Das Dante-Ritual: Thriller ***Weihnachtsaktion*** (German Edition)
letzten Tagen passiert? Ein junger Student trifft nach zwanzig Jahren den Menschen wieder, der ihm einst eine tiefe Wunde in die kindliche Seele gebrannt hat. Er stellt ihn zur Rede und tötet ihn. Ob mit Vorsatz oder versehentlich sei einmal dahingestellt. Derselbe Student setzt sich drei Tage später vor eine Kamera und gesteht die Tat. Sein Tod ist eh nur eine Frage der Zeit. Warum nicht mit einem finalen Paukenschlag von der Bühne des Lebens abtreten? Er besorgt sich einen Beistand und sagt, was er zu sagen hat. Zieht Bilanz, erhebt Anklagen, rechnet mit seinem Umfeld ab.“
„Antithese: Franks Tod ist nur eine Frage der Zeit, okay. Die zweite Person im Zimmer macht sich diesen Umstand zunutze. Sie bearbeitet ihn. Redet ihm Schuldgefühle ein. Droht damit, Franks Familie etwas anzutun, falls er nicht einwilligt. Und Frank gibt auf. Sein Todeswille und sein schlechtes Gewissen auf der einen, Druck und Einschüchterung des großen Unbekannten auf der anderen Seite führen dazu, dass er sich das Leben nimmt.“ Ich zögerte. „Und so, wie es aussieht, hat auch Deus Ex Machina eine gewichtige Rolle dabei gespielt.“
„Oh bitte !“ Rensing verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. „Hat Ihnen Ihr Kumpel Siegmann diesen Floh ins Ohr gesetzt?“
„Frank hat eine Mappe zusammengestellt, die kein gutes Haar an der Bruderschaft lässt. Sie liegt in seinem Zimmer. Lassen Sie sie holen.“
Ich berichtete ihm vom Inhalt des Schnellhefters. Erzählte ihm alles, was ich über die Bruderschaft wusste, und wartete gespannt auf seine Reaktion.
„Ich weiß nicht, Philip“, seufzte er. „Bruderschaft hin, Geheimbund her. Auf mich wirkt dieser Verein wie eine gewöhnliche Verbindung, die sich einen wichtigen und geheimnisvollen Anstrich verpasst hat. Mag sein, dass Walter Beekmann da der große Zeremonienmeister war, aber das bringt uns nicht weiter.“
„Und was ist mit diesem Michael Radebrecht? Das können Sie doch nicht einfach so mit einem Achselzucken abtun.“
Rensing wollte gerade zu einer Entgegnung ansetzen, als Hagner den Vernehmungsraum betrat. Er blickte grimmig drein.
„Die Telekomfritzen haben zurückgerufen. Wegen der Handyortung.“
„Und? Haben Sie ein Signal?“
„Ja“, antwortete Hagner zögerlich. „Sehr schwach zwar, aber sie haben eins.“
„Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen! Wo steckt dieser Mistkerl! Von wo kommt das Signal?“
Hagner sah zu mir rüber. „Allem Anschein nach aus dem Aasee.“
„Dem Aasee?“, rief ich aus. „Wie meinen Sie das?“
Bevor Hagner antworten konnte, sprang das Faxgerät an.
Rensing legte irritiert die Stirn in Falten. „Wer faxt uns denn an einem Sonntag an?“ Er stand auf, schritt durch den Raum und griff nach dem Papier. Während das Gerät noch weiterratterte, überflog er bereits den Anfang des Textes. Als die Übertragung abgeschlossen war, riss er das Fax ab und las es vollständig.
„Auch das noch“, hörte ich ihn murmeln.
Fundstücke
Rensing stand am Ufer des Aasees und beobachtete das Auf- und Abtauchen der vier Mitglieder der Polizeitaucherstaffel. Karl Hagner hatte ihm einreden wollen, dass man Marcks´ Handy auch einfach nur entsorgt haben könnte. Durchaus denkbar, ja. Und doch hätte Rensing sein Weihnachtsgeld verwettet, dass sie in Kürze nach Pape, Laurenz und Beekmann Leiche Nummer Vier aus dem trüben, muffigen Wasser ziehen würden. Leiche Nummer Fünf, korrigierte er sich in Gedanken. Der Mord an Henning Geerts gehörte dazu. Es hatte einen Moment gedauert, bis Rensing den Namen einordnen konnte. Als der Groschen schließlich gefallen war und Rensing das Fax – ein Amtshilfeersuchen der Kripo Köln – ein zweites Mal gelesen hatte, hatte er umgehend die Leiterin der Ermittlungen, eine junge Kollegin namens Thalbach, angerufen. Offenbar war die Leiche des Journalisten bereits vor knapp einer Woche am Ufer des Rheins angeschwemmt worden. Im Zuge der Ermittlungen hatten die Kölner Kollegen herausgefunden, dass Geerts mit einer vermeintlichen Insiderstory über eine Bruderschaft an der Wilhelms Universität Münster auf den Busch geklopft hatte.
Hatte er deshalb sterben müssen?
Auf der Pressekonferenz im Polizeipräsidium hatte Geerts sich nach der Namensliste aus Papes Wohnung erkundigt und nach der weiteren Vorgehensweise der Polizei gefragt. Vielleicht hatte er gar kein persönliches Interesse an Rensings Antwort gehabt, sondern war von jemandem zur Pressekonferenz
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