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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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fragen.
    »Kastriert.«
    »Flüstern Sie ihm nicht wenigstens ins Ohr: ›Die Wissenschaft sagt, Ihr könntet Unrecht haben, Majestät‹?«
    Dicken schüttelte den Kopf. »Die Chromosomenzahlen sind ein ziemlich erdrückendes Argument. Zweiundfünfzig Chromosomen im Vergleich zu sechsundvierzig. Trisomien, Tetrasomien … Am Ende hätten sie wahrscheinlich alle so etwas wie ein DownSyndrom oder noch Schlimmeres. Wenn das EpsteinBarrVirus sie nicht erwischt.«
    Merton hatte sich das Beste für den Schluss aufgespart. Er erzählte Dicken von den Veränderungen in Innsbruck. Dicken hörte aufmerksam zu, zwinkerte mit dem blinden Auge und starrte dann mit dem gesunden durch die großen Fenster in das helle Sonnenlicht.
    Ihm fiel ein, worüber er sich mit Kaye unterhalten hatte, bevor Rafelson ihr überhaupt begegnet war.
    »Rafelson fliegt also nach Österreich?« Dicken stocherte mit der Gabel in der Seezunge und dem Wildreis auf seinem Teller.
    »Wenn sie ihn einladen. Derzeit ist er wahrscheinlich noch zu umstritten.«
    »Ich erwarte den Bericht, aber ich halte deswegen nicht den Atem an«, sagte Dicken.
    »Sie glauben, Kaye tut einen verhängnisvollen Schritt«, vermutete Merton.
    »Ich weiß nicht, warum ich mir überhaupt dieses Essen geholt habe«, erwiderte Dicken. »Ich habe gar keinen Hunger.«
81
    Seattle
Februar
    »Dem Kind geht es offenbar gut«, sagte Dr. Galbreath. »Die Entwicklung ist für das zweite Schwangerschaftsdrittel normal. Die Fruchtwasseranalyse ist so ausgefallen, wie wir es für einen sekundären SHEVAFetus erwarten.«
    Für Kaye hörte sich das ein wenig kühl an. »Junge oder Mädchen?«, fragte sie.
    »Zweiundfünfzig XX«, erwiderte Galbreath. Sie schlug einen braunen Aktendeckel auf und gab Kaye eine Kopie des Untersuchungsbefundes. »Weiblich mit Chromosomenaberrationen.«
    Kaye starrte auf das Papier. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Sie hatte es Mitch nicht gesagt, aber insgeheim hatte sie sich ein Mädchen gewünscht, damit zumindest ein Teil der Distanz wegfiel, ein Teil der Unterschiede, mit denen sie sich abfinden musste.
    »Sind Duplikationen dabei, oder handelt es sich um neue Chromosomen?«, fragte sie.
    »Wenn wir ausreichende Kenntnisse hätten, um das zu entscheiden, wären wir berühmt«, erwiderte Galbreath. Dann sagte sie weniger förmlich: »Wir wissen es nicht. Bei oberflächlicher Betrachtung sieht es nicht nach Verdoppelungen aus.«
    »Kein überzähliges Chromosom 21?«, fragte Kaye leise, während sie das Blatt mit seinen Zahlenreihen und den wenigen erklärenden Worten betrachtete.
    »Ich glaube nicht, dass der Fetus ein DownSyndrom hat«, sagte Galbreath, »aber meine Einstellung zu dem Thema kennen Sie ja mittlerweile.«
    »Wegen der überzähligen Chromosomen.«
    Galbreath nickte.
    »Wir haben keine Möglichkeit herauszufinden, wie viele Chromosomen die Neandertaler besaßen«, sagte Kaye.
    »Wenn sie wie wir waren, sechsundvierzig.«
    »Aber sie waren nicht wie wir. Es ist nach wie vor ein Rätsel.«
    Kayes Worte hörten sich sogar für sie selbst unsicher an. Eine Hand auf den Bauch gelegt, stand sie auf. »So weit Sie sagen können, ist es also gesund.«
    Galbreath nickte. »Allerdings muss ich mich fragen: Was weiß ich schon? So gut wie nichts. Bei Ihnen selbst ist der Test auf Herpes simplex Typ eins positiv, aber negativ für Mononucleose –
    das EpsteinBarrVirus. Und Sie haben noch nie Windpocken gehabt. Um Himmels Willen, Kaye, gehen Sie jedem aus dem Weg, der vielleicht Windpocken hat.«
    »Ich passe auf«, erwiderte Kaye.
    »Ich weiß nicht, was ich sonst noch sagen soll.«
    »Wünschen Sie mir viel Glück.«
    »Ich wünsche Ihnen alles Glück auf Erden und im Himmel. Aber als Ärztin fühle ich mich deshalb kein bisschen wohler.«
    »Es ist immer noch unsere Entscheidung, Felicity.«
    »Natürlich.« Galbreath blätterte weitere Papiere durch, bis sie am Ende des Ordners angelangt war. »Wenn das meine Entscheidung wäre, würden Sie niemals sehen, was ich Ihnen jetzt zeigen muss. Unser Einspruch ist abgelehnt. Wir müssen alle SHEVAPatientinnen auffordern, sich registrieren zu lassen. Und wenn Sie sich nicht einverstanden erklären, müssen wir die Registrierung an Ihrer Stelle vornehmen.«
    »Dann tun Sie das«, sagte Kaye unbewegt. Sie spielte mit einer Falte ihrer Hose.
    »Ich weiß, dass Sie umgezogen sind«, erwiderte Galbreath.
    »Wenn ich falsche Angaben mache, könnte das Marine Pacific Hospital Schwierigkeiten bekommen. Dann würde man

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