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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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sagte Jack mit einem Anflug von Gereiztheit. Er sah Mitch mit seinen tief liegenden schwarzen Augen an. »Sie sagt, ich soll mit dir reden, weil du zuhörst, und dann sagst du, was du denkst, und es ist ehrlich. So etwas brauchen jetzt auch die anderen Väter.«
    »Ich unterhalte mich gern mit ihnen, wenn es ihnen hilft«, sagte Mitch. »Wir verdanken euch viel, Jack.«
    »Nein, das stimmt nicht«, erwiderte Jack. »Wir hätten wahrscheinlich so oder so Ärger bekommen. Wenn es nicht die neuen Babys gewesen wären, dann vielleicht die Spielautomaten. Am liebsten würden wir die Behörden und die Regierung mit unseren Speeren aufspießen.«
    »Es kostet euch eine Menge Geld.«
    »Wir schmuggeln die neuen KreditkartenSpielautomaten rein«, erwiderte Jack. »Unsere Jungs bringen sie mit ihren Lieferwagen über die Hügel, wenn die Soldaten gerade nicht hinsehen. Wahrscheinlich können wir sie mindestens ein halbes Jahr einsetzen, bevor der Staat sie kassiert.«
    »Das sind einarmige Banditen?«
    Jack schüttelte den Kopf. »Nach unserer Auffassung nicht. Wir verdienen ein bisschen Geld damit, bevor sie abgebaut werden.«
    »Rache am weißen Mann?«
    »Wir ziehen ihnen die Haut ab«, erklärte Jack nüchtern. »Die haben das gern.«
    »Wenn die Babys gesund sind, wird die Quarantäne vielleicht aufgehoben«, sagte Mitch. »Dann könnt ihr das Kasino in ein paar Monaten wieder eröffnen.«
    »Ich rechne mit gar nichts mehr. Außerdem möchte ich nicht im Saal stehen und mich als Chef aufführen, solange ich so aussehe.« Er legte Mitch die Hand auf die Schulter. »Komm mit, rede mit uns«, sagte er. »Die Männer wollen zuhören.«
    »Ich werd’s versuchen«, erwiderte Mitch.
    »Ich sage ihnen, sie sollen dir den anderen Kram verzeihen. Der Geist gehörte sowieso nicht zu unseren Stämmen.« Jack erhob sich, drehte sich um und ging den Hügel hinunter.
85
    Kumash County, im Osten des Staates Washington Mitch bastelte an dem alten blauen Buick, der im trockenen Gras vor dem Wohnwagen geparkt war. Im Süden braute sich ein nachmittägliches Gewitter zusammen.
    Die Luft roch nach Anspannung und Aufregung. Kaye konnte kaum sitzen bleiben. Mit einem Ruck stand sie vom Schreibtisch am Fenster auf und ging hinaus – sie wollte nicht mehr so tun, als arbeitete sie an ihrem Buch, während sie in Wirklichkeit die meiste Zeit zusah, wie Mitch sich an der Autoelektrik zu schaffen machte.
    Sie stemmte die Hände in die Hüften und streckte sich. Es war heute nicht ganz so heiß, und sie waren im Wohnwagen geblieben, statt hinunter in das klimatisierte Gemeinschaftszentrum zu fahren. Kaye sah gerne zu, wenn Mitch Basketball spielte; manchmal ging sie auch in dem kleinen Becken schwimmen. Es war kein schlechtes Leben, aber manchmal hatte sie Schuldgefühle.
    Die Nachrichten von draußen waren meist alles andere als gut.
    Sie waren jetzt drei Wochen im Reservat, und Kaye fürchtete jeden Augenblick, die Bundespolizei werde kommen und die SHEVAMütter abholen. In Montgomery in Alabama waren sie in eine private Entbindungsklinik eingedrungen und hatten fast einen Volksaufstand ausgelöst.
    »Die werden richtig frech «, sagte Mitch, als sie es in den Fernsehnachrichten gesehen hatten. Später hatte der Präsident sich entschuldigt und versichert, die Grundrechte würden gewahrt, soweit es angesichts der Gefahren für die allgemeine Bevölkerung möglich sei. Zwei Tage später hatte die Klinik in Montgomery unter dem Druck demonstrierender Bürger geschlossen, und man hatte die Mütter und Väter zwangsweise verlegt. Die neuen Eltern sahen mit ihren Masken sehr seltsam aus; nach dem zu urteilen, was Kaye und Mitch in den Nachrichten hörten, waren sie vielerorts unerwünscht.
    In Georgien waren sie auch unerwünscht gewesen.
    Kaye hatte über die Retrovirusinfektionen von SHEVAMüttern nichts Neues mehr erfahren. Ebenso schweigsam verhielten sich auch ihre Kontaktpersonen. Es war ein heikles Thema, davon konnte sie ein Lied singen. Niemand mochte sich vorwagen und seine Meinung äußern.
    Also tat sie so, als arbeitete sie an ihrem Buch. Jeden Tag entwarf sie einen oder zwei gute Absätze, manchmal auf dem Laptop, manchmal auch handschriftlich auf einem Notizblock. Mitch las es und brachte Randbemerkungen an, aber er wirkte geistesabwesend, als könne er es noch nicht ganz fassen, dass er bald Vater wurde … In Wirklichkeit, das wusste sie, machte er sich nicht deswegen Sorgen.
    Vielleicht doch nicht Vater zu werden, das beunruhigt ihn.

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