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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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seine Frage sie stürzte. Conn biss sich auf die Lippen und schalt sich einen Narren. Was für eine Antwort hatte er denn erwartet? Dass sie sich um sein Wohlergehen sorgte, hatte sie bewiesen, indem sie an seinem Lager gewacht und ihn den Klauen des Todes entrissen hatte – aber weshalb sollte sie sich um das Leben von Kämpfern scheren, deren erklärtes Ziel es war, all jene, die aus ihrer Sicht den falschen Glauben hatten, mit Feuer und Schwert aus Palästina zu vertreiben?
    Die Situation hatte etwas unfreiwillig Komisches. Sein Leben lang war Conn auf der Seite der Schwachen gewesen, hatte er mit jenen gefühlt, die unterdrückt und verfolgt wurden – doch in diesem Augenblick ertappte er sich dabei, dass er sich selbst zu den Siegern zählte und nicht zu jenen, die geschlagen worden waren. Ein Teil von ihm, so erkannte er erschrocken, war zum Normannen geworden.
    »Chaya, bitte verzeih. Ich weiß selbst nicht, was in mich gefahren ist.«
    »Aber ich weiß es«, entgegnete sie, und die Sanftheit in ihrer Stimme traf ihn härter, als es jeder offene Vorwurf getan hätte. »Du bist, was du bist, Conwulf, und ich bin, was ich bin. Die Gräben zwischen unseren Völkern sind tiefer als je zuvor. So viel Blut ist geflossen, so viel Unrecht ist geschehen, und es geht immer noch weiter, denn Gewalt bringt nur immer neue Gewalt hervor. Ein Christ und eine Jüdin können nicht zueinander finden.«
    » Aber es ist bereits geschehen. Denk an das Kind, Chaya. An unser Kind. Das Kind einer Jüdin und eines Christen.«
    »Und? Welche Zukunft hätte ein solches Kind, wenn doch beide Seiten in ihm nichts als einen Bastard sähen?«
    »Das ist nicht wahr«, widersprach Conn, aber es klang hilflos.
    Chaya holte tief Luft. Was sie zu sagen im Begriff war, fiel ihr nicht leicht. »Das Kind, von dem du sprichst, gibt es nicht, Conwulf.«
    »W as?«
    »Es ist wahr, dass ich einen Sohn zur Welt gebracht habe – aber sein Vater ist Caleb Ben Ezra, ein ebenso frommes wie geachtetes Mitglied der jüdischen Gemeinde von Antiochia.«
    »W as … was redest du? Ich bin der Vater des Kindes, das hast du selbst …«
    »Caleb«, widersprach sie mit bebender Stimme und nur mühsam zurückgehaltenen Tränen, »ist der einzige Vater, den der Junge jemals kennenlernen wird. So ist es am besten für ihn und für uns alle. Caleb hat um meine Hand angehalten, Conn. Ich werde ihn heiraten, und er wird gut für mich und den Jungen sorgen.«
    »Nein, Chaya.« Conn schüttelte den Kopf, während er entsetzt zu ihr aufblickte. »Bitte nicht. Das darfst du nicht …«
    »Es ist das Beste«, sagte sie, wobei eine Träne über ihre Wange rann, die sie jedoch unwirsch beiseitewischte.
    »Aber ich … ich will dich nicht verlieren«, beteuerte Conn und griff nach ihrer Hand. »Dich nicht, und auch das Kind nicht.«
    »Das kannst du nicht«, versicherte sie traurig, während sie sich von ihm losmachte und sich erhob. »Denn was man niemals besessen hat, kann man auch nicht verlieren.«
    »Chaya, bitte warte!« Verzweifelt rang Conn nach Worten. »W ohin willst du gehen?«
    »Nach Acre«, lautete die Antwort, aber nicht Chaya hatte sie gegeben, sondern Baldric, der unvermittelt wieder im Ein g ang aufgetaucht war und nun hinter ihr stand. »Bei der dortigen jüdischen Gemeinde werden Chaya und ihr Cousin Unterschlupf finden, ebenso wie das Kind.«
    »Nein!« Conn war verzweifelt. Natürlich wusste er, dass Chaya recht hatte; dass sie in Antiochien niemals sicher sein und der Sohn eines Christen und einer Jüdin überall auf der Welt ein Ausgestoßener sein würde. Aber die Aussicht, sie gehen zu lassen und das Kind, das er noch nie gesehen hatte, in der Obhut eines anderen Mannes zu wissen, brachte ihn halb um den Verstand.
    Jäh wurde ihm klar, dass es seine Liebe zu ihr gewesen war, die ihn durch die dunkelsten Fiebernächte geleitet und ihm ein Ziel vor Augen geführt hatte, für das es sich lohnte, ins Leben zurückzukehren. Und nun sollte sich all das als bloße Täuschung erweisen? Musste er sie ziehen lassen, um sie vor Schaden zu bewahren? Warum nur nahm der Herr ihm immer jene, die er liebte?
    » Shalom , Conwulf«, hauchte sie. Dann wandte sie sich ab und wollte die Kammer verlassen.
    »Chaya!« Conn wollte aufstehen, um sie am Gehen zu hindern, aber seine noch immer schwachen Beine versagten ihren Dienst. Verzweifelt wand er sich am Boden, wissend, dass er sie verlieren würde, wenn sie die Kammer verließ. Sie und das Kind … »Ich liebe

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