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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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besonders anfällig für praktisch alle bekannten Herpesviren sind, einschließlich des EpsteinBarrVirus. Mononucleose. Fünfundneunzig Prozent der Weltbevölkerung sind Träger des EpsteinBarrVirus, Mr. Merton.«
    »Sie lassen sich durch nichts in Ihrer Einschätzung erschüttern, Doktor?«, fragte Merton.
    »Mein eines gesundes Ohr klingelt noch von der Bombe, die unseren Präsidenten getötet hat. Ich habe schon alle möglichen Angriffe überlebt. Mich kann nichts erschüttern außer Fakten, Fakten von heute, Fakten, die etwas zu bedeuten haben.« Augustine ging um den Schreibtisch herum und setzte sich auf eine Ecke. »Ich wünsche den Leuten in Innsbruck alles Gute, ganz gleich, wer die Untersuchungen leitet«, sagte er. »In der Biologie gibt es so viele Rätsel, dass wir bis zum Ende aller Zeiten genug zu tun haben. Wenn Sie das nächste Mal in Washington sind, kommen Sie vorbei, Mr. Merton. Florence wird es dann sicher noch wissen – kein Tee, sondern Kaffee.«

    Das Tablett auf den Beinen balancierend, bewegte Dicken seinen Rollstuhl durch die Kantine des Natcher Building. Er sah Merton und kam an das Ende des Tisches gerollt. Mit einer Hand stellte er sein Tablett ab.
    »Angenehme Zugfahrt gehabt?«, fragte er.
    »Hervorragend«, erwiderte Merton. »Ich denke, Sie sollten wissen, dass Kaye Lang nach wie vor ein Foto von Ihnen auf ihrem Schreibtisch stehen hat.«
    »Für eine Nachricht ist das aber reichlich seltsam, Oliver. Warum um Himmels willen sollte mich das kümmern?«
    »Weil ich glaube, dass Sie für Kaye mehr als nur wissenschaftliche Kollegialität empfunden haben«, sagte Merton. »Sie hatte Ihnen nach dem Bombenattentat mehrere Briefe geschrieben, aber Sie haben nie geantwortet.«
    »Wenn Sie ekelhaft sein wollen, setze ich mich zum Essen woanders hin«, bemerkte Dicken und griff wieder nach seinem Tablett.
    Merton hob die Hände. »Entschuldigung. Das war mal wieder mein Kritiker- und Aufklärerinstinkt.«
    Dicken stellte das Tablett wieder ab und brachte seinen Rollstuhl in die richtige Stellung. »Die eine Hälfte des Tages warte ich darauf, dass ich wieder gesund werde, und ich mache mir Sorgen, dass ich die Beine und die Hand vielleicht nie wieder richtig benutzen kann … Ich versuche, Vertrauen in meinen Körper zu gewinnen. Und die andere Hälfte quäle ich mich in der Reha, bis es weh tut. Ich habe keine Zeit, über entgangene Gelegenheiten zu grübeln. Sie vielleicht?«
    »Meine Freundin in Leeds hat letzte Woche Schluss gemacht.
    Ich bin nie zu Hause. Außerdem bin ich positiv, und das hat sie verängstigt.«
    »Tut mir Leid«, sagte Dicken.
    »Ich war gerade in Augustines Allerheiligstem. Er wirkt ganz schön großspurig.«
    »Die Meinungsumfragen geben ihm Recht. Aus der Gesundheitskrise wird internationale Politik. Fanatiker drängen uns zu Unterdrückungsgesetzen. Zum Kriegsrecht fehlt nur noch der Name, und die medizinischen Bekanntmachungen werden von der Taskforce herausgegeben – das heißt, die bestimmen fast alles.
    Nach Shawbecks Rücktritt ist Augustine die Nummer zwei im Land.«
    »Beängstigend«, sagte Merton.
    »Sagen Sie mir, was heutzutage nicht beängstigend ist«, erwiderte Dicken.
    Merton gab ihm Recht. »Ich bin überzeugt, dass Augustine die Fäden zieht, damit unsere SHEVATagung im Nordwesten verboten wird.«
    »Er ist ein Bürokrat, wie er im Buche steht – das heißt, er verteidigt seine Stellung mit allen Mitteln.«
    »Und wo bleibt die Wahrheit?«, fragte Merton mit gerunzelten Brauen. »Ich bin es nicht gewohnt zuzusehen, wie Behörden die wissenschaftliche Diskussion bestimmen.«
    »Sie sind doch sonst nicht so naiv, Oliver. Die Briten tun das schon seit Jahren.«
    »Ja, ja, ich habe mit so vielen Ministern zu tun gehabt, dass ich die Methode allmählich kenne. Aber wo stehen Sie? Sie haben dazu beigetragen, Kayes Bündnis zusammenzubringen – warum schmeißt Augustine Sie nicht einfach raus und geht zur Tagesordnung über?«
    »Weil ich das Licht gesehen habe«, erwiderte Dicken. »Oder besser gesagt, die Dunkelheit. Die toten Babys. Ich habe die Hoffnung verloren. Augustine hat mich schon vorher ganz schön auf Trab gehalten – ich war eine Art Alibi, durfte an politischen Sitzungen teilnehmen. Aber er hat mir nie so viel Leine gelassen, dass ich daraus eine Schlinge hätte knüpfen können. Und jetzt … ich kann nicht mehr reisen, nicht mehr die notwendigen Recherchen anstellen. Ich bin nutzlos.«
    »Kalt gestellt?«, wagte Merton zu

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