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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

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Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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an.
    F ür die übrigen Kreuzfahrer setzte eine Zeit des Wartens ein. Inmitten der bewaldeten, von einzelnen Burgen gekrönten Hügel bezog man die Winterquartiere, die für die meisten Angehörigen des Heeres aus wenig mehr als einer Plane bestanden, die man über dem Boden spannte und mit der man Regen und Wind fernzuhalten suchte. Während die Edlen auf Burgen und Gehöften Unterschlupf fanden, deren Herren ihnen bereitwillig das Gastrecht gewährten, waren die einfachen Soldaten darauf angewiesen, sich selbst zu versorgen. Und so dauerte es nicht lange, bis sich die anfängliche Erleichterung über das vorläufige Ende des langen Marsches in Enttäuschung verwandelte. Zwar verstanden es einzelne Anführer, ihre Leute zu disziplinieren, indem sie regelmäßige Waffenübungen ansetzten. Aber die im Dezember noch weiter zunehmenden Regenfälle, die den Boden in Sumpfland verwandelten und Feuchtigkeit bis in den letzten Winkel dringen ließen, sorgten dafür, dass das Winterlager zu einer zermürbenden Prüfung wurde, der längst nicht alle Kreuzfahrer standhielten …
    »Habt ihr gehört?«
    Bertrands triefnasser Lockenkopf erschien im Eingang des behelfsmäßigen Zeltes, das Baldric für seine Leute und sich errichtet hatte. Draußen war es stockdunkel; weitere Regenwolken waren bei Einbruch der Nacht herangezogen und hatten Sterne und Mond verfinstert, sodass im Inneren des Zeltes schummriges, nur von schwachem Feuerschein durchbrochenes Halbdunkel herrschte.
    Die Behausung selbst bestand aus einer großen Plane, die von Stangen gestützt wurde und an drei Seiten bis zum Boden heruntergezogen war, während die Rückseite aus einem zweckentfremdeten Heuwagen bestand, den die englischen Kreuzfahrer kurzerhand für sich reklamiert hatten. Es war keine sehr komfortable Bleibe, aber weitgehend trocken und geräumiger als die meisten anderen Unterkünfte. Die Mitte nahm eine Feuerstelle ein, über der Conn aus Wurzeln und etwas Getreide eine halbwegs sättigende Abendmahlzeit zu z ubereiten versuchte. Remy kauerte am Boden und polierte sein Schwert; Baldric saß gegen den Heuwagen gelehnt, den wollenen Umhang um die Schultern gezogen, und schien wie so oft in tiefe Gedanken versunken. Von allen Kreuzfahrern, so kam es Conn vor, begegnete der einäugige Normanne den widrigen Bedingungen mit dem größten Gleichmut.
    »W as sollen wir gehört haben?«, wollte Conn wissen, während er in der dünnen Suppe rührte und darauf wartete, dass der Hafer quoll.
    »Die Lothringer stehen kurz vor Konstantinopel«, verkündete Bertrand die Neuigkeit, die er vermutlich in einem der Versorgungszelte aufgeschnappt hatte, die sich auf das Lager verteilten. Dort gab es Würfelspiel, Wein und all die anderen Dinge, mit denen sich der feiste Normanne die Zeit zu vertreiben pflegte.
    »V erdammt«, sagte Remy, ohne von seiner Arbeit aufzusehen. Seine Brauen allerdings zogen sich finster zusammen.
    »V erdammt?«, fragte Conn und schaute fragend zwischen den beiden hin und her. »W ieso? Was bedeutet das?«
    »Das bedeutet, mein wie immer unbedarfter Freund, dass wir womöglich zu spät kommen werden, um Palästina zu befreien. Denn während wir hier sitzen und zur Untätigkeit verdammt sind, haben Herzog Godefroy und die Seinen den weiten Weg bereits zurückgelegt und befinden sich an der Pforte des Heiligen Landes.«
    Conn biss sich auf die Lippen. Er hatte von den anderen Kreuzfahrerheeren gehört, die sich ebenfalls auf den Weg gemacht hatten, unter ihnen auch jenes von Godefroy de Bouillon, dem Herzog von Niederlothringen. Anders als die normannischen Fürsten war Godefroy jedoch bereits im Hochsommer aufgebrochen und hatte sich auf diese Weise wohl einen entscheidenden Vorsprung verschafft.
    »Nun wird es nicht mehr lange dauern, bis Bouillon und die Seinen vor den Toren von Jerusalem stehen, sodass wir nur noch den Dung ihrer Pferde aufklauben können, statt uns m it den Schätzen des Orients zu beladen.« Bertrands Enttäuschung war ihm deutlich anzusehen.
    Baldric, der bislang geschwiegen, den Wortwechsel jedoch aufmerksam verfolgt hatte, schickte seinem Gefolgsmann einen strengen Blick. »W enn es Schätze sind, die du zu erwerben suchst, dann wärst du besser zu Hause geblieben«, beschied er ihm streng. »Hast du dich dieser Unternehmung deshalb angeschlossen, Bertrand?«
    »Nein, natürlich nicht«, versicherte der Gescholtene beflissen und senkte das triefende Haupt wie ein gescholtener Köter. »Jedenfalls nicht

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