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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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womit die Rajahs sonst nicht zu geizen pflegen. Der für eine derartige Ceremonie hinreichende Hof des Bungalow schien mir wie geschaffen für die Tänze der Bajaderen, die Beschwörungen der Zauberer und für die Kunststücke der Akrobaten. Ich gestehe gern, daß es mich entzückt hätte, einem solchen Schauspiele in einem Seraï, unter prächtigen Bäumen und mit der natürlichen, vom Personal der Karawane gebildeten Scenerie beizuwohnen. Wie weit mußte eine solche jede Bühne eines beschränkten Theaters mit ihren Mauern aus gemalter Leinwand, dem unechten Laubwerk und der geringen Zahl Mitwirkender übertreffen!
    Ich theilte diesen Gedanken meinen Gefährten mit, welche ihn zwar theilten, aber an die Erfüllung dieses Wunsches nicht glaubten.
    »Der Rajah von Guzarate, belehrte mich Banks, ist ein Unabhängiger, der sich kaum nach dem Aufstand der Sipahis unterworfen hat, während dessen sein Verhalten mindestens ein sehr zweideutiges war. Er liebt die Engländer nicht, und sein Sohn wird nichts thun, sich ihnen zuvorkommend zu erweisen.
    – Nun gut, was kümmern uns auch seine Nautchs!« erwiderte Kapitän Hod mit verächtlichem Achselzucken.
    Es kam, wie wir dachten, ja es wurde uns nicht einmal gestattet, das Innere des Seraï zu besichtigen. Vielleicht erwartete Prinz Gourou Singh einen officiellen Besuch von Oberst Munro. Dieser hatte mit jener Persönlichkeit indeß nichts zu schaffen und ließ sich also nicht im mindesten stören.
    Nach unserem Halteplatz zurückgekehrt, erwiesen wir dem von Monsieur Parazard bereiteten Diner alle Ehre. Der Speisezettel bestand in der Hauptsache freilich nur aus Conserven. Seit mehreren Tagen hatte uns das schlechte Wetter am Jagen verhindert; unser Koch war aber ein solcher Meister seines Faches, daß conservirtes Fleisch und Gemüse unter seinen kundigen Händen ihre Frische und natürlichen Geschmack wieder annahmen.
    Trotz Banks’ Erklärung erhielt ein Gefühl von Neugierde in mir während des ganzen Abends noch immer einige Hoffnung, die erwünschte Einladung eintreffen zu sehen. Kapitän Hod spottete über meine Vorliebe für das Ballet unter freiem Himmel und behauptete, daß sich das im Opernhause doch weit schöner ausnähme. Ich glaubte zwar nicht daran, konnte jedoch, angesichts der Unliebenswürdigkeit des Prinzen, keinen Beweis dafür beibringen.
    Am folgenden Tage, am 18. Juni, wurde Alles zurecht gemacht, um mit Anbruch des nächsten Tages aufzubrechen.
    Um fünf Uhr begann Kâlouth zu heizen. Unser, jetzt übrigens abgespannter Elephant, stand gegen fünfzig Fuß von den Häusern entfernt, wo der Maschinist noch mit der Zuführung des nöthigen Wasservorraths beschäftigt war.
    Wir gingen inzwischen am Ufer des kleinen Flusses spazieren.
    Vierzig Minuten später hatte der Kessel genügenden Druck und Storr wollte eben rückwärts fahren, als sich eine Truppe Hindus näherte.
    Es waren fünf bis sechs Männer in weißen Röcken und seidenen Ueberwürfen, die Turbans mit Goldstickereien verziert. Ein Dutzend, mit Flinten und Säbeln bewaffnete Soldaten begleiteten dieselben. Einer dieser Soldaten trug eine grüne Laubkrone – ein Zeichen, daß irgend welche hohe Person mit im Zuge sei.
    Diese hohe Person war der Prinz Gourou Singh selbst, ein Mann von etwa fünfunddreißig Jahren, von ziemlich stolzer Erscheinung – der Typus aller Nachkommen jener sagenhaften Rajahs, in dem sich der Maharatten-Charakter noch immer wiederspiegelt.
    Der Prinz schien unsere Anwesenheit nicht zu bemerken. Er trat einige Schritte vor und näherte sich dem riesigen Elephanten, den Storr’s Hand eben in Bewegung setzen wollte. Als er jenen mit einiger, nur schlecht verhehlten Bewunderung betrachtet hatte, fragte er Storr:
    »Wer hat diese Maschine gebaut?«
    Der Mechaniker zeigte auf den Ingenieur, der jetzt herankam und in kurzer Entfernung stehen blieb.
    Prinz Gourou Singh sprach ziemlich geläufig englisch und wendete sich nun an Banks:
    »Sie haben das…? sagte er, kaum die Lippen bewegend.
    – Ja, das ist mein Werk! antwortete Banks.
    – Hat man mir nicht gesagt, es sei das eine Phantasie des verstorbenen Rajah von Bouthan gewesen?«
    Banks nickte bejahend mit dem Kopfe.
    »Wozu dient es, fuhr Seine Hoheit, nachlässig mit den Achseln zuckend, fort, wozu dient es, sich von einem mechanischen Elephanten ziehen zu lassen, wenn man deren von Fleisch und Bein zur Verfügung hat?
    – Nun, antwortete Banks, dieser Elephant ist weit stärker als alle, welche der

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