Das Daemonenschiff
ihn herum zu toben schien, stürzte auf ihn ein, und abermals
hatte er das Gefühl, das Schlagen riesiger, dunkler Schwingen
am Himmel über sich wahrzunehmen. Eine zweite, fast ebenso
große Gestalt wie die Abu Duns stürmte so dicht an ihm vorbei,
dass sie ihn um ein Haar über den Haufen gerannt hätte, und
schwang eine riesige, zweischneidige Streitaxt, während sie sich
in den Kampf warf, doch Andrej verschwendete an nichts von
alledem mehr als einen flüchtigen Gedanken. Noch immer nur
auf Knien und Unterarmen kroch er zu Urd hin und streckte
tatsächlich die Hände aus, um ihr aufzuhelfen, bis ihm der
erschrockene Ausdruck auffiel, mit dem sie seine Finger
betrachtete, und ihm klar wurde, wie lächerlich diese Geste war.
»Bist du verletzt?«, brachte er irgendwie hervor. Urd maß ihn
mit einem Ausdruck, der zwischen Fassungslosigkeit und
schierer Hysterie zu schwanken schien, setzte sich deutlich
kraftvoller und müheloser auf, als es ihm gerade möglich
gewesen war, und starrte auf seine Hände hinab. »Nicht annähernd so schlimm wie du«, murmelte sie. »Und wieso –«
»Tu so etwas nie wieder!«, unterbrach Andrej sie. »Nie mehr,
verstehst du das?«
»Nein«, antwortete Urd. »Aber was -?«
»Nie wieder«, wiederholte Andrej, und jetzt gefasster. »Sie
hätte dich beinahe umgebracht.«
Urd legte den Kopf auf die andere Seite, und nun sah sie ihm
ins Gesicht, nicht mehr auf seiner zerschundenen Hände.
»Seltsam, aber ich hatte eher den Eindruck, als wäre sie dabei, dich umzubringen.«
»Ja«, antwortete Andrej. Er war immer noch wütend, und dass
er selbst wusste, wie närrisch diese Wut war und nichts anderem
entsprang, als seiner Angst um sie, änderte nichts daran. »Und
ohne dich hätte sie es wahrscheinlich geschafft. Dafür danke ich
dir. Trotzdem war es dumm!«
Im ersten Moment wirkte Urd verletzt, dann aber breitete sich
ein Ausdruck von Zorn auf ihrem blassen Gesicht aus. Andrej
rechnete mit einer scharfen oder auch spöttischen Antwort, aber
sie blickte ihn nur vorwurfsvoll an, dann stemmte sie sich weiter
hoch, bückte sich in der gleichen Bewegung nach ihrem Schwert
und wandte sich in die Richtung, aus der der Kampflärm kam –
was praktisch überall um sie herum war. Andrej konnte zwar
keine der beiden anderen Valkyries sehen, aber er spürte ihre
Anwesenheit noch immer, und nach dem, was er gerade selbst
erlebt hatte, wagte er sich nicht einmal vorzustellen, wie die
beiden Unsterblichen unter Thures Kriegern wüten mussten.
Keiner von denen, die Thure ausgesucht hatte, um sie zu
begleiten, war ein Schwächling oder gar ein Feigling, und
trotzdem zweifelte Andrej nicht daran, dass diese drei unheimlichen Frauen allein in der Lage waren, ihr gesamtes Heer
auszulöschen. Er war nicht einmal sicher, ob es Abu Dun
gelingen würde, sie zu besiegen. Der Nubier war viel stärker als
er, doch die Valkyries kämpften auf eine Art, bei der Kraft nicht
die entscheidende Rolle spielte. Er musste Abu Dun warnen.
Es war so ungefähr das Letzte, wozu er sich im Moment in der
Lage fühlte, aber er drehte sich dennoch herum, ging dorthin
zurück, wo er sein Schwert hatte fallen lassen, und versuchte
erneut, die Waffe aufzuheben.
Diesmal gelang es ihm, aber er stellte sich so ungeschickt
dabei an, dass er das Schwert um ein Haar wieder fallen
gelassen hätte. So würde er Abu Dun nicht helfen können.
Und er musste es wohl auch nicht, denn in diesem Moment
spürte er einen weiteren, lautlosen Todesschrei. Er betete, dass
es nicht der Abu Duns war.
Mit ungelenken Fingern schob er die Waffe in die verzierte
lederne Scheide an seinem Gürtel zurück und drehte sich zu Urd
herum. Sie stand wie erstarrt da und blickte in die Richtung, aus
der die Schreie und das Waffenklirren kamen, schien seinen
Blick aber zu spüren, denn nach einem Moment drehte sie sich
herum, sah unsicher und verstört erst in sein Gesicht und dann
auf die tote Valkyrie hinab. Sie schien etwas sagen zu wollen,
schüttelte aber dann nur stumm den Kopf, ließ sich neben dem
Leichnam in die Hocke sinken und streckte unsicher die Hand
aus, als wollte sie ihn berühren, brachte den Mut dazu dann aber
doch nicht auf.
»Andrej … du hast eine Valkyrie getötet«, flüsterte sie.
»Abu Dun«, verbesserte sie Andrej. »Und genau genommen
warst du es. Ohne dich wäre ich jetzt tot. Und wer weiß … Abu
Dun vielleicht auch. Es tut mir leid, was ich gerade gesagt
habe.«
Er bezweifelte, dass Urd
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