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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Ich.
    Mein Wohlergehen.
    Wie sie ihn beruhigen sollte, wusste sie nicht. Sie fühlte sich wohl, ja sogar hervorragend, und das trotz der Unannehmlichkeiten. Sie betrachtete sich in dem fleckigen Badezimmerspiegel und hatte den Eindruck, dass ihr Gesicht fülliger geworden war; nicht hager, wie sie es sich früher vorgestellt hatte, sondern gesund und mit guter Haut – abgesehen von der Maske natürlich.
    Das Gebilde auf ihrem Gesicht wurde von Tag zu Tag dunkler und dicker, entwickelte sich zu der seltsamen Kappe, die diese besondere Art der Mutterschaft und Vaterschaft kennzeichnete.
    Auf dem dünnen Teppich im kleinen Wohnzimmer machte sie ihre Schwangerschaftsgymnastik. Mittlerweile war es so schwül, dass man sonst kaum etwas tun konnte. Mitch kam herein, um ein Glas Wasser zu trinken, und sah sie auf dem Fußboden liegen.
    Sie blickte zu ihm auf.
    »Kartenspielen im Gemeinschaftsraum?«, fragte er.
    »I vant to be alone«, sang sie mit Greta GarboStimme. »Das heißt, allein mit dir.«
    »Wie geht’s deinem Rücken?«
    »Heute Abend massieren, wenn es kühl ist.«
    »Hier ist es doch friedlich, oder?« Mitch stand in der Tür und wedelte mit seinem TShirt, um sich abzukühlen.
    »Ich habe mir Namen überlegt.«
    »Ja?« Mitch wirkte überrascht.
    »Was ist los?«, wollte Kaye wissen.
    »Irgendwie ein komisches Gefühl. Ich möchte sie erst sehen, bevor wir ihr einen Namen geben.«
    »Wieso?«, fragte Kaye unwillig. »Du redest mit ihr, du singst ihr jeden Abend etwas vor. Du sagst, du kannst sie in meinem Atem sogar riechen.«
    »Ja, ja«, erwiderte Mitch, aber sein Gesicht entspannte sich nicht. »Ich möchte nur wissen, wie sie aussieht.«
    Plötzlich tat Kaye, als habe sie erst jetzt begriffen. »Ich meine nicht den wissenschaftlichen Namen«, sagte sie, »sondern unseren Namen, den Namen für unsere Tochter.«
    Mitch sah sie verärgert an. »Verlange nicht von mir, dass ich es erkläre.« Er blickte nachdenklich drein. »Brock und ich sind gestern am Telefon auf einen wissenschaftlichen Namen gekommen.
    Er hält es allerdings für verfrüht, weil noch kein …«
    Mitch bremste sich, schloss die Fliegentür und ging in die Küche.
    Kaye spürte, wie ihre Zuversicht schwand.
    Mitch hatte ein paar Eiswürfel in ein feuchtes Handtuch gewickelt. Er kniete sich neben sie und tupfte ihr den Schweiß von der Stirn. Kaye wich seinen Blicken aus.
    »So was Dummes«, murmelte er.
    »Wir sind erwachsene Menschen«, sagte Kaye. »Ich möchte mir einen Namen überlegen. Ich will Söckchen stricken, ich will Strampelhosen und Spielzeug kaufen, und ich will, dass wir uns wie normale Eltern benehmen und aufhören, über diese ganze Scheiße nachzudenken. «
    »Ich weiß«, sagte Mitch. Er sah kläglich und fast verzweifelt aus.
    Kaye erhob sich auf die Knie, legte Mitch die Hände leicht auf die Schultern und wischte hin und her, als wollte sie Staub entfernen. »Hör mal. Mit geht’s gut. Ihr geht’s gut. Wenn du mir das nicht glaubst …«
    »Ich glaube dir«, sagte Mitch.
    Kaye stieß ihre Stirn gegen seine. »Schon gut, Kemosabe. «
    Mitch berührte die dunkle, raue Haut auf ihren Wangen. »Du siehst geheimnisvoll aus. Wie ein Bandit.«
    »Vielleicht brauchen wir auch für uns neue wissenschaftliche Namen. Spürst du es nicht auch da drinnen … viel tiefer, unter der Haut?«
    »Meine Knochen jucken«, sagte er. »Und mein Rachen … die Zunge fühlt sich anders an. Warum kriege auch ich eine Maske und alles andere?«
    »Du produzierst das Virus. Warum sollte es nicht auch dich verändern? Und die Maske … Vielleicht werden wir so vorbereitet, dass sie uns erkennen kann. Wir sind soziale Wesen. Der Papa ist für ein Baby genauso wichtig wie die Mama.«
    »Wir sollen aussehen wie sie?«
    »Vielleicht ein bisschen.« Kaye ging wieder zum Schreibtischstuhl und setzte sich. »Was für einen wissenschaftlichen Namen hat Brock vorgeschlagen?«
    »Er rechnet nicht mit einer grundlegenden Veränderung«, sagte Mitch. »Allerhöchstens mit einer Unterart, vielleicht ist es auch nur eine seltsame Varietät. Deshalb … Homo sapiens novus. «
    Kaye wiederholte den Namen leise und grinste. »Hört sich an wie eine AutoglasReparaturwerkstatt.«
    »Es ist bestes Latein.«
    »Lass’ mich darüber nachdenken«, sagte sie.

    »Sie finanzieren die Klinik mit dem Geld aus dem Kasino«, sagte Kaye, während sie die Handtücher faltete. Mitch hatte die beiden Wäschekörbe gegen Abend aus der Wäscherei zum Wohnwagen gebracht. Er saß

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