Das Cottage im Wald
fotografisches Gedächtnis, meine Liebe”, scherzte Stephanie. “In einer Woche, sagst du, bekommst du die Schlüssel? Dann müssen wir uns möglichst schnell nach geeigneten Möbeln und allem, was so dazugehört, umsehen. Mensch, Carin, das wird toll werden!”
“Übernimm dich bitte bloß nicht in deinem Zustand”, warnte Carin ihre Freundin.
“Ach was, ich bin topfit”, versicherte Stephanie vergnügt.
Dass sie damit nicht übertrieben hatte, stellte Carin fest, als die beiden sich schließlich sahen. Seit Stephanie schwanger war, schien sie förmlich aufgeblüht zu sein. Vielleicht werde ich auch einmal so glücklich wie sie, wünschte sich Carin insgeheim.
Während der nächsten Wochen war Carin ausschließlich mit der Arbeit am und im Cottage beschäftigt. Sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, alles selbst zu machen – vom Tapezieren und Streichen bis zum Einbringen der Möbel und Dekorieren der Wände. Trotzdem achtete sie sorgsam darauf, dass das Abendessen rechtzeitig auf dem Tisch stand, wenn Sean nach Hause kam.
“Wie geht es denn mit dem Cottage voran?”, erkundigte er sich eines Abends. Carins war überrascht, denn es war das erste Mal, dass er danach gefragt hatte.
“So langsam, aber sicher komme ich vorwärts”, antwortete sie wahrheitsgemäß, konnte aber nicht verhindern, dass sie dabei rot wurde.
“Was heißt hier ‘ich’? Sag bloß, du arbeitest selbst daran?”
“Ja”, gab sie kleinlaut zu.
“Mein Gott, Carin. Wenn du kein Geld mehr hast, warum sagst du denn nichts? Ich bin bestimmt kein Geizhals.”
“Es geht ja nur um die Inneneinrichtung”, wandte Carin ein. “Und die Arbeit macht mir riesigen Spaß, wirklich.”
Sean runzelte die Stirn. “Vielleicht sollte ich doch mal hingehen und es mir anschauen. Ich will nämlich nicht, dass du dich überarbeitest.”
“Ach, das tue ich ganz bestimmt nicht”, wehrte Carin eilig ab.” Sean durfte ihr auf keinen Fall die Überraschung verderben. “Es macht mir wirklich Freude.”
“Trotzdem sollte ich lieber …”
“Sean, bitte”, unterbrach sie ihn ungeduldig. “Ich überarbeite mich ganz sicher nicht, und ich bin davon überzeugt, dass es dir gefallen wird. Bitte warte doch, bis alles fertig ist”, bat sie und schenkte Sean dabei ihr unwiderstehlichstes Lächeln. “Es soll doch eine Überraschung sein.”
“Bist du sicher?”
“Ganz sicher.”
Sean sah Carin lange nachdenklich an. “Es bedeutet dir viel, das Cottage, nicht wahr?”
Carin nickte.
“Komm her.”
Glücklich schmiegte sie sich in Seans Arme. Zum ersten Mal hielt er sie zärtlich fest, ohne mit ihr schlafen zu wollen, und zum ersten Mal hatte Carin das Gefühl, dass so etwas wie Zuneigung und Verbundenheit zwischen ihnen bestand. Endlich schien sie Sean wirklich etwas zu bedeuten.
Obwohl die Umarmung nur Sekunden dauerte, wusste Carin, dass dies der Wendepunkt in ihrer Beziehung war, und als Sean schließlich ins Arbeitszimmer verschwand, fühlte sie sich nicht mehr so ungeliebt und einsam wie bisher.
Carin arbeitete unermüdlich, um bis zu dem Verkauf ihres Hauses mit dem Cottage fertig zu werden. Stephanie kam gelegentlich vorbei, um ihr zu helfen, doch Carin ließ es nicht zu, dass sie irgendwelche Klettertouren unternahm oder sonstige anstrengende Arbeiten verrichtete.
“Du bist genauso schlimm wie Bruce”, beschwerte sich Stephanie schmunzelnd. “Er tut geradezu, als wäre ich aus Porzellan. Man könnte meinen, ich sei die erste Frau, die je ein Baby bekommt.”
“Wenn dir was passieren würde, würde ich mir das nie verzeihen”, rief Carin ihr von oben zu. Sie stand gerade auf einer Klappleiter und strich die Decke eines der drei Schlafzimmer mit einer zartgelben Farbe. Als sie jedoch zu Stephanie heruntersah, wurde ihr plötzlich merkwürdig schwindlig. Alles um sie herum begann sich zu drehen, und ihre Beine gaben unter ihr nach.
“Carin!”, schrie Stephanie entsetzt. Im gleichen Moment stürzte Carin von der Leiter.
10. KAPITEL
G lücklicherweise hatte sich Carin durch den Sturz nicht ernsthaft verletzt. Sie hatte sich an einigen Stellen stark geprellt, aber es waren keine Knochen gebrochen. “Wie ist denn das passiert?”, fragte Stephanie entsetzt, die vor Schreck ebenfalls blass geworden war.
Carin konnte es sich selbst nicht erklären. “Keine Ahnung, mir war auf einmal so schwindlig.”
Stephanie sah sie ernst an. “Du hast dich überanstrengt. Komm, setz dich hier hin, ich mache dir einen Tee.”
“Ich
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