Das Darwin-Virus
und Kontakten jetzt sehr vorsichtig sein.«
Mitch lehnte sich an den Buick und strich sich mit der Hand über das Kinn. Obwohl er sich am Morgen rasiert hatte, machten seine Finger ein leises, schabendes Geräusch. Er zog die Hand zurück.
Kaye stand vor ihm.
»Ich bringe dich nach Hause«, sagte er.
»Und was ist mit dem Buick?«
Er schüttelte den Kopf. »Den hole ich später. Wendell kann mich mitnehmen.«
»Wohin fahren wir jetzt?«, fragte Kaye. »Wir könnten es in einem anderen Hotel versuchen. Oder einen Versammlungssaal mieten.«
Mitch zog ein angewidertes Gesicht. »Der Idiot hat nach einer Ausrede gesucht. Er kannte deinen Namen. Er hat jemanden angerufen. Hat uns überwacht wie ein guter kleiner Nazi.« Er streckte die Hände in die Luft. »Lang lebe das freie Amerika!«
»Wenn Brock nicht wieder einreisen darf …«
»Wir halten die Tagung im Internet ab«, sagte Mitch. »Das kriegen wir schon hin. Im Augenblick mache ich mir vor allem um dich Sorgen. Irgendetwas muss geschehen.«
»Aber was?«
»Spürst du es nicht?« Er rieb sich die Stirn. »Der Blick von dem Hotelmanager, diesem feigen Arschloch. Wie von einer verschreckten Ziege. Der hat keinen blassen Schimmer von Biologie.
Sein Leben besteht aus ungefährlichen kleinen Handlungen, und mit dem System legt er sich nicht an. So sind sie fast alle. Sie lassen sich herumstoßen und laufen in die Richtung, in die sie gestoßen werden.«
»Das klingt aber sehr zynisch«, sagte Kaye.
»Es ist die politische Realität. Ich war bisher wirklich dumm.
Habe dich allein fahren lassen. Man könnte dich aufgreifen, angreifen …«
»Ich lasse mich nicht in einen Käfig setzen, Mitch.«
Mitch zuckte zusammen.
Kaye legte ihm die Hand auf die Schulter. »Tut mir Leid. Du weißt, wie ich es meine.«
»Es passt alles, Kaye. Du hast es in Georgien gesehen. Ich habe es in den Alpen gesehen. Wir sind zu Fremden geworden. Die Menschen hassen uns.«
»Sie hassen mich«, sagte sie, und ihr Gesicht wurde blass, »weil ich schwanger bin.«
»Mich hassen sie auch.«
»Aber von dir verlangen sie nicht, dass du dich wie ein Jude im NaziDeutschland registrieren lassen musst.«
»Noch nicht«, sagte Mitch. »Fahren wir.« Er legte den Arm um sie und begleitete sie zum Toyota. Kaye musste sich anstrengen, um mit seinen langen Schritten mitzuhalten. »Vermutlich haben wir noch einen oder zwei Tage, vielleicht auch drei. Dann … wird irgendjemand irgendetwas unternehmen. Du bist ein Stachel in ihrem Fleisch. Ein doppelter Stachel.«
»Warum doppelt?«
»Prominente haben Macht«, sagte Mitch. »Man weiß, wer du bist, und du weißt, was in Wirklichkeit los ist.«
Kaye stieg auf der Beifahrerseite ein und kurbelte das Fenster herunter. Im Auto war es warm. Mitch schlug ihre Tür zu. »Weiß ich das wirklich?«, gab Kaye zurück.
»Du weißt es verdammt gut. Sue hat dir ein Angebot gemacht.
Nehmen wir es an. Ich sage nur Wendell, wohin wir gehen. Sonst niemandem.«
»Aber ich hänge an dem Haus.«
»Wir werden ein anderes finden«, erwiderte Mitch.
82
Gebäude 52, National Institutes of Health, Bethesda Mark Augustine fieberte fast vor Freude über seinen Triumph. Er breitete die Bilder vor Dicken aus und legte die Videokassette in das Abspielgerät. Dicken nahm das erste Bild, hielt es nahe vor sein Gesicht, blinzelte. Die üblichen Farben medizinischer Aufnahmen: Fleisch in seltsamem Orange und Olivgrün, Läsionen rosa, die Gesichtszüge unscharf. Ein Mann, vermutlich über vierzig, lebendig, aber alles andere als glücklich. Das nächste Bild zeigte in Nahaufnahme den Arm des Mannes mit rosaroten Flecken; ein daneben liegendes, gelbes Plastiklineal deutete die Größenverhältnisse an. Der größte Fleck hatte einen Durchmesser von sieben Zentimetern, und in der Mitte befand sich eine hässliche, verkrustete Stelle mit dicklicher gelber Flüssigkeit. Allein am rechten Arm zählte Mitch sieben Flecken.
»Die habe ich heute Morgen den Mitarbeitern gezeigt«, sagte Augustine und griff nach der Fernbedienung, um das Video zu starten. Dicken überflog die nächsten Bilder. Auch der Rumpf des Mannes war mit rosafarbenen Hautschäden übersät. Manche davon waren riesige Blasen, auffällige Wucherungen, die zweifellos schmerzhaft waren. »Wir haben inzwischen Gewebeproben zur Untersuchung hier, aber das Team hat nur zur Bestätigung schon vor Ort einen SHEVASchnelltest durchgeführt. Die Frau des Mannes befindet sich mit einem SHEVASekundärfetus im
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