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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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schüttelte den Kopf. »Nichts Handfestes.«
    »Ach?« Kirby hob die Augenbrauen. »Der beste Virusjäger im NCID? Mark sagt, er verlässt sich auf Ihre Nase.«
    »Manchmal ist dieser Mark einfach zu ehrlich«, warf Augustine ein.
    »Jaaa …«, erwiderte Kirby, »und Christopher sollte auch ehrlich sein. Was sagt Ihnen Ihre Nase?«
    Dicken war über die Frage der Leiterin des Gesundheitswesens ein wenig bestürzt; er mochte die Karten nicht auf den Tisch legen, solange er so ein schwaches Blatt in der Hand hatte. »SHEVA ist alt, sehr alt«, wiederholte er noch einmal.
    »Und?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Krankheit ist.«
    Shawbeck stieß ein kurzes, zweifelndes Schnauben aus.
    »Weiter«, forderte Kirby ihn auf.
    »Es ist ein alter Teil unserer biologischen Ausstattung. Es war schon in unserer DNA, lange bevor es Menschen gab. Vielleicht tut es einfach das, was es tun muss.«
    »Babys umbringen?«, schlug Shawbeck bissig vor.
    »Eine größere Funktion auf der Ebene der Spezies steuern.«
    »Bleiben wir mal bei den handfesten Dingen«, warf Augustine eilig ein. »SHEVA ist die Herodes-Grippe. Es verursacht umfassende Missbildungen und Fehlgeburten.«
    »Nach meinem Dafürhalten ist der Zusammenhang eindeutig«, sagte Kirby. »Ich glaube, das kann ich dem Präsidenten und dem Kongress verkaufen.«
    »Einverstanden«, sagte Shawbeck, »wenn auch mit einigen schweren Bedenken. Ich frage mich, ob alle diese Rätsel uns irgendwann auf dem weiteren Weg einholen und in den Arsch beißen werden.«
    Dicken spürte eine gewisse Erleichterung. Er hatte sein Ziel fast erreicht und für später noch einen Trumpf im Ärmel behalten; SHEVASpuren in den georgischen Leichen. Die Befunde von Maria Konig an der University of Washington waren gerade eingetroffen.
    »Ich bin morgen beim Präsidenten«, sagte die Leiterin des Gesundheitswesens. »Ich habe dort zehn Minuten Zeit. Gebt mir die Papierausdrucke der Inlandsstatistiken, zehn bunt kolorierte Exemplare.«
    SHEVA würde bald offiziell zur Krise erklärt werden. In der Gesundheitspolitik löste man Krisen in der Regel mit altbekannter Wissenschaft und bürokratisch erprobten Routinemaßnahmen.
    Solange sich nicht in vollem Umfang zeigte, wie seltsam die Lage wirklich war, würde niemand ihm seine Schlussfolgerungen abnehmen, dachte Dicken. Er konnte sie selbst kaum glauben.

    Draußen, unter dem filzfarbenen Himmel des düsteren Novembernachmittags, öffnete Augustine die Tür der Dienstlimousine und sagte über das Wagendach hinweg: »Wenn Sie gefragt werden, was Sie wirklich denken, was tun Sie dann?«
    »Ich schwimme mit dem Strom«, erwiderte Dicken.
    »Sie haben es erfasst, geniales Bürschchen.«
    Augustine saß am Steuer. Obwohl Dicken fast einen Patzer begangen hätte, war Augustine mit der Besprechung offenbar hochzufrieden. »Sie hat nur noch sechs Wochen bis zur Pensionierung.
    Und als Vorschlag für einen Nachfolger hat sie dem Stabschef des Weißen Hauses meinen Namen genannt.«
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte Dicken.
    »Mit Shawbeck dicht dahinter an zweiter Stelle«, fügte Augustine hinzu. »Aber damit könnte es klappen, Christopher. Das könnte die Eintrittskarte sein.«
22
    New York
    Kaye saß in dem teuer getäfelten Büro auf einem dunkelbraunen Ledersessel und fragte sich, warum die hoch bezahlten Ostküstenanwälte immer solche elegantdüsteren Statussymbole brauchten.
    Ihre Finger pressten sich gegen die Messingknöpfe der Polsternägel auf der Armlehne.
    Daniel Munsey, der Rechtsvertreter von AKS Industries, stand neben dem Schreibtisch von J. Robert Orbison, der seit dreißig Jahren der Anwalt ihrer Familie war. Nachdem Kayes Eltern vor fünf Jahren gestorben waren, hatte sie Orbisons Pauschalhonorar nicht weiter bezahlt. Aber als Saul verschwunden war und gleichzeitig von AKS und EcoBacters Firmenanwalt die höchst verblüffende Nachricht kam, die Firma werde von AKS geschluckt, hatte sie sich in einer Art Schockzustand an Orbison gewandt. Er hatte sich als anständiger, fürsorglicher Mann erwiesen und versprochen, er werde ihr nicht mehr berechnen als Mr. und Mrs. Lang in den dreißig Jahren ihrer Geschäftsbeziehung.
    Orbison war nicht nur dünn wie eine Bohnenstange, sondern auch ausgestattet mit Hakennase, Glatze, Altersflecken auf Kopf und Wangen, Haaren an den Muttermalen, hängenden feuchten Lippen und verschlafenen blauen Augen. Aber immerhin trug er einen eleganten, maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug mit weißen

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