Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
so etwas antun wollte.«
    »Ich weiß, dass sie es nicht wollte.« Mitch ging im Kreis, versetzte einem Metallklappstuhl einen Fußtritt, gestikulierte hilflos.
    »Sie will uns helfen«, sagte Kaye.
    »Können wir ihr denn jetzt noch trauen?«
    »Für Verfolgungswahn gibt es keinen Anlass.«
    Mitch blieb kurz stehen. »Da hat sich ein großer alter Zug in Bewegung gesetzt, und wir stehen in seinem Scheinwerferlicht. Ich weiß das, Kaye. Es ist nicht nur die Regierung. Jede schwangere Frau auf Erden ist verdächtig. Augustine – dieses Riesenarschloch –
    sorgt dafür, dass ihr alle vogelfrei seid. Ich könnte ihn umbringen !«
    Kaye hielt ihn an den Armen fest und zog sanft. Dann umarmte sie ihn. Er war so wütend, dass er sie abschüttelte und weiter im Raum auf und ab ging. Sie griff energischer nach ihm. »Bitte, Mitch, es reicht.«
    »Und jetzt bist du hier draußen, erreichbar für jeden, der gerade vorbeikommt!«, sagte er. Seine Arme zitterten.
    »Ich weigere mich, eine Gewächshauspflanze zu werden«, erwiderte Kaye abwehrend.
    Er gab auf und ließ die Schultern hängen. »Was können wir tun? Wann werden sie Polizeiwagen mit Schlägertypen losschicken, um uns einzufangen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Kaye. »Irgendetwas muss passieren.
    Ich habe Vertrauen in dieses Land, Mitch. Die Leute werden sich das nicht gefallen lassen.«
    Mitch setzte sich auf einen Klappstuhl am Ende des Mittelganges. Der Raum war hell erleuchtet. Fünfzig leere Stühle waren in fünf Reihen angeordnet, und am Vorderende stand ein weiß gedeckter Tisch mit Kaffeegeschirr. »Wendell und Maria sprechen von einem geradezu unglaublichen Druck. Sie haben offiziell protestiert, aber niemand in der Fakultät macht auch nur das geringste Zugeständnis. Forschungsmittel werden gestrichen, Büros werden neu verteilt, und in den Labors treiben Aufseher ihr Unwesen.
    Langsam verliere ich jede Zuversicht, Kaye. Ich habe das schon einmal erlebt, nachdem …«
    »Ich weiß«, sagte Kaye.
    »Und jetzt lässt das Außenministerium Brock aus Innsbruck nicht mehr einreisen.«
    »Wann hast du denn das erfahren?«
    »Merton hat mich heute Nachmittag aus Bethesda angerufen.
    Augustine will die ganze Sache abwürgen. Am Ende bleiben nur noch wir beide übrig – und du musst dich verstecken!«
    Kaye setzte sich neben ihn. Von ihren früheren Kollegen an der Ostküste hatte sie nichts mehr gehört. Nichts von Judith.
    Widersinnigerweise hatte sie das Bedürfnis, mit Marge Cross zu sprechen. Ihr wäre jede Unterstützung recht gewesen.
    Besonders schmerzlich vermisste sie ihre Mutter und ihren Vater.
    Sie beugte sich zur Seite und legte den Kopf auf Mitchs Schulter. Mit seinen großen Händen strich er ihr sanft über die Haare.
    Über die eigentliche Neuigkeit des Vormittags hatten sie noch gar nicht gesprochen. So schnell gingen die wichtigen Dinge in dem ganzen Hader verloren. »Ich weiß etwas, das du nicht weißt«, sagte Kaye.
    »Und zwar was?«
    »Wir werden eine Tochter bekommen.«
    Mitch hielt einen Augenblick die Luft an, und die Falten in seinem Gesicht wurden tiefer. »Du lieber Gott«, sagte er.
    »Es konnte nur eines von beiden sein«, sagte Kaye und grinste über seine Reaktion.
    »So hattest du es dir doch gewünscht.«
    »Habe ich das gesagt?«
    »An Heiligabend. Du hast gesagt, du würdest ihr Puppen kaufen.«
    »Stört es dich?«
    »Natürlich nicht. Für mich ist es nur jedes Mal ein kleiner Schock, wenn wir wieder einen Schritt weiter sind, das ist alles.«
    »Dr. Galbreath sagt, sie sei gesund. Ihr fehlt nichts. Sie hat die überzähligen Chromosomen – aber das wussten wir ja schon.«
    Mitch legte ihr die Hand auf den Bauch. »Ich spüre, wie sie sich bewegt«, sagte er, ging vor Kaye in die Knie und legte das Ohr auf ihren Leib. »Sie wird sehr schön sein.«
    Der Geschäftsführer des Hotels kam mit einem Stapel Papiere in den Konferenzraum und sah die beiden überrascht an. Der Mittfünfziger mit dem üppigen braunen Lockenkopf und dem breiten, unauffälligen Gesicht hätte ein NullachtfünfzehnOnkel sein können. Mitch stand auf und strich sich die Hose glatt.
    »Meine Frau«, sagte er verlegen.
    »Natürlich«, erwiderte der Geschäftsführer. Er kniff die blassblauen Augen zusammen und nahm Mitch beiseite. »Sie ist doch schwanger, oder? Das haben Sie mir nicht gesagt. Es wird hier nicht erwähnt …« Er wühlte in den Papieren und sah Mitch dann vorwurfsvoll an. »Nirgendwo. Wir müssen mit öffentlichen Versammlungen

Weitere Kostenlose Bücher