Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Zweifel näher.
» Lauft! « , schrie nun auch Thure, und was ein zwar schneller,
trotzdem aber halbwegs disziplinierter Aufbruch hatte werden
sollen, das geriet beinahe zu einer kopflosen Flucht.
Nach zwei oder drei Schritten riss Urd sich zwar los und
funkelte ihn wütend an – offensichtlich, weil er sie ihrer
Meinung nach schon wieder wie ein Kind behandelt hatte –, fiel
aber trotzdem nicht zurück, und auch Thure holte nach einem
Augenblick wieder zu ihnen auf und stürmte dann in gleichmä
ßigem Tempo neben ihnen her. Sein Gesicht spiegelte nichts als
Verwirrung, doch Andrej nahm in Gedanken zumindest einen
Teil von dem zurück, was er über ihn gedacht hatte. Thure
verschwendete keinen unnötigen Atem auf eine Frage, sondern
nahm im Gegenteil im Laufen die Axt von der Schulter und sah
sich immer wieder nach rechts und links um. Hinter und neben
ihnen stürmten die anderen Männer durch den versteinerten
Wald, und für eine kleine Weile wurde der Lärm, den sie dabei
verursachten, so laut, dass er selbst das unheimliche Geräusch
übertönte. Aber es war noch immer da. Andrej hörte es, Abu
Dun auch und Urd vermutlich ebenso, denn obwohl auch sie
schwieg, konnte Andrej den Ausdruck von wachsendem
Schrecken auf ihrem Gesicht erkennen. Irgendetwas kam auf sie
zu, schnell und mit unaufhaltsamer Gewalt. Es klang, als bräche
etwas Riesiges rücksichtslos durch den erfrorenen Wald und
walze dabei alles nieder, was ihm in den Weg geriet.
Und Andrej wusste nur zu gut, was es war. Thure irrte sich.
Die Valkyries waren nicht das Letzte, was Odin gegen sie
aufbieten konnte. Das Schlimmste stand ihnen noch bevor.
Der Lärm schwoll zu einem Orkan aus Splittern, Bersten und
Zerbrechen an, und plötzlich war auch das Gefühl des Fremden
und Feindseligen wieder da, aber diesmal war es kein eisiger
Hauch, der seine Seele berührte, sondern ein Windstoß, der ihn
wie ein Prankenhieb traf und ihn vor körperlosem Schmerz
aufstöhnen ließ. Neben ihm keuchte Urd vor Schrecken und sah
sich aus geweiteten Augen um, als auch sie etwas spürte, das sie
ganz zweifellos noch nicht verstand, das sie aber bis auf den
Grund ihrer Seele entsetzte, und die Welle aus Furcht, die dem
Ungeheuer vorauseilte, berührte auch die Seelen der anderen.
Etliche Männer gerieten aus dem Takt oder stürzten, und zwei
oder drei blieben auch einfach stehen, und dann schwoll der
Lärm noch einmal an und wurde zum Getöse des Weltuntergangs, die Hölle selbst öffnete ihre Pforten und spie ihren
schlimmsten Bewohner aus.
Ein halbes Dutzend Bäume zerbarst wie unter einem Hammerschlag, als das achtbeinige Ungeheuer aus der Nacht
hervorbrach, und für einen winzigen Moment übertönten die
entsetzten Schreie aus einem halben Hundert Kehlen selbst das
Klirren und Bersten von gefrorenem Holz. Sleipnir raste heran,
rannte die ersten zwei oder drei Männer einfach über den
Haufen und stürzte sich mit einem Zischen, wie Andrej es noch
nie zuvor aus der Kehle eines lebenden Wesens gehört hatte, auf
den ersten Krieger, der mutig genug war (oder vielleicht auch
nur vor Schrecken erstarrt), sich ihr mit erhobenem Schwert in
den Weg zu stellen. Er starb so schnell, dass ihm nicht einmal
mehr Zeit für einen Schrei blieb. Armlange Fänge aus schwarzem Horn durchbohrten seine Rüstung und seinen Leib, und das
Ungeheuer stürmte weiter, ohne auch nur langsamer zu werden,
schleuderte den Krieger in hohem Bogen zur Seite und stürzte
sich zischend auf zwei weitere, hilflose Opfer, um sie beinahe
noch schneller zu töten.
Unter den Kriegern brach endgültig Panik aus. Etliche schleuderten einfach ihre Waffen davon und ergriffen kopflos die
Flucht, andere standen einfach wie erstarrt da, und mehr als
einer brach wimmernd in die Knie und schlug die Hände vor das
Gesicht, um dem grässlichen Anblick zu entgehen. Nichts davon
rettete sie. Sleipnir stürmte weiter, walzte Bäume und Männer
nieder, trampelte über Leiber und Rüstungen, und wer ihren
wirbelnden Beinen und schnappenden Fängen entging, der fiel
unter den erbarmungslosen Schwerthieben des in Bronze
gehüllten Riesen, der auf ihrem Rücken saß.
Odin kam ihm größer vor als in jener Nacht im Wald, als sie
sich gegenübergestanden hatten; ein tobender Riese, der ein
gewaltiges, zweischneidiges Schwert schwang, dessen Hieben
nichts auf dieser Welt widerstehen konnte. Sein freier Arm hielt
einen gewaltigen Schild, über dessen Metallbeschläge blaues
Elmsfeuer tanzte, und sein Gesicht verbarg sich

Weitere Kostenlose Bücher