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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Nachforschungen, bis er ein noch sichereres Asyl in den unzugänglichen Schluchten der indo-chinesischen Grenze aufsuchte.
    Im Osten von Goudwana liegt Khondistan, oder das Land der Khounds. So nennen sich die wilden Anhänger Tado Pennoe’s, des Gottes der Erde, und Mannek Soro’s, des rothen Gottes der Kämpfe, jene blutigen Adepten der »Meriahs« oder Menschenopfer, welche die Engländer nur mit größter Anstrengung auszurotten vermögen, jene Wilden, welche mit den barbarischesten Bewohnern der polynesischen Inseln auf ganz gleicher Stufe stehen, und gegen die der Ober-General John Campbell und die Kapitäne Macpherson, Marviccar und Feye von 1840 bis 1854 beschwerliche und langwierige Feldzüge führten, – Fanatiker, welche bereit sind, Alles zu wagen, wenn sie nur eine mächtige Hand unter einem religiösen Vorwand antreibt.
    Westlich von Goudwana befindet sich ein Land mit einundeinhalb bis zwei Millionen Seelen, das die Bhîles bewohnen, ehemals die Herren von Malwa und Rajpoutana; jetzt sind dieselben in einzelne Clans zerfallen, über das ganze Gebiet der Vindhyas zerstreut, und fast stets berauscht von dem Branntwein, den ihnen der »Mhowah-Baum« liefert, aber von kühnem entschlossenen Charakter, gewandt, und immer des »Kisri«, das ist des Rufes zum Kampf und zur Plünderung, gewärtig.
    Man sieht, daß Nana Sahib eine gute Wahl getroffen hatte. In diesen Centralgebieten der Halbinsel hoffte er jetzt, anstatt eines gewöhnlichen Militäraufstandes, eine nationale Erhebung zu erregen, an der sich die Hindus jeder Kaste betheiligen sollten.
    Bevor er jedoch etwas unternehmen konnte, mußte er in dem Lande selbst Aufenthalt nehmen, um auf die Bevölkerung je nach Lage der Umstände erfolgreich wirken zu können. Er brauchte einen sicheren Schlupfwinkel, wenigstens für die erste Zeit, den er aufgeben konnte, wenn sich ein Verdacht erhob.
    Das war also Nana Sahib’s erste Sorge. Die Hindus, welche ihm von Adjuntah aus gefolgt waren, konnten in der ganzen Präsidentschaft frei umhergehen. Auch Balao Rao, auf den die Bekanntmachung des Gouverneurs nicht zu beziehen war, hätte der vollständigen Freiheit genießen können, wäre nur nicht die Aehnlichkeit mit seinem Bruder gewesen. Seit seiner Flucht von Nepal hatte sich die öffentliche Aufmerksamkeit nicht mit seiner Person beschäftigt, vielmehr hatte man alle Ursache, ihn für todt zu halten. Er wäre aber doch verhaftet worden, da man ihn zu leicht für Nana Sahib selbst ansehen konnte; das mußte um jeden Preis vermieden werden.
    Die beiden, in einem Gedanken vereinigten und auf ein und dasselbe Ziel lossteuernden Brüder brauchten demnach auch ein gemeinsames Asyl. Es konnte nicht schwer fallen und nicht lange dauern, ein solches in den Engpässen der Sautpourraberge aufzufinden.
    Gleich anfangs wies einer der Hindus der Truppe, ein Gound, der das Thal in allen Winkeln kannte, auf eine geeignete Stelle hin.
    Am rechten Ufer eines kleinen Nebenflusses der Nerbudda befand sich ein verlassener Pal, der Pal von Tandit.
    Ein Pal ist weniger als ein Dorf, kaum ein Weiler, eine Vereinigung von Hütten, oft eine isolirte Wohnung. Jede Nomadenfamilie, die einen solchen bewohnt, verweilt hier nur eine Zeit lang. Nach dem Abbrennen einiger Bäume, deren Asche für kurze Zeit den Boden düngt, erbaut der Gound für sich und die Seinigen die Wohnung. Da das Land aber nichts weniger als sicher ist, so nimmt das Haus das Ansehen einer kleinen Befestigung an. Ein Ring von Palissaden umschließt dasselbe und sichert es gegen einen Ueberfall. Uebrigens ist es an und für sich schwierig, dasselbe, wie es meist im Dickicht versteckt, unter üppigen Cactus und Buschwerk vergraben liegt, aufzufinden. Gewöhnlich nimmt der Pal den Gipfel eines kleinen Hügels ein, der im Grunde eines engen Thales inmitten undurchdringlichen Gebüsches zwischen zwei Bergwänden gelegen ist. Nichts verräth, daß Menschen hier ein Unterkommen gesucht hätten. Dahin führende Straßen giebt es nicht, selbst von Fußwegen entdeckt man keine Spur. Um den Platz zu erreichen, muß man gewöhnlich dem tiefen Bett eines Bergstromes folgen, dessen Wasser jede Fußspur verwischt. Wer diesen Weg benutzt, hinterläßt kein Zeichen davon. Während der heißen Jahreszeit geht man bis an die Knöchel, während der kalten bis zum Knie im Wasser, und nichts deutet darauf hin, daß hier ein lebendes Wesen vorübergekommen sei. Dazu würde eine Lawine von Felsstücken, zu deren Ablösung schon die Hand

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