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Das Dante-Ritual: Thriller ***Weihnachtsaktion*** (German Edition)

Das Dante-Ritual: Thriller ***Weihnachtsaktion*** (German Edition)

Titel: Das Dante-Ritual: Thriller ***Weihnachtsaktion*** (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Lütke-Bohmert
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nannte. In einer Vitrine im Wohnzimmer schimmerten Orden auf samtenen Kissen. Jeden Sonntag kramte Opa Friedrich sie hervor und polierte sie, bis sie funkelten wie seine Augen. Als er schließlich starb, kamen jeden Tag Männer in die Wohnung, deren Augen genauso funkelten, wenn sie in die Vitrine spähten. Kameraden, denen man ansah, dass auch sie einst Uniformen getragen hatten, und die der Frau vom Jugendamt Geldscheine in die ausgestreckte Hand blätterten und sich nahmen, was sie für ihr Seelenheil brauchten.
    Man steckte ihn in ein Heim.
    Was er mitnahm, waren sieben Jahre Einsamkeit, zweitausendfünfhundert Tage Zucht und Ordnung. Sechzigtausend Stunden Hass auf die Juden, Hass auf die Schwulen, Hass auf das Leben.
    Das Heim sollte alles ändern. Anfangs fühlte er sich noch als Objekt unter Objekten, als Herdentier, bar aller individuellen Züge. Doch dann verstand er, was Opa Friedrich meinte, wenn er von Kameradschaft und Treue schwärmte. Er war nicht länger allein. Fühlte sich verstanden und akzeptiert. Und geliebt. Von Kindern, die die gleichen Ängste in sich trugen. Spielkameraden, die er zu verlieren fürchtete, wenn die sonntäglichen Besuche potenzieller Pflegeeltern anstanden – die Fleischbeschauungen, wie die Heimkinder es nannten. Noch heute sah er sie vor sich, die Müllers, Meiers und Schulzes, wie sie an den Reihen auf Hochglanz polierter Jungen und Mädchen entlangflanierten. Auf der Jagd nach dem Stammhalter, den der Herrgott ihnen verwehrt hatte, oder der leibeigenen Arbeitskraft in spe für den heimischen Bauernhof. Hier und da ein Bonbon und ein „Achguckmalwiesüß“ verteilend. Und jedes Mal hatte er gefleht: „Nicht mich. Bitte, nehmt nicht mich.“
    Als er das Waisenhaus schließlich verlassen musste – von einem Tag auf den anderen auf sich allein gestellt -, wich das Gefühl der Geborgenheit einer seltsamen Schwerelosigkeit. Wo immer er suchte, er fand weder Kameradschaft noch Treue, weder Verständnis noch Akzeptanz.
    Bis Deus Ex Machina ihm zurückgab, was er für immer verloren zu haben glaubte.
    Der Bruderschaft verdankte er sein Leben. Jeder, der sich gegen die Bruderschaft wandte, hatte das seine verwirkt. Daran hatte sich nichts geändert.
    Er erhob sich und ging gemessenen Schrittes zum Kamin hinüber.
    „Wir machen weiter wie geplant“, sagte er. „Philip Kramer wird uns nicht mehr gefährlich werden. Und falls doch, haben wir noch einen Trumpf in der Hinterhand.“
    „Eva Kamp?“, fragte der größere der beiden Mitbrüder.
    Er nickte, drehte sich um und verließ den Raum.
     
    *
     
    Vorsichtig versuchte ich mich ein wenig aufzurichten und betastete mein Gesicht. Pflaster klebten auf meinem Kinn und über dem linken Wangenknochen. Mein linkes Auge war mit Mull bedeckt, die Nase zugepfropft. Zwischen Nase und Mund hatte man eine Art Tampon gespannt, um das heraussickernde Blut aufzufangen.
    Rechts von mir erahnte ich eine Fensterfront mit halb zugezogenen Vorhängen. Mein Blick war verschwommen. Jemand griff mir an die Schulter und drückte mich sanft, aber bestimmt ins Kissen zurück. Ich drehte den Kopf zur anderen Seite und brauchte einen Moment, um mein Ziel zu fokussieren. Nur mit einem Auge sehen zu können, war ein merkwürdiges Gefühl. Hatte Eva sich bewusst an diese Seite des Bettes gesetzt, um mir den Blickkontakt zu erschweren?
    „Bleib liegen, Philip. Es ist alles in Ordnung.“
    Ihre Augen waren gerötet. Sie sah müde aus.
    „Wo bin ich?“
    Erst jetzt bemerkte ich die Schläuche. Einer mündete in eine Infusionsnadel, die im blutverkrusteten Rücken meiner rechten Hand steckte. Zwei weitere, ein dünner und ein dicker, verschwanden unter der Bettdecke. Ich spürte, wohin sie führten.
    „Du bist in der Uniklinik. Allgemeine Chirurgie.“ Eva zögerte. „Bis vor zwei Stunden hast du noch auf der Intensivstation gelegen.“
    „Was ist denn passiert?“, stöhnte ich.
    „Du bist auf der Promenade überfallen worden.“
    Vage kamen mir die ersten Erinnerungen. Bye, Bye, Kramer .
    „Da war noch ein zweiter Mann. Er hat mir geholfen.“
    „Ich weiß.“
    „Was machst du überhaupt hier? Woher wusstest du, dass ich hier bin?“
    Eva lächelte schwach. „Nach der Geschichte mit der Kamera habe ich Rensing um Personenschutz gebeten. Der Mann, der dir geholfen hat, war Polizist. Rensing hat mich sofort angerufen. Vor einer guten Stunde ist er übrigens auch selber kurz hier gewesen.“
    „Du hast mich observieren lassen?“, rief ich aus.

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