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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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duschte, und öffnete die Eingangstür. Draußen stand Kaye mit erhobener Hand – sie wollte gerade klopfen.
    »Ein Zimmer ist übrig«, sagte sie. »Da haben wir ja eine ganz schöne Verantwortung übernommen, was?«
    Mitch umarmte sie. »Dein Instinkt«, sagte er.
    »Und was sagt dir dein Instinkt?«, fragte sie, während sie ihre Nase an seiner Schulter rieb.
    »Das sind Kinder. Sie sind schon seit Wochen unterwegs, oder seit Monaten. Man sollte ihre Eltern anrufen.«
    »Vielleicht haben sie gar keine richtigen Eltern. Sie sind verzweifelt, Mitch.« Kaye trat zurück und sah ihn an.
    »Immerhin sind sie so selbstständig, dass sie ein totes Baby begraben und dann weiterziehen können. Der Arzt hätte die Polizei benachrichtigen sollen.«
    »Ich weiß«, sagte Kaye. »Aber ich weiß auch, warum er es nicht getan hat. Die Regeln haben sich geändert. Er glaubt, dass in Zukunft die meisten Kinder tot geboren werden. Sind wir die Einzigen, die noch Hoffnung haben?«
    Die Dusche wurde abgedreht, und die Badezimmertür ging auf.
    Das kleine Bad war voller Dampf.
    »Die Mädchen«, sagte Kaye und ging zur Nachbartür. Sie machte zu Mitch eine Geste mit geöffneter Hand, die er sofort wiedererkannte. Die Demonstranten in Albany hatten sie benutzt, und jetzt begriff er, was sie damit andeuten wollten: den festen Glauben an das Funktionieren des Lebendigen, an die überragende Klugheit des Genoms, und die vorsichtige Unterwerfung darunter.
    Keine Prophezeiung des Untergangs, kein dümmlicher Versuch, den Strom der DNA durch die Generationen mit der neu gewonnenen Macht der Menschen aufzuhalten.
    Der Glaube an das Leben.
    Morgan zog sich schnell an. »Jayce und Delia brauchen mich nicht«, sagte er, als er in dem kleinen Zimmer stand. Jetzt, nachdem er sich gewaschen hatte, waren die Löcher in den Ärmeln seines Pullovers noch deutlicher zu erkennen. Den schmutzigen Anorak hatte er über den Arm gehängt. »Ich will euch nicht zur Last fallen. Ich gehe jetzt. Schönen Dank, aber …«
    »Jetzt setz dich mal hin und sei still«, sagte Mitch. »Hier passiert das, was die Dame will. Und die will, dass du bleibst.«
    Morgan blinzelte verwundert und setzte sich auf die Bettkante.
    Die Sprungfedern quietschten, und das Bettgestell ächzte. »Ich glaube, das ist der Weltuntergang«, sagte er. »Wir haben den lieben Gott echt verärgert.«
    »Keine vorschnellen Schlussfolgerungen«, sagte Mitch. »Ob du es glaubst oder nicht: Es war alles schon mal da.«

    Jayce schaltete den Fernseher ein und sah sich vom Bett aus das Programm an, während Delia in der abgestoßenen, schmalen Wanne ein langes Bad nahm. Dabei summte sie Melodien aus Comicserien – Scooby Doo, Animaniacs, Inspector Gadget. Kaye saß auf dem einzigen Sessel. Jayce hatte einen alten, beruhigenden Film gefunden: Alle lieben Pollyanna mit Hayley Mills. Karl Malden kniete auf einer ausgedörrten Wiese und machte sich Selbstvorwürfe wegen seiner halsstarrigen Beschränktheit. Es war eine leidenschaftliche Szene – Kaye konnte sich nicht erinnern, dass sie den Film früher so mitreißend gefunden hatte. Zusammen mit Jayce sah sie zu, aber dann merkte sie, dass das Mädchen eingeschlafen war. Sie stellte das Gerät leiser und schaltete zu einer Nachrichtensendung um.
    Ein paar oberflächliche Berichte aus dem Showbusiness, eine kurze politische Nachricht über Kongresswahlen, dann ein Interview mit Bill Cosby über seine Werbung für CDC und Taskforce.
    Kaye drehte den Fernseher lauter.
    »Ich war mit David Satcher befreundet, dem früheren Leiter des Gesundheitswesens. Da muss es eine Art Netzwerk der Ehemaligen geben«, erklärte Cosby der Reporterin, einer blonden Frau mit breitem Lächeln und stechenden blauen Augen. »Die haben mich nämlich schon vor Jahren geholt, so einen alten Knaben, damit ich den Leuten sage, was die da eigentlich tun und was wichtig ist.
    Jetzt dachten sie, ich könnte ihnen noch einmal helfen.«
    »Sie gehören zu einer handverlesenen Truppe«, sagte die Journalistin. »Samt Dustin Hoffman und Michael Crichton. Sehen wir uns einmal Ihren Werbespot an.«
    Kaye beugte sich vor. Cosby war jetzt vor einem schwarzen Hintergrund zu sehen, sein Gesicht strahlte väterliche Sorge aus.
    »Meine Freunde an den Centers for Disease Control und viele andere Wissenschaftler auf der ganzen Welt arbeiten jeden Tag angestrengt an der Lösung dieses Problems, das uns alle betrifft. Die Herodes-Grippe. SHEVA. Jeden Tag. Sie alle werden keine Ruhe geben, bis

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