Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
– er deutete auf Guillaume – »so brutal vergewaltigt hat, dass sie in meinen Armen starb. Daraufhin schwor ich ihm bittere Rache, und ich schlich mich in den Turm von London mit dem festen Vorsatz, ihn in dieser Nacht zu töten. Doch was ich stattdessen erfuhr, änderte alles.«
Guillaume zuckte zusammen.
Es war unmöglich festzustellen, ob ihm in diesem Augenblick dämmerte, von welcher Nacht in London Conn sprach, aber seine anfängliche Selbstsicherheit schien zumindest Risse zu bekommen.
»W as habt Ihr erfahren, Conwulf?«, verlangte Graf Hugo zu wissen.
»Ich hörte, wie jemand einen feigen Plan schmiedete, ein hinterhältiges Komplott mit dem Ziel, Robert, den Herzog der Normandie, zu ermorden und auf diese Weise seine Ländereien, die er seinem Bruder König William von England ver p fändet hatte, wieder unter dessen Krone zu vereinen. Und der Mann, der sich bereitwillig erbot, den tödlichen Streich gegen den Herzog der Normandie zu führen, war kein anderer als Guillaume de Rein!«
»Das ist nicht wahr! Nicht ein einziges Wort davon!«
Obwohl Guillaume wie von Sinnen schrie und Conns Aussage aufs Heftigste bestritt, waren die Worte ausgesprochen, und sie verfehlten ihre Wirkung nicht. Nicht nur die Ritter und Soldaten aus dem Gefolge Graf Hugos, sogar Guillaumes eigene Leute tauschten fassungslose Blicke und taten lautstark ihre Ablehnung kund. Eines Mordkomplotts bezichtigt zu werden, war an sich schon ehrabschneidend; beschuldigt zu werden, aus niederer Gewinnsucht einen Fürsten ermorden zu wollen, der noch dazu ein Kreuzfahrerbruder war, gab Anlass zum Aufruhr.
»Elender Lügner!«, schrie Guillaume mit zornesroter Miene und hob sein Schwert, um Conn damit niederzustechen. »Ich werde dir dein Schandmaul für immer stopfen!«
Chaya schrie entsetzt auf, und womöglich hätte der Schwertstreich Conn tatsächlich getroffen, wäre dieser nicht blitzschnell zurückgewichen. Dabei verlor er jedoch das Gleichgewicht und fiel hin. Sofort war Guillaume über ihm und holte aus, um die Klinge tief in seine Brust fahren zu lassen, aber plötzlich war der Graf von Monteil zwischen ihnen, und als der Stahl niederging, traf er lediglich auf Hugos Schild. Zu einem weiteren Hieb kam Guillaume nicht mehr. Bogenschützen traten vor, die seine Leute und ihn in Schach hielten.
»Das ist unerhört! Auch für das, was dieser verleumderische Bauer sagt, gibt es nicht einen einzigen Beweis!«
»W ir haben seine Aussage,vorgetragen vor Dutzenden von Zeugen«, sagte Graf Hugo.
»Und Ihr habt die meine. Und ich sage, dass der Angelsachse Conwulf ein Dieb und ein Lügner ist!«
»Damit steht Aussage gegen Aussage«, resümierte der Graf, der mit dem Einwand gerechnet zu haben schien. »W ir wer d en die Sache vor den Fürstenrat bringen, aber wir alle wissen, was weltliche wie geistliche Fürsten in einem Fall wie diesem beschließen werden.«
»Ein Gottesurteil«, rief jemand.
»Ein Schwertkampf auf Leben und Tod.«
»Seid Ihr bereit, Euch einem solchen Urteil zu stellen, Conwulf?«, wandte sich Hugo an Conn.
Conn kauerte noch immer auf dem Boden. Chaya war zu ihm geeilt und klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende, während sein Verstand mit der Entwicklung der Ereignisse Schritt zu halten suchte. Eben noch wähnte er sich in Guillaume de Reins Gewalt, und nun bekam er die Chance, auf Leben und Tod gegen diesen zu fechten.
Beklommen erinnerte sich Conn, was Bertrand ihm einst über Guillaumes herausragende Kampfeskünste gesagt hatte; dazu kam, dass er selbst noch geschwächt war von den Folgen seiner Misshandlung in der Gefangenschaft. Aber wenn ihm die Gelegenheit zur Rache so bereitwillig dargeboten würde, so musste er sie ergreifen, zumal er nichts mehr zu verlieren hatte.
»Ich bin dazu bereit«, erklärte Conn mit fester Stimme. Chaya neben ihm zuckte zusammen, aber sie sagte kein Wort.
»Mag er bereit sein, ich bin es nicht«, erklärte Guillaume kopfschüttelnd. »W ann hätte man je gehört, dass ein Edler sich einem hergelaufenen Bauern zu stellen hätte?«
»Conwulf ist kein Bauer, Monsieur«, brachte Hugo in Erinnerung. »Er ist der rechtskräftig adoptierte Sohn Baldrics, eines normannischen Ritters …«
»… der bei seinem Vater wie bei seinem Herrn in Ungnade gefallen ist und Titel und Namen verloren hat«, spottete Guillaume. »Erwartet Ihr, dass ich einem solchen Niemand gegenübertrete?«
»Außerdem«, fuhr Hugo unbeirrt fort, »ist Conwulf ein ehrbarer Streiter Petri,
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