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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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seine Worte zur Kenntnis genommen
hatte. Sie schüttelte nur noch ein paar Mal und noch ungläubiger
den Kopf, und als sie wieder zu ihm hochsah, war keine Spur
von Verletztheit oder Zorn mehr auf ihrem Gesicht zu erkennen.
Sie sah einfach nur fassungslos aus. »Aber das ist unmöglich«,
flüsterte sie. »Niemand kann eine Valkyrie töten.«
»So wie niemand einen Schwertstich ins Herz überlebt?«,
fragte Andrej. Urd sah ihn an, noch unsicherer, und dann kurz
und erschrocken auf die getötete Valkyrie hinab, und schüttelte
erneut den Kopf. »Das ist etwas anderes«, behauptete sie. »Sie
sind unsterblich. Sie sind … keine Menschen, sondern …«
Andrej setzte zu einer Antwort an und ging dann stattdessen
dorthin, wo der abgeschlagene Kopf der Valkyrie lag. Seine
Finger zitterten leicht, als er sich daneben auf die Knie sinken
ließ und danach griff, um ihr den Helm abzunehmen. Er redete
sich selbst ein, dass es nur an seiner Schwäche lag, aber er
brachte es nicht über sich, ihn aufzuheben, sondern winkte
stattdessen Urd herbei.
Ihre Augen wurden groß, als sie in das schmale, von blondem
Haar gerahmte Gesicht blickte, dass bisher hinter einer barbarischen Bronzemaske verborgen gewesen war. »Das ist ein
Mensch«, entfuhr es ihr. Ungläubig starrte sie erst Andrej, dann
das totenweiße Gesicht wieder an. »Aber sie … dass …«
»Sieh sie dir an«, sagte Andrej. »Das war kein Dämon und
auch keine Göttin. Sie war ein Mensch. So wie Abu Dun und
ich.«
Es dauerte einen Moment, bis Urd wirklich zu begreifen
schien, was seine Worte bedeuteten. Ihre Augen wurden noch
größer und wurden jetzt schwarz vor Schrecken. »Sie … sie war
eine von … von euch … und von uns?«
Andrej nickte. Es fiel ihm immer noch schwer, in das Gesicht
der Toten hinabzusehen, aber er zwang sich, es trotzdem zu tun.
Es war von Blut besudelt und im Augenblick des Todes zu einer
Grimasse aus Entsetzen und schierem Unglauben erstarrt, aber er
konnte trotzdem erkennen, dass es einst ein sehr schönes Gesicht
gewesen war, das Gesicht einer Frau, die kaum älter gewesen sein
konnte als Urd, kräftig, aber trotzdem zart, nicht das Antlitz einer
Kriegerin, dazu geschaffen, Furcht und Schrecken zu verbreiten.
Traurig fragte er sich, was aus ihr hätte werden können, hätte
Odin sie nicht zu dem gemacht, was sie gewesen war. Dann
verwandelte sich diese Trauer in eine kalte, entschlossene Wut.
»Sie … Sie sieht beinahe aus wie ich«, flüsterte Urd.
Andrej antwortete nicht darauf. »Erinnerst du dich, was du
gerade zu mir gesagt hast?«, fragte er. »Du hast gesagt, wir
wären nicht mitgekommen, um dir und deinem Volk zu helfen.«
Urd starrte weiter in das totenweiße Gesicht hinab. Sie schien
Mühe zu haben, sich auf seine Worte zu konzentrieren. »Du
hattest recht, Urd«, fuhr Andrej fort. »Das ist nicht der Grund.
Jedenfalls nicht der Einzige.« Er deutete auf die Tote. »Das hier
ist der wirkliche Grund, Urd. Sieh dir an, was euer Gott mit
Menschen tut, die ihn anbeten. Und dann sag mir noch einmal,
dass er das Recht hat, weiterzuleben.«
Urd schwieg dazu, doch auch Andrej sagte nichts mehr. Er
wandte den Blick ab, und als er aufstand und die Hand ausstreckte, um auch Urd in die Höhe zu helfen, hörte er einen
lautlosen Schrei und spürte das Erlöschen eines weiteren
unsterblichen Lebens.

9
    »Au!« Urd verzog das Gesicht und durchbohrte Andrej mit
ihrem Blick, wie es die Valkyrie gerade mit ihrem Schwert
versucht hatte. »Ich kann mich an Zeiten erinnern, da warst du
sanfter zu mir.«
    »Damals warst du ja auch noch ein unschuldiges Mädchen«,
antwortete Andrej ungerührt und zog den Verband, den er aus
dem abgerissenen Saum seines Mantels improvisiert hatte, nur
noch fester um ihren Oberarm. »Schließlich musste ich mir ja
irgendwie dein Vertrauen erschleichen, oder?«
» Damals « , wiederholte Urd nachdenklich, »war vor zwei
    Tagen, wenn ich mich richtig erinnere.«
»Drei«, verbesserte sie Andrej, lehnte sich in der Hocke ein kleines
Stück zurück und begutachtete sein Werk mit kritisch gerunzelter
Stirn. Der Verband saß zu fest und schnürte Urd vermutlich
unangenehm den Arm ab, wirkte ansonsten aber überzeugend; in
aller Hast improvisiert und nicht so, dass sein Anblick jemanden, der
tatsächlich etwas davon verstand, zufrieden gestellt hätte. Ein
Verband eben, wie ihn jemand im Feld und in großer Eile zustande
bringen würde; noch dazu jemand, der nicht wirklich wusste, was

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