Das Dampfhaus
Stahlriesen heran, den sie verwundert, und offenbar etwas erschreckt, zu betrachten schienen.
An dem Querriegel des Tendergestelles, das der hintere Theil unseres Elephanten verbarg, wurden nun starke Ketten befestigt.
Ich gestehe, daß mir das Herz da lauter pochte. Kapitän Hod kaute an seinem Schnurrbarte und konnte kaum am Platze aushalten.
Oberst Munro erschien ruhig, ich möchte sagen, noch ruhiger als Prinz Gourou Singh.
»Wir sind fertig, meldete der Ingenieur. Wenn es Eurer Hoheit gefällig ist…
– Mir ist’s recht!« antwortete der Prinz.
Gourou Singh gab ein Zeichen; die Mahouts ließen einen eigenthümlichen Pfiff ertönen und die drei Elephanten zogen, die mächtigen Beine gegen den Boden stemmend, gleichzeitig an. Die Maschine rollte einige Schritte rückwärts.
Mir entfuhr ein Schrei. Hod stampfte mit den Füßen.
»Bremse die Räder!« befahl einfach der Ingenieur, indem er sich nach dem Maschinisten zurückwandte.
Ein schneller Handgriff, ein Brausen und Zischen ausströmenden Dampfes, und die atmosphärische Bremse that ihre Schuldigkeit.
Der Stahlriese stand und rührte sich nicht vom Flecke.
Die Mahouts trieben ihre drei Elephanten hitziger an und diese versuchten eine neue Anstrengung.
Vergeblich! Unser Elephant schien im Boden festgewurzelt zu sein.
Prinz Gourou Singh biß sich in die Lippen.
»Vorwärts!« commandirte Banks.
Der Regulator wurde voll geöffnet; dichte Dampfwolken wirbelten stoßweise aus dem Rüssel empor; die freigelassenen Räder drehten sich langsam, in den Macadam eingreifend, und trotz ihres verzweifelten Widerstandes wurden die drei Elephanten rückwärts geschleppt, wobei sie tiefe Furchen in den Boden rissen.
»
Go a head! Go a head
!« rief der Kapitän.
Der Stahlriese marschirte unaufgehalten vorwärts, die drei gewaltigen Thiere fielen dabei auf die Seite und wurden zwanzig Fuß weit fortgeschleppt, ohne daß unser Elephant etwas davon zu bemerken schien.
»Hurrah! Hurrah! rief Kapitän Hod, der sich nicht mehr bemeistern konnte. Man könnte noch das ganze Seraï Seiner Hoheit hinter seine Elephanten anhängen; für unseren Stahlriesen wöge es doch nicht mehr als eine Heidelbeere!«
Oberst Munro gab mit der Hand ein Zeichen. Banks schloß das Einlaßventil und die Maschine stand.
Die drei Elephanten Seiner Hoheit, die mit den in der Luft schwankenden Rüsseln und den zappelnden Beinen fast riesigen, auf den Rücken liegenden Scarabäen (Rüsselkäfern) glichen, boten wirklich einen jämmerlichen Anblick.
Der Prinz hatte aus Aerger und Scham schon den Platz geräumt, ohne das Ende der Probe abzuwarten.
Die drei Elephanten wurden abgespannt. Sie erhoben sich, offenbar sehr gedemüthigt durch ihre Niederlage. Als sie an dem Stahlriesen vorüber kamen, konnte der größte derselben, obwohl ihn kein Cornac leitete, nicht umhin, vor diesem das Knie zu beugen und mit dem Rüssel zu salutiren, wie er das vor Prinz Gourou Singh zu thun gewohnt war.
Eine Viertelstunde später traf ein Hindu, der »Kâmdar« oder Secretär Seiner Hoheit bei uns ein und übergab dem Oberst einen Sack mit zehntausend Rupien, den Betrag der Wette.
Oberst Munro ergriff den Sack und warf ihn verächtlich von sich.
»Für die Leute Seiner Hoheit!« sagte er.
Darauf begab er sich ruhig nach dem Steam-House.
Gewiß konnte man an dem arroganten Prinzen, der uns so wegwerfend herausgefordert hatte, kaum eine bessere Vergeltung üben.
Die drei gewaltigen Thiere wurden fortgeschleppt. (S. 191.)
Banks gab inzwischen, da der Stahlriese wieder vorgespannt worden war, das Zeichen zur Abfahrt, und unser Zug entfernte sich, inmitten einer großen Menge höchst erstaunter Hindus, mit großer Geschwindigkeit.
Wo er vorüber kam, ertönten laute Ausrufe, und bald hatten wir, hinter einer Biegung der Straße, den Seraï des Prinzen Gourou Singh aus dem Gesichte verloren.
Von hier aus erblickten wir die Ebene. (S. 195.)
Am nächsten Tag erstieg das Steam-House die ersten mäßigen Erhebungen, welche das ebene Land mit dem Fuße der Himalayagrenze verknüpfen. Für unseren Stahlriesen war das nur ein Spiel; die vierundzwanzig in seine Weichen eingeschlossenen Pferde hatten ja hingereicht, mit den drei Elephanten des Prinzen Gourou Singh siegreich zu wetteifern. Er trabte also mit Leichtigkeit über die allmählich ansteigende Straße dieser Gegend hin, ohne daß es nöthig geworden wäre, die normale Dampfspannung zu überschreiten. Es bot wirklich einen
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