das ihn nach all den Monaten inmitten fernster Fremde wieder mit jener jungen Frau zusammengeführt hatte, der er die Rettung seines Armes und womöglich auch seines Lebens verdankte.
Irgendwann – bis Mitternacht mochte es noch eine Stunde sein – hielt er es nicht mehr auf seinem Lager aus. Conn verließ den Unterstand, den er sich mit Berengar und dem schnarchenden Remy teilte, und suchte jenen Teil der Senke auf, wo die Karawane ihre Zelte aufgeschlagen hatte. Chayas Behausung zu finden war nicht weiter schwierig – sie war kleiner als jene der Syrer und unbewacht. Ohne Verwunderung nahm Conn zur Kenntnis, dass noch Licht darin brannte.
Vorsichtig näherte er sich dem Zelt, wobei er sich keine Mühe
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