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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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angemerkt, konnte die kleine Insel nicht verkraften, wollte sie
nicht bald ebenso karg und felsig daliegen wie ihre Nachbarinnen. In den letzten Tagen hatte Andrej nur wenig mit dem
Nubier gesprochen. Abu Dun hatte noch ein einziges Mal
versucht, ihn in eine Diskussion über Thure und sein Verhältnis
zu seinem neuen König zu verwickeln und es dann beleidigt
aufgegeben, als Andrej sich stur geweigert hatte, den Faden
aufzunehmen. Darüber hinaus hatte er die meiste Zeit mit seinen
beiden blonden Eroberungen verbracht. Andrej hatte auch dazu
nichts gesagt, obwohl er Thures Worte keineswegs vergessen
hatte. Er gönnte Abu Dun seinen Spaß, so wie dieser sich auch
(ungewöhnlich genug für ihn) mit anzüglichen Bemerkungen,
Urd betreffend, zurückhielt. Morgen in aller Frühe (sobald die
Kapitäne der Schiffe, die in den letzten beiden Tagen gekommen waren, ihren Rausch ausgeschlafen hatten) würden sie in
See stechen, und dann konnte er Abu Dun erklären, was der
wahre Grund für Thures vermeintliche Großzügigkeit war.
Die Frauen waren mit ihrer Arbeit fertig. Urd, die als Erste
begonnen hatte, nahm sich den letzten Krug Öl und goss ihn
sorgsam über dem Scheiterhaufen aus, dann betrachtete sie ihr
Werk noch einmal ausgiebig und kritisch, nickte zufrieden und
trat ein paar Schritte zurück. Die anderen Frauen entfernten sich
hastig, doch Urd blieb noch einen Moment reglos stehen. Andrej
konnte ihr Gesicht nur als Silhouette gegen den hellen Hintergrund der zahllosen Feuer erkennen, die in sicherem Abstand zu
dem riesigen Scheiterhaufen brannten, aber er meinte Trauer
über ihre ebenmäßigen Züge huschen zu sehen. Es tat ihm weh,
ihr Leid zu spüren, aber zugleich erfüllte ihn der Anblick auch
mit einem warmen Gefühl. Urd hatte sich während der zurückliegenden Tage nicht ein einziges Wort der Trauer gestattet, aber
sie war offensichtlich doch nicht so hart, wie sie sich gab.
Schließlich wandte sich Urd ihm zu und auf ihrem Gesicht
erschien das gewohnte, strahlende Lächeln. »Jetzt ist es beinahe
vollbracht. Nicht mehr lange, und die Seele unseres Vaters kann
nach Walhalla gehen.«
Andrej nickte und gab sich Mühe, ein zufriedenes Gesicht zu
machen. Jenes eine Mal, als sie ganz ehrlich zu ihm und
vermutlich auch zu sich selbst gewesen war, hatte sie zugegeben, was sie von den Überzeugungen ihres Volkes hielt. Doch
auch wenn dieser Moment sich nicht wiederholt hatte, zweifelte
Andrej nicht daran, dass sie selbst das, was sie gerade gesagt
hatte, für Unsinn hielt. Wahrscheinlich sprach sie so, weil es
dem Augenblick angemessen war, oder weil so viele andere
Ohren mithörten.
»Kann ich mit dir reden?«, fragte er ernst und so leise, dass
nur sie die Worte verstehen konnte.
»Wenn du mich begleitest.« Urd deutete auf ihr Kleid, dessen
Saum nass und schwer von dem ausgegossenen Öl war. »Ich
muss mich umziehen und waschen, bevor das Feuer entzündet
wird.« Ein kurzes spöttisches Funkeln erschien in ihren Augen.
»So sehr ich meinen Vater darum beneide, an Odins Tafel zu
sitzen, hatte ich eigentlich nicht vor, ihm jetzt schon zu folgen.«
Andrej blieb ernst, trat beiseite und schloss sich Urd an, als sie
an ihm vorüberging und mit schnellen Schritten das Meer
ansteuerte, nicht, wie er angenommen hatte, das Haus, das sie
sich mit den anderen unverheirateten Frauen teilte. In den
letzten Tagen hatte sie ohnehin nur sehr wenig Zeit dort verbracht.
Sie brauchten länger als erwartet, um den felsigen Küstenstreifen zu erreichen. Die Einwohnerzahl des kleinen Dorfes hatte
sich in den letzten beiden Tagen mehr als verdreifacht. Fünf
zusätzliche schlanke Drachenboote tanzten jetzt hinter dem Steg
auf den Wellen, und jeder der selbsternannten Könige (auch
dazu hatte sich Abu Dun die eine oder andere spöttischen
Bemerkung, manche sogar in Hörweite derjenigen, über die er
redete, nicht verkneifen können) hatte gute zwei oder drei
Dutzend Begleiter mitgebracht. Andrej fragte sich, ob sich die
Dorfbewohner diese große Anzahl von Gästen überhaupt leisten
konnten. Urd hatte ihm gesagt, dass ein harter Winter bevorstünde (noch ein Grund, nicht länger hierzubleiben, wenn sie
tatsächlich glaubte, jetzt wäre Sommer!) und er hatte die
Vorratskammern gesehen, die ihre Leute für die bevorstehenden
dunklen und kalten Monate angelegt hatten. Wenn dieses Fest
vorüber und alle Gäste abgereist waren, würde nicht mehr allzu
viel von ihren Wintervorräten übrig

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