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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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einmal gewesen, und über die Gespräche im Treuhändergremium hatte er überhaupt noch nie berichtet.
    Mitch lachte. »Glaubst du, dass es Ärger geben wird?«
    Jack zuckte die Achseln. »Wir wollen bald ein Treffen der Väter einberufen. Nur die Väter. Nicht wie in den Geburtsvorbereitungskursen in der Klinik mit den ganzen Frauen. Das ist den Männern peinlich. Kommst du heute Abend?«
    Mitch nickte.
    »Für mich ist es das erste Mal mit dieser Haut. Es wird unangenehm werden. Manche jungen Väter sehen fern und fragen sich, ob sie wohl ihre Arbeit wiederbekommen werden. Anschließend werfen sie es den Frauen vor.«
    Mitch wusste, dass außer ihm und Kaye noch drei weitere Paare im Reservat SHEVAKinder erwarteten. Unter den dreitausendzweiundsiebzig Bewohnern, die zu den Fünf Stämmen gehörten, hatte es bisher sechs SHEVAGeburten gegeben. Alle Kinder waren tot zur Welt gekommen.
    Kaye arbeitete bei dem Kinderarzt der Klinik, einem jungen Weißen namens Chambers. Zusammen leiteten sie die Geburtsvorbereitungskurse. Wenn es darum ging, Dinge zu akzeptieren, waren die Männer ein wenig langsamer und viel weniger aufgeschlossen.
    »Bei Sue ist es ungefähr zur gleichen Zeit so weit wie bei Kaye«, sagte Jack. Er schlug die Beine zum Lotossitz übereinander und setzte sich auf die Erde, was Mitch nicht gut konnte. »Ich habe versucht zu begreifen, wie das mit Genen und DNA aussieht und was ein Virus ist. Es ist nicht meine Sprache.«
    »Es ist auch ganz schön schwierig«, erwiderte Mitch. Er war sich nicht sicher, ob er Jack die Hand auf die Schulter legen sollte. Über die heutigen Menschen, deren Vorfahren er untersuchte, wusste er sehr wenig. »Vielleicht sind wir die Ersten, die gesunde Babys zur Welt bringen«, sagte er. »Die Ersten, die wissen, wie sie aussehen.«
    »Ich glaube, das stimmt. Es könnte eine …« Jack hielt inne, und seine Mundwinkel fielen nach unten, während er nachdachte. »Ich wollte sagen, es könnte eine große Ehre sein. Aber es ist nicht unsere Ehre.«
    »Vielleicht nicht«, sagte Mitch.
    »Für mich bleibt alles immer am Leben. Die ganze Erde ist voller Lebewesen – manche davon tragen Fleisch an sich, andere nicht. Wir sind hier an Stelle von vielen, die vor uns da waren.
    Wir verlieren unsere Verbindung zum Fleisch nicht, wenn wir es ablegen. Wenn wir gestorben sind, dehnen wir uns aus, aber wir kommen gern zurück zu unseren Knochen und sehen uns um. Sehen, was die Jüngeren gerade tun.«
    Mitch merkte, wie die alte Diskussion wieder losging.
    »Ihr seht es nicht so«, sagte Jack.
    »Ich weiß überhaupt nicht mehr, wie ich die Dinge sehen soll«, erwiderte Mitch. »Dass die Natur mit unserem Körper macht, was sie will, ist ernüchternd. Frauen erleben es direkter, aber jetzt können auch die Männer nicht mehr daran vorbeisehen.«
    »Diese DNA muss ein Geist in uns sein, die Worte unserer Vorfahren leben weiter, die Worte des Schöpfers. Das ist mir klar.«
    »Ausgezeichnete Beschreibung«, sagte Mitch, »nur weiß ich nicht, wer dieser Schöpfer sein könnte oder ob es ihn überhaupt gibt.«
    Jack seufzte. »Du untersuchst tote Dinge.«
    Mitch errötete ein wenig, wie immer, wenn er mit Jack über so etwas sprach. »Ich will herausfinden, wie sie zu Lebzeiten waren.«
    »Das könnten dir die Geister sagen.«
    »Sagen sie es dir?«
    »Manchmal«, erwiderte Jack. »Ein- oder zweimal.«
    »Was sagen sie dir?«
    »Dass sie etwas wollen. Sie sind nicht glücklich. Ein alter Mann – er ist jetzt tot – hat den Geist des Pasco-Menschen gehört, als du ihn am Flussufer ausgegraben hast. Der alte Mann hat gesagt, der Geist sei sehr unglücklich.« Jack nahm einen Kiesel und warf ihn den Hügel hinunter. »Dann hat er gesagt, er habe nicht geredet wie unsere Geister. Vielleicht war er ein anderer Geist. Der alte Mann hat das nur mir gesagt und keinem anderen. Er dachte, dass der Geist vielleicht nicht zu unserem Stamm gehört.«
    »Wow«, sagte Mitch.
    Jack rieb sich die Nase und zupfte an seinen Augenbrauen.
    »Meine Haut juckt die ganze Zeit. Deine auch?«
    »Manchmal.« Wenn Mitch mit Jack über die Knochen sprach, hatte er immer das Gefühl, als ginge er am Rand einer hohen Klippe entlang. Vielleicht waren es Schuldgefühle. »Niemand ist etwas Besonderes. Wir sind alle Menschen. Die Jungen lernen von den Alten, den toten und den lebenden. Ich respektiere, was du sagst, Jack, aber wir werden wohl nie einer Meinung sein.«
    »Sue sorgt dafür, dass ich über die Dinge nachdenke«,

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