Das Dampfhaus
wir uns von der Hitze nicht wenig erschöpft, als wir gegen Abend daran dachten, nach dem Steam-House zurückzukehren. Wir hatten in Secrole, in einem der besten Hôtels der englischen Stadt, gefrühstückt und zu Mittag gespeist, doch gestehe ich, daß wir dabei die Küche des Monsieur Parazard doch vermißten.
Als die Gondel an den Fuß des Ghât zurückkam, um uns nach dem rechten Gangesufer überzusetzen, sah ich jenen Bengali dicht bei unserem Boote zum letzten Male wieder. Ein von einem Hindu geführtes Boot schien ihn zu erwarten. Wollte er wohl ebenfalls über den Fluß setzen und bis zu unserem Haltepunkte folgen? Die Sache ward allmählich verdächtig.
»Banks, begann ich da mit leiser Stimme, auf den Bengali zeigend, das ist ein Spion, der uns auf jedem Schritte folgte.
– Ich hab’ ihn wohl bemerkt, erwiderte Banks, und auch gesehen, daß der von Ihnen ausgesprochene Name des Oberst Munro seine Aufmerksamkeit erweckte.
– Sollten wir ihn also nicht…?
– Nein, nein, lassen wir ihn gehen, fiel mir Banks in’s Wort. Besser er hält sich für unbeachtet… übrigens ist er ja gar nicht mehr da.«
Wirklich war das Canot des Bengali schon unter der Menge von Fahrzeugen verschwunden, welche jetzt die dunklen Wellen des Ganges durchschnitten.
Da wandte sich Banks an unseren Bootsmann.
»Kennst Du jenen Mann? fragte er ihn mit möglichst gleichgiltiger Stimme.
– Nein, ich sah ihn zum ersten Male!« antwortete der Bootsführer
Die Nacht sank herab. Hunderte von beflaggten, mit bunten Laternen geschmückte Boote, besetzt mit Sängern und Musikanten, kreuzten sich in allen Richtungen auf dem Strome. Vom linken Ufer leuchteten verschiedene Feuerwerke auf und erinnerten mich an die Nähe des Himmlischen Reiches, wo dieselben so hoch in Ansehen stehen. Es wäre schwierig, dieses Schauspiel zu beschreiben, das wirklich kaum seinesgleichen finden dürfte. Aus welcher Veranlassung dieses scheinbar improvisirte Nachtfest gefeiert wurde, an dem Hindus aller Klassen theilnahmen, konnte ich nicht erfahren. Als es zu Ende ging, hatte unsere Gondel das linke Stromufer wieder erreicht.
Das Ganze erschien wie eine Vision. Es dauerte kaum länger, als der aufblitzende Lichtschein, der den Himmel auf Augenblicke erleuchtet und dann erlischt. Doch wie gesagt, Indien verehrt dreihundert Millionen Gottheiten, Untergottheiten, Heilige und Halbheilige jeder Sorte, und das Jahr hat nicht so viel Stunden, Minuten und Secunden, als daß jeder dieser Gottheiten eine einzige gewidmet werden könnte.
Bei unserer Rückkehr nach dem Halteplatz waren Oberst Munro und Mac Neil daselbst schon wieder eingetroffen. Banks fragte den Sergeanten, ob während unserer Abwesenheit etwas vorgefallen sei.
»Nichts, antwortete Mac Neil.
– Sie sahen keine verdächtige Persönlichkeit hier herumschleichen?
– Nein, Herr Banks. Haben Sie Veranlassung zu irgend einem Verdachte?…
– Wir wurden bei unserem Ausfluge nach Benares fortwährend beobachtet, erwiderte der Ingenieur, und das gefällt mir nicht.
– Und dieser Spion war…
– Ein Bengali, den der Name des Oberst Munro erst aufmerksam zu machen schien.
– Was kann der Mann von uns wollen?
– Das weiß ich nicht, Mac Neil. Jedenfalls heißt es aufzupassen.
– Ich werde auf dem Posten sein!« versicherte der Sergeant.
Neuntes Capitel.
Allahabad.
Zwischen Benares und Allahabad beträgt die Entfernung etwa hundertdreißig Kilometer. Die Straße folgt fast stets dem rechten Ufer des Ganges und liegt zwischen der Eisenbahn und dem Strome. Storr hatte Kohlensteine besorgt und den Tender damit versehen. Für mehrere Tage war die Ernährung des Elephanten also gesichert. Wohl gereinigt – ich hätte bald gesagt, gestriegelt – sauber, als käme er eben aus der Werkstätte, schien er ungeduldig die Zeit der Abfahrt zu erwarten. Er bäumte sich zwar nicht, aber das leise Knarren der Räder verrieth die Spannung der Dämpfe, die seine Stahlbrust erfüllten.
Unser Zug setzte sich am 24. mit einer Geschwindigkeit von drei bis vier Meilen in der Stunde in Bewegung.
Die Nacht war ohne Störung verlaufen und der Bengali uns nicht ferner zu Gesicht gekommen.
Hier sei ein-für allemal bemerkt, daß unsere Lebensweise, bezüglich der Zeit des Aufstehens und Niederlegens, des ersten und zweiten Frühstücks, des Mittagsessens und der Siesta nach demselben mit militärischer Pünktlichkeit geregelt war. Im Steam-House ging Alles ebenso regelmäßig zu, wie im Bungalow zu Calcutta.
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