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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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wandte sich dann zum Wohnzimmer. Sie hatte nicht vor, im Schlafzimmer zu bleiben. Mr. Tod und der Sanitäter waren noch da und stellten weitere Fragen, aber sie konnte ihnen kaum antworten. Ein Polizeifotograf und der Assistent des Leichenbeschauers gingen mit ihrer Ausrüstung die Treppe hoch.
    Caddy beobachtete alles mit der Sorge einer Glucke und der Faszination einer Katze. Schließlich nahm sie Kaye in den Arm und sagte irgend etwas; ganz automatisch erwiderte Kaye, sie werde schon zurechtkommen. Caddy wollte eigentlich gehen, brachte es aber nicht übers Herz.
    In diesem Augeblick kam Crickson ins Zimmer, der orangefarbene Kater. Kaye hob ihn hoch, streichelte ihn, fragte sich plötzlich, ob er es wohl gesehen hatte; dann bückte sie sich und ließ ihn sanft wieder auf den Fußboden gleiten.
    Die Minuten dehnten sich zu Stunden. Das Tageslicht verdüsterte sich, Regen klatschte gegen die Wohnzimmerfenster.
    Schließlich kam Mr. Bulle zurück, und jetzt war Mr. Tod an der Reihe zu gehen.
    Caddy beobachtete alles mit schlechtem Gewissen, weil sie einerseits entsetzt, andererseits aber auch fasziniert war.
    »Das Aufräumen können wir Ihnen nicht abnehmen«, sagte Mr.
    Bulle. Er gab ihr eine Visitenkarte. »Die Leute hier haben eine kleine Firma. Die können so was sauber machen. Es ist nicht billig, aber sie arbeiten ordentlich. Mann und Frau. Christen. Nette Leute.«
    Kaye nickte und nahm die Karte. Sie wollte jetzt nicht im Haus bleiben. Sie dachte daran, abzuschließen und wegzufahren.
    Caddy ging als Letzte. »Wo willst du heute Nacht bleiben, Kaye?«, fragte sie.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Kaye.
    »Du kannst gerne bei uns übernachten, Liebes.«
    »Danke«, sagte Kaye. »Im Labor gibt es ein Feldbett. Ich glaube, heute Nacht werde ich dort schlafen. Könntest du dich um die Katzen kümmern? Ich kann jetzt nicht an sie denken.«
    »Natürlich. Ich suche sie und nehme sie mit. Möchtest du, dass ich wiederkomme? Saubermachen, wenn … du weißt schon?
    Wenn die anderen fertig sind?«
    »Ich ruf dich an«, sagte Kaye, kurz vor einem neuen Zusammenbruch. Caddy umarmte sie so heftig, dass es wehtat, und machte sich dann auf die Suche nach den Katzen. Zehn Minuten später ging sie, und Kaye war allein im Haus.
    Kein Brief, keine Notiz, nichts.
    Das Telefon klingelte. Eine Zeit lang nahm sie nicht ab, aber es klingelte immer weiter, und der Anrufbeantworter war abgeschaltet – vielleicht hatte Saul das gemacht. Vielleicht war es Saul, dachte sie plötzlich erschrocken, und einen Augenblick lang hasste sie sich selbst, weil sie die Hoffnung für kurze Zeit aufgegeben hatte. Sofort nahm sie den Hörer ab.
    »Sind Sie es, Kaye?«
    »Ja.« Ihre Stimme klang heiser, sie räusperte sich.
    »Mrs. Lang, hier ist Randy Foster von AKS Industries. Ich muss mit Saul sprechen. Über das Abkommen. Ist er zu Hause?«
    »Nein, Mrs. Foster.«
    Es entstand eine peinliche Pause. Was sollte sie sagen? Wem sollte sie es in dieser Situation sagen? Und wer war Randy Foster, und was für ein Abkommen ?
    »Schade. Sagen Sie ihm, wir haben es mit unseren Anwälten gerade geschafft. Die Verträge sind fertig. Sie werden morgen abgeliefert. Wir haben für 16 Uhr eine Besprechung angesetzt. Ich freue mich darauf, Sie kennen zu lernen, Mrs. Lang.«
    Kaye murmelte etwas und legte auf. Einen Augenblick lang hatte sie das Gefühl, jetzt werde sie einen Zusammenbruch erleiden, und zwar einen großen. Stattdessen ging sie langsam und mit viel Willenskraft wieder die Treppe hinauf und packte die Kleidung, die sie in der kommenden Woche vielleicht brauchen konnte, in einen großen Koffer.
    Dann ging sie aus dem Haus und fuhr mit dem Auto zu EcoBacter. Das Gebäude war zur Abendessenszeit fast leer, und sie hatte keinen Hunger. Sie schloss das kleine Büro auf, in dem Saul ein Feldbett und ein paar Decken deponiert hatte; bevor sie die Tür aufstieß, zögerte sie einen Augenblick. Schließlich ging sie langsam hinein.
    Der kleine, fensterlose Raum war dunkel, leer und kühl. Es roch sauber. Alles in Ordnung.
    Kaye zog sich aus und legte sich unter die beigefarbene Wolldecke mit den frischen weißen Laken.
    Früh am Morgen, noch bevor es dämmerte, wachte sie schweißgebadet und zitternd auf; krank war sie nicht, aber entsetzt über das Gespenst ihres neuen Daseins – als Witwe.
20
    London
    Die Reporter stöberten Mitch schließlich in Heathrow auf. Sam saß ihm gegenüber an einem kleinen Tisch in dem abgegrenzten Bereich rund um die

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