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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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hinter der gedrungenen, harmlos wirkenden Statur des Normannen beträchtliche Körperkraft verbarg. »Steck das Messer wieder ein, Junge, und halte den Mund. Oder willst du unbedingt hängen?«
    Conn wehrte sich mit verzweifelter Kraft, aber er hatte keine Möglichkeit, dem Griff des älteren und sehr viel erfahreneren Kämpfers zu entkommen. Schließlich sah er ein, dass sein Widerstand keinen Zweck haben würde, zumal Guillaume de Rein längst verschwunden war. So plötzlich, wie die Dunkelheit ihn ausgespien hatte, hatte sie ihn wieder aufgenommen.
    Als Bertrand merkte, dass Conn aufgab, lockerte er seinen Griff ein wenig. »Du kennst Guillaume de Rein?«
    Conn nickte. Was hätte er es auch leugnen sollen?
    »Aber du hast offenbar wenig Grund, ihn zu lieben«, forschte der Normanne weiter nach.
    » Nicht einen einzigen«, sagte Conn nur. Seine Mundwinkel verzerrten sich vor Abscheu.
    Bertrand schaute ihn prüfend an. »Ich verstehe. Aber der gute Herr Baldric hat dich ganz sicher nicht gerettet, damit du bei der ersten sich bietenden Gelegenheit dein Leben sinnlos verschleuderst. Geht das in deinen angelsächsischen Dickkopf?«
    Conn nickte, und während sich sein Zorn allmählich wieder legte und einer stummen Leere wich, ging ihm erst auf, was für ein überaus seltsames Gespräch er mit Bertrand führte. War Baldrics Gefolgsmann nicht ebenfalls Normanne? Und hatte zu Hause in England die oberste Überlebensregel nicht gelautet, niemals einem Normannen zu vertrauen? Aber wenn dies so war, weshalb bestürmte Bertrand Conn dann nicht mit Fragen und versuchte herauszufinden, welche Art Feindschaft er gegen einen seiner eigenen Leute hegte? Und hätte er ihn, da er Conns Absichten ja ganz offenbar durchschaute, nicht niederschlagen und ihn seiner Waffe berauben müssen? Oder ihn zumindest Guillaume de Reins Leuten übergeben
müssen?
    Bertrand jedoch schien nicht einmal einen Gedanken daran zu verschwenden. Stattdessen bedachte er Conn mit einem letzten warnenden Blick und entließ ihn dann vollends aus seinem Griff.
    »Du … du kennst de Rein ebenfalls«, sprach Conn die Vermutung, die ihm durch den Kopf schoss, laut aus.
    »Ein wenig. Jedoch gut genug, um zu wissen, dass es ratsam ist, sich von ihm und seinem Vater fernzuhalten.«
    »Aber …«
    »Kein aber. Wenn du tust, wozu dein Gefühl dir rät – und ich glaube zu wissen«, fügte der Normanne mit Blick auf Conns Dolch hinzu, »was das ist –, so wirst du entweder am Galgen enden oder gleich getötet, zumal du Guillaume de Rein im Kampf nicht das Wasser reichen könntest. Folglich wirst du deine unsterbliche Seele im Fegefeuer wiederfinden, wenn n icht gar im dunkelsten Höllenpfuhl. Bist du sicher, dass du ein derart sinnloses Opfer bringen willst?«
    Conn schaute ihn verblüfft an.
    Er war noch immer wütend, inzwischen aber wieder so bei Verstand, dass er einen klaren Gedanken fassen und ihn auch zu Ende bringen konnte. Somit kam er nicht umhin zuzugestehen, dass Bertrand recht hatte. Die Gefahr ewiger Verdammnis hätte Conn auf sich genommen, wenn dafür garantiert gewesen wäre, dass Guillaume de Rein seine gerechte Strafe erhielt. Aber dies war tatsächlich äußerst fraglich, denn abgesehen von seinem Hass war Conn nicht darauf vorbereitet, Nias Mörder gegenüberzutreten, zumal ihn die Verwundung am Arm zusätzlich beeinträchtigen würde.
    Er würde seine Rache einmal mehr aufschieben müssen, aber er hatte eine wichtige Erkenntnis gewonnen: Die de Reins hatten sich dem Feldzug ebenfalls angeschlossen und reisten im selben Kontingent wie er, was bedeutete, dass er in ihrer Nähe war und sie ihm nicht entkommen konnten. Entdeckung brauchte er wohl nicht zu fürchten, denn Guillaume de Rein und er hatten sich zwar in jener Nacht auf den Zinnen der Königsburg kurz gegenübergestanden, doch fraglos hatte sich ihm die Fratze des Mörders ungleich tiefer ins Gedächtnis eingebrannt als sich sein Gesicht dem jungen Herrn de Rein, für den ein Angelsachse aussah wie der andere. Vermutlich, dachte Conn bitter, erinnert sich de Rein noch nicht einmal an die junge Frau, die er wie einen Hund geprügelt und zu Tode vergewaltigt hatte.
    Wieder verspürte er tiefen Zorn, aber diesmal behielt er die Kontrolle.
    Es war zu früh, um sich Guillaume de Rein zu stellen.
    Aber sie reisten gemeinsam, und von dieser Stunde an hatte auch Conn einen erklärten Grund, mit den Kreuzfahrern gen Osten zu ziehen, auch wenn seine Motive weniger hehr waren als jene Baldrics und

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