Das Dampfhaus
wurden Preise ausgeschrieben und Alle durch die Bewohner der benachbarten Berge bald wieder zugeführt.
Das war der Anfang der Repressalien.
Eine von Oberst Nicholson commandirte Colonne setzte sich gegen ein nach Delhi marschirendes Natifs-Regiment in Bewegung. Letzteres wurde bald erreicht, geschlagen, zerstreut und hundertzwanzig Gefangene kehrten nach Peschavar zurück, die Alle sofort zum Tode verurtheilt, aber nur jeder dritte Mann erschossen wurden. Auf dem Exercierplatz fuhr man zehn Kanonen auf, vor die Mündung einer jeden wurde je ein Gefangener gebunden, und viermal gaben die zehn Kanonen Feuer, wobei sie die Umgebung mit unförmlich zerfetzten Stücken der Todten bedeckten, über denen eine von dem verbrannten Fleisch verpestete Atmosphäre lagerte.
Nach Belbezen starben diese Verurtheilten fast Alle mit jenem heroischen Gleichmuth, den die Indier gegenüber dem Tode so gut zu bewahren wissen.
»Herr Kapitän, sagte zu einem der die Execution leitenden Officiere ein hübscher Sipahi von zwanzig Jahren, während er das furchtbare Todesinstrument mit der Hand streichelte, Herr Kapitän, Sie brauchen mich nicht festbinden zu lassen, ich habe keine Lust zu entfliehen!«
Das war die erste, entsetzliche Hinrichtung, der noch so viele folgen sollten.
Der Tagesbefehl, welchen an jenem Tage der Brigadier Chamberlain in Lahore nach Hinrichtung zweier Sipahis vom 55. Regiment erließ, lautete übrigens wie folgt:
»Ihr habt eben gesehen, wie zwei Eurer Kameraden lebend vor den Lauf der Kanonen gebunden und in Stücke zerrissen wurden; die gleiche Strafe wird jeden Verräther treffen. Euer Bewußtsein wird Euch die Leiden verkünden, welchen jene in der anderen Welt unterliegen. Die beiden Soldaten wurden durch Kanonen und nicht durch den Galgen vom Leben zum Tode befördert, weil ich ihnen die Verunreinigung durch die Berührung des Henkers ersparen und den Beweis liefern wollte, daß die Regierung auch in diesen Tagen der Gefahr nichts thun will, was Euren religiösen und Kasten-Anschauungen zu nahe treten könnte.«
Am 30. Juli fielen nach und nach zwölfhundertsiebenunddreißig Gefangene von den Kugeln und fünfzig Andere entgingen demselben Tode nur dadurch, daß sie in dem Gefängnisse, worin man sie verwahrte, vorher vor Hunger starben oder erstickten.
Am 28. August wurden von achthundertsiebzig Sipahis, die aus Lahore flohen, von den Soldaten der königlichen Armee nicht weniger als sechshundertfünfzig ohne Erbarmen niedergemacht.
Nach der Einnahme von Delhi, am 23. September, ergaben sich drei Prinzen der königlichen Familie, der präsumtive Thronerbe und seine beiden Vettern, auf Gnade und Ungnade dem General Hudson, der sie mit einer Bedeckung von nur fünf Mann durch eine drohende Menge von wenigstens fünftausend Hindus – 1 gegen 1000 – abführte. Auf halbem Wege ließ Hudson den Wagen mit den Gefangenen anhalten, stieg selbst ein, befahl ihnen, die Brust zu entblößen, und streckte Alle durch drei Revolverschüsse nieder.
»Diese blutige Execution von der Hand eines englischen Officiers, sagt Velbezen, erregte im Pendjab die höchste Bewunderung.«
Nach der Einnahme von Delhi endigten dreihundert Gefangene durch die Kanonen oder den Galgen, unter ihnen neunundzwanzig Angehörige der königlichen Familie. Freilich hatte die Belagerung der Stadt zweitausendeinhunderteinundfünfzig Europäer und sechzehnhundertsechsundachtzig Eingeborne gekostet.
In Allahabad ereigneten sich entsetzliche Menschenschlächtereien, weniger unter den Sipahis, als unter dem anderen Volk, das von Fanatikern fast unbewußt zum Plündern veranlaßt worden war.
General Hudson ließ den Wagen anhalten. (S. 39.)
Am 16. September bedeckten in Laknau die Leichen von zweitausend erschossenen Sipahis einen Raum von hundertfünfzig Meter im Quadrat.
Nach dem Massacre in Khanpur zwang der Oberst Neil die Verurtheilten, bevor er sie dem Galgen überlieferte, je nach ihrer Kaste, jeden Blutfleck, der sich noch in dem Hause vorfand, in dem vormals jene Opfer fielen, zu reinigen und mit der Zunge abzulecken. Vom Standpunkt der Indier aus war das die schimpflichste Entehrung vor dem Tode. Während der Expedition in Central-Indien folgten sich die Hinrichtungen der Gefangenen unaufhörlich und unter
Dieser General erzwang den Durchgang durch die Defilés. (S. 44.)
dem Knattern der Gewehre »sanken ganze Mauern von Menschenfleisch zur Erde«. Bei Gelegenheit der zweiten Belagerung von Laknau wurde nach
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