Das Dante-Ritual: Thriller ***Weihnachtsaktion*** (German Edition)
unsere Richtung. Sie war noch zehn Schritte entfernt.
„Jetzt?“
„Jetzt!“
Jeder ein Bettlaken über dem Kopf, stürmten wir mit ohrenbetäubendem Geheul um die Ecke.
„Jesusmariaundjosef“, schrie Schwester Agathe.
Adrenalin
Walter Beekmann saß an seinem Klappensekretär aus der Gründerzeit und drehte gedankenverloren den perlmuttbesetzten Brieföffner in der Hand. Selbstverständlich war die kunstvoll gearbeitete Klinge ein Unikat, obwohl sie dem Exemplar, das Beekmann in seinem Büro im Philosophischen Seminar aufbewahrte, wie ein Zwilling glich. Gerade hatte Polizeipräsident Strathaus ihn in Kenntnis gesetzt, dass auf Philip Kramer ein Mordanschlag verübt worden war. War das ein Zufall? Ausgeschlossen! Was ging hier vor?
Beekmann erhob sich ächzend und trat ans Fenster. Der Himmel war heute zum ersten Mal seit Tagen wieder trist und wolkenverhangen. Passend zum Wochenende. Er griff nach dem Telefonhörer und wählte Lohoffs Privatnummer.
„Hat man Sie schon ins Bild gesetzt?“, fragte er, als Lohoff sich meldete.
„Worüber hätte man mich ins Bild setzen sollen?“
„Philip Kramer ist mit schweren Verletzungen in die Uniklinik eingeliefert worden. Offenbar hat man ihn in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag auf der Promenade überfallen.“
Lohoff reagierte nicht.
„Sind Sie noch dran? Hallo? Jan?“
„Ja, ja, ich bin noch dran“, beeilte sich Lohoff zu versichern. „Wie geht es ihm denn?“
„Woher soll ich das wissen?“, knurrte Beekmann. „Glauben Sie etwa, ich hätte ihm einen Strauß Blumen vorbeigebracht?“
Wieder entstand eine Pause.
„Hallo? Sind Sie noch nicht ganz wach?“
„Doch, doch. Ich bin nur ein wenig geschockt.“
„Ich werde die Bruderschaft zusammenrufen. Noch heute Abend. Und ich will Erklärungen. Ich weiß nicht, was gerade hinter meinem Rücken abläuft, aber ich verlange Rechenschaft. Haben Sie etwas mit der Sache zu tun, Jan? Glauben Sie mir, wenn dem so ist, werde ich es erfahren. Und dann sind Sie erledigt!“
„Soll das eine Warnung sein?“ Lohoffs Stimme hatte sich verdüstert. „Wollen Sie mir drohen, Professor?“
*
Der Teekessel pfiff. Eva nahm ihn von der Herdplatte und goss heißes Wasser in die beiden Tassen, in die sie bereits die Beutel getan hatte.
„Wieso hast du mir nicht früher Bescheid gesagt?“, fragte Stefan. „Ich hätte Philip auch gerne besucht.“
Eva stellte die Tassen auf den Tisch und kramte das Silbertablett mit Zuckerdose und Milchkännchen aus dem Schrank. „Tut mir leid. Da hab ich überhaupt nicht dran gedacht. Ich war total aufgedreht. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schlimm er aussieht. Ruf ihn doch mal zu Hause an und frag, wie es ihm geht. Da freut er sich bestimmt.“
Stefan schien anderer Meinung zu sein. „Bestimmt war es ihm eh ganz recht so. Ich hab ihn nicht gerade unterstützt. Dabei hat er anscheinend größtenteils richtig gelegen. Ich komme mir wie ein Idiot vor, Eva. Im Moment ist er bestimmt nicht gut auf mich zu sprechen.“
„Jetzt red dir mal nichts ein.“ Sie wickelte den Beutel um den Löffel und presste den letzten Rest Tee heraus. „An dem Abend haben wir von Franks Kindheitserlebnissen doch noch gar nichts gewusst. Philip hat nur rein intuitiv richtig gelegen, und das ist ja wohl nicht verwunderlich. Schließlich hat er Frank viel besser gekannt als wir beide.“
„Doch“, widersprach Stefan. „Das war verwunderlich. Ich wünschte, in meinem Leben gäbe es auch einen Menschen, der mich mit Zähnen und Klauen verteidigt. Der zu mir steht, auch wenn ich für alle Welt nur ein Monster bin.“
Eva nippte an ihrem Tee. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Wo wir schon bei Intuition sind: Irgendwie hatte ich von Anfang an das Gefühl, Philip könnte Recht haben. Auch wenn sich das im Nachhinein leicht sagen lässt. Du nicht?“
„Nein“, gab Stefan zu und ließ den Teelöffel in der Tasse kreisen. „Philips Argumentation war löchrig. Voller Widersprüche. Auf mich hat das Ganze wie ein Verzweiflungsschlag gewirkt.“
„Du hast ihn halt noch nicht erlebt, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht“, sagte Eva schmunzelnd. „Manchmal habe ich den Eindruck, genau das sind die Momente, die sein Leben lebenswert machen. Die Herausforderungen. Die aussichtslosen Situationen. Da läuft er zu Höchstform auf.“
„Ich will ja nicht an seinem Heiligenschein kratzen, aber was den Mord an Pape angeht, da hat er falsch gelegen. Wenn wir nach den
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