Das Daemonenschiff
der anderen Hand hielt. Mit der hatte er den Ärmel eines Kettenhemdes gepackt, das über dem Feuer lag. »Ich habe mich schon
gefragt, wo es geblieben sein mochte«, sagte Andrej.
»Es war beschädigt«, antwortete Thure. »Urd hat es mir gebracht. Aber keine Sorge. Gleich ist es wieder wie neu. Du wirst
nicht einmal mehr sehen, dass es gerissen war.«
»Ich habe nicht einmal gemerkt, dass es beschädigt war«, gab
Andrej zu.
Thure lachte und ließ den Hammer mit einem Geschick, das
man seinen groben Händen niemals zugetraut hätte, auf das
dünne Kettengeflecht niedersausen. Andrej sah erst jetzt, dass
Etliche der winzigen Glieder neu waren und noch dunkelrot
glühten, während Thure sie mit ebenso schnellen wie geschickten Hammerschlägen schloss. »Aber du hättest es gemerkt, spätestens beim nächsten Kampf. Es hätte dich den Arm kosten
können. Oder Schlimmeres.«
»Ja«, sagte Andrej. »Anscheinend habe ich wieder einmal
Glück gehabt. Du machst das sehr gut. Bist du ein guter
Schmied?«
»Der beste, den es in unserem Dorf gibt«, antwortete Thure.
»Allerdings auch der einzige.« Er ließ den Hammer ein letztes
Mal auf das Metall krachen, dass die Funken flogen, legte das
Werkzeug aus der Hand und warf Andrej das Kettenhemd zu.
Andrej fing es geschickt auf, wobei er darauf achtete, nicht die
reparierte Schulter zu berühren. Die Kettenglieder zischten noch
immer vor Hitze.
»Ich hätte dich eher für einen Heilkundigen gehalten«, sagte
Andrej, während er das instand gesetzte Hemd musterte und
dann Thure einen anerkennenden Blick zuwarf. In ein paar Tagen, sobald das Metall seinen frischen Glanz verloren hatte,
würde man nicht einmal mehr sehen, dass es einmal beschädigt
gewesen war. »So gut, wie du dich um deinen Bruder gekümmert hast.«
»Seine Wunde war nicht so schlimm, wie es zuerst den Anschein hatte. Aber du hast recht – ich kenne mich ein wenig mit
Verletzungen aus. Und wir haben gute Heilkräuter hier.«
»Ein Schmied, der zugleich Heiler ist?«, wunderte sich Andrej. »Eine ungewöhnliche Kombination.«
»Es ist ein gefährlicher Beruf«, antwortete Thure. »Man verletzt sich schnell. Da bleibt es nicht aus, dass man sich irgendwann mit Wundheilung auskennt … ob man will oder nicht.« Er
zog eine Grimasse. »Außerdem ist unser Volk zu klein, als dass
ein Mann nur einen Beruf haben könnte.«
»Das ist es in der Tat«, antwortete Andrej. »Ihr führt hier ein
sehr abgeschiedenes Leben, habe ich recht?«
»Abgeschieden und hart«, bestätigte Thure. »Für manchen zu
hart. Aber wir wollen es so. Es gefällt uns. Und es ist sehr friedlich … oder war es bisher.«
»Bevor wir gekommen sind?«
Wenn Thure ihm diese Offenheit übel nahm, so ließ er es sich
jedenfalls nicht anmerken. »Manche mögen das denken«, antwortete er, »aber ich nicht. Wären dein großer schwarzer Freund
und du nicht gewesen, dann wären wir jetzt vielleicht alle nicht
mehr am Leben. Es ist nicht eure Schuld. Wenn jemand die
Schuld an dem trägt, was passiert ist, dann Lasse. Er hätte diese
Insel niemals anlaufen dürfen.«
»Deine Schwester meint, der Sturm hätte sein Schiff vielleicht
vom Kurs abgebracht.« Das entsprach nicht ganz der Wahrheit,
aber er wollte Thure nicht gestehen, wie abfällig Urd über ihren
Bruder gesprochen hatte.
Thure war deutlich offener als er, denn er schnaubte abfällig
durch die Nase und maß Andrej mit einem Blick, der sehr
deutlich machte, was er von Urds Version der Geschichte hielt.
»Lasse war ein Narr. Er wurde gewarnt. Von mir, von unserem
Vater und vielen anderen. Er wusste, was passieren würde. Aber
er hielt sich wohl für klüger als wir alle zusammen. Er hat das
Ende gefunden, das viele kluge Männer ereilt. Ich weine ihm
keine Träne nach, wenn du das erwartest. Es tut mir leid um sein
Weib und die, die bei ihm waren, doch Lasse trägt selbst Schuld
an seinem Schicksal.«
»Wenn er so ein Narr war, wie alle sagen«, fragte Andrej
vorsichtig, »warum habt ihr ihn dann überhaupt gehen lassen?
Ich dachte, es ist bei euch üblich, füreinander zu sorgen?«
Der riesige Schmied schüttelte den Kopf, als hätte er etwas
sehr Dummes gesagt, und sah sich suchend um. Er bückte sich
nach seinem gewaltigen Schmiedehammer und hob ihn auf, bevor er Andrejs Frage beantwortete. »Es war seine Zeit, Andrej.
Sie war schon lange erreicht. Unser Vater war ein sehr großzügiger Mann. Er hat ihm sogar ein Jahr länger gewährt, als ihm
von Rechts
Weitere Kostenlose Bücher