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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Fensterbank war noch voller Zigarettenkippen. Camel, ohne Filter. Der harte Stoff. Kaye fand Tabakgeruch widerlich.
    Das Badezimmer war voller Blutspritzer. In der Badewanne stand rosafarbenes Wasser auf halber Höhe, blutige Fußabdrücke zogen sich von dem gelben Badevorleger über das schwarzweiße Schachbrettmuster der Fliesen zu dem alten Teakholzfußboden und dann ins Schlafzimmer, wo sich die Blutspuren verloren.
    »Wie theatralisch«, murmelte sie und blickte in den Spiegel; kleine Blutspritzer bedeckten das Glas und das Waschbecken. »Du lieber Gott. Doch nicht jetzt, Saul.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wohin er gegangen sein könnte?«, fragte der dickbäuchige Polizist. »Hat er sich das selbst angetan, oder ist jemand anderes im Spiel?«
    Es war sicher das Schlimmste, was sie bisher gesehen hatte. Er musste ihr seine dunkelsten Gemütszustände verheimlicht haben, oder vielleicht hatte der Schub auch heimtückisch schnell eingesetzt und jeden Rest von Vernunft oder Verantwortungsgefühl überlagert. Den Beginn einer schweren Depression hatte er einmal als lange, dunkle Schattendecke beschrieben – eine Schattendecke, die Teufel mit schlaffen Gesichtern und zerknüllter Kleidung ihm über den Kopf zogen.
    »Das war nur er, nur er«, sagte sie und musste hinter vorgehaltener Faust husten. Seltsamerweise war ihr nicht übel. Sie sah das Bett, ordentlich hergerichtet, die weiße Decke hochgezogen und sauber unter den Kissen gefaltet – Saul hatte versucht, Sinn und Ordnung in seine verdüsterte Welt zu bringen. Bei einem kleinen Ring aus Blutstropfen auf dem Holz neben ihrem Nachttisch blieb sie stehen. »Er ganz allein.«
    »Mr. Madsen war manchmal sehr traurig«, sagte Caddy. Sie stand in der Schlafzimmertür, die langfingerige weiße Hand flach gegen den dunklen Türpfosten aus Ahornholz gedrückt.
    »Hat Ihr Mann schon früher Selbstmordversuche unternommen?«, fragte der Sanitäter.
    »Ja«, sagte sie. »Aber so schlimm war es nie.«
    »Sieht aus, als hätte er sich in der Badewanne die Handgelenke aufgeschnitten«, meinte der dünne Polizist und nickte weise. Kaye entschloss sich, ihn Mister Tod zu nennen; der andere war Mister Bulle. Mr. Bulle und Mr. Tod konnten über das Haus sicher genauso viel sagen wie sie, vielleicht sogar mehr.
    »Er ist aus der Wanne gestiegen«, sagte Mr. Bulle, »und dann …«
    »Hat er sich die Handgelenke wieder zugebunden wie ein Römer, der seine Zeit auf Erden verlängern will«, sagte Mr. Tod.
    »‘Tschuldigung, Ma’am.«
    »Dann hat er sich angezogen und ist aus dem Haus gegangen.«
    Genau, dachte Kaye. Sie hatten völlig Recht.
    Kaye setzte sich auf das Bett und wünschte sich, sie wäre der Typ, der in Ohnmacht fällt. Der hier und jetzt aus der Szene aussteigt und anderen die Verantwortung überlässt.
    »Mrs. Lang, wir könnten Ihren Mann vielleicht finden …«
    »Er hat sich nicht umgebracht«, sagte sie. Sie deutete auf das Blut und dann matt in Richtung von Flur und Badezimmer. Sie suchte nach einem winzigen Hoffnungsschimmer, und einen Augenblick lang glaubte sie ihn fassen zu können. »Es war schlimm, aber … wie Sie schon sagten, er hat von sich aus damit aufgehört.«
    »Missus Lang …«, setzte Mr. Bulle an.
    »Wir müssen ihn finden und ins Krankenhaus bringen«, sagte sie. Bei dem plötzlichen Gedanken an die Möglichkeit, ihn doch noch zu retten, versagte ihr die Stimme, und sie brach leise in Tränen aus.
    »Das Boot ist weg«, erklärte Caddy. Kaye stand mit einem Ruck auf und ging zum Fenster. Sie kniete sich davor auf einen Stuhl und blickte auf den kleinen Steg hinunter, der sich von der steinernen Kaimauer in das graugrüne Wasser der Bucht schob. Das winzige Segelboot lag nicht an seinem Platz.
    Kaye erschauerte wie bei einem Schüttelfrost. Jetzt fand sie sich langsam damit ab, dass die Sache endgültig war. Tapferkeit und Leugnen konnten die Tatsachen nicht aus der Welt schaffen – die Tatsache, dass alles ein Durcheinander und voller Blut war; die Tatsache, dass Saul ausgerastet war und der depressive/böse Saul, der Saul unter der schwarzen Decke, die Oberhand gewonnen hatte.
    »Ich kann’s nicht sehen«, erklärte Kaye mit schriller Stimme und sah dabei auf das vom Wind aufgewühlte Meer hinaus. »Es hat ein rotes Segel. Da draußen ist es nicht.«
    Sie fragten nach einer Beschreibung, einem Foto, und sie gab ihnen beides. Mr. Bulle ging nach unten und durch den Vordereingang zum Polizeiwagen. Kaye folgte ihm ein Stück weit und

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