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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Aufschlägen und eine Krawatte, die den Ausschnitt seiner Weste fast völlig ausfüllte.
    Munsey war Anfang dreißig, ein hübscher, dunkler Typ mit gewinnendem Wesen. Er trug einen glatten, dunkelbraunen Wollanzug und kannte sich in der Biotechnologie fast ebenso gut aus wie Kaye, in mancher Hinsicht sogar noch besser.
    »AKS mag für die Fehler von Mr. Madsen nicht verantwortlich sein«, sagte Orbison in energischem, aber dennoch liebenswürdigen Ton, »aber unter den gegenwärtigen Umständen sind wir der Auffassung, dass Ihr Unternehmen Ms. Langs Interessen gebührend berücksichtigen muss.«
    »Finanziell berücksichtigen?« Munsey hob überrascht die Hände. »Saul Madsen konnte seine Investoren nicht davon überzeugen, dass sie ihn weiter finanzieren sollten. Offensichtlich hatte er sich auf ein Abkommen mit einer Wissenschaftlergruppe in der Republik Georgien konzentriert.« Munsey schüttelte traurig den Kopf. »Meine Mandanten haben die Investoren ausgezahlt. Der Preis war mehr als fair angesichts dessen, was seither geschehen ist.«
    »Kaye hat eine Menge Arbeit in das Unternehmen gesteckt. Ein Ausgleich für geistiges Eigentum …«
    »Sie hat großartige Beiträge zur Wissenschaft geleistet, aber nicht zu einem Produkt, das ein potenzieller Käufer vermarkten könnte.«
    »Dann doch sicher eine gerechte Gegenleistung für ihren Beitrag zum Wert des Namens EcoBacter.«
    »Ms. Lang war rechtlich keine Mitinhaberin. Saul Madsen hat in seiner Frau anscheinend nie mehr als eine Verwaltungsangestellte gesehen.«
    »Dass Ms. Lang darauf nicht bestanden hat, war sicher eine bedauerliche Unterlassung«, räumte Orbison ein. »Sie hat ihrem Mann vertraut.«
    »Nach unserer Ansicht hat sie ein Recht an allen Gegenständen, die noch zu dem Vermögen gehören. Aber EcoBacter zählt schlicht und einfach nicht mehr zu den Vermögensgegenständen.«
    Kaye blickte zur Seite.
    Orbison starrte auf die Glasplatte des Schreibtisches. »Ms. Lang ist eine berühmte Wissenschaftlerin, Mr. Munsey.«
    »Mr. Orbison, Ms. Lang, AKS Industries kauft und verkauft gut laufende Unternehmen. Nach Saul Madsens Tod ist EcoBacter kein gut laufendes Unternehmen mehr. Auf seinen Namen sind keine wertvollen Patente angemeldet, es gibt keine Beziehungen zu anderen Firmen oder Institutionen, die mit unserem Einverständnis neu verhandelt werden müssten. Das einzige möglicherweise marktfähige Produkt, eine Therapie für Cholera, gehört in Wirklichkeit einer so genannten Angestellten. Mr. Madsen war in seinen Verträgen bemerkenswert großzügig. Wenn wir Glück haben, decken die materiellen Vermögenswerte zehn Prozent unserer Kosten. Ms. Lang, wir können für diesen Monat nicht einmal die Gehälter bezahlen. Das kauft niemand.«
    »Nach unserer Überzeugung könnte Ms. Lang mit ihrem Ruf im Laufe von fünf Monaten eine Gruppe solventer Geldgeber zusammenbringen und mit EcoBacter von vorn anfangen. Die Angestellten sind sehr loyal. Viele haben in Absichtserklärungen bekräftigt, dass sie bei Kaye bleiben und beim Wiederaufbau helfen wollen.«
    Wieder hob Munsey die Hände: Es kam für ihn nicht in Frage.
    »Meine Mandanten richten sich nach ihrem Instinkt. Vielleicht hätte Mr. Madsen sein Unternehmen an eine andere Firma verkaufen sollen. Bei allem Respekt für Ms. Lang – und niemand schätzt sie höher als ich: Sie hat keine Arbeiten von unmittelbarem wirtschaftlichem Interesse geleistet. In der Biotechnologiebranche herrscht harte Konkurrenz, Ms. Lang, das wissen Sie.«
    »Die Zukunft liegt in dem, was wir erschaffen können, Mr. Munsey«, sagte Kaye.
    Munsey schüttelte traurig den Kopf. »Meine eigene Investition hätten Sie sofort, Ms. Lang. Aber ich bin schwach. Die anderen Firmen …« Er ließ den Satz unvollendet.
    »Vielen Dank, Mr. Munsey«, sagte Orbison und bildete mit den Händen ein Zelt, auf das er seine lange Nase legte.
    Munsey war über dieses Ende des Gesprächs offensichtlich verdutzt. »Es tut mir sehr Leid, Ms. Lang. Wir haben wegen der Umstände, unter denen Mr. Madsen verschwunden ist, noch Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit Bürgen und Versicherungen.«
    »Er kommt nicht zurück, wenn es das ist, was Ihnen Sorge macht«, sagte Kaye mit versagender Stimme. »Man hat ihn gefunden, Mr. Munsey. Er wird nicht zurückkommen und sich einen Jux mit uns machen und sagen, wie ich in meinem Leben zurechtkommen soll.«
    Munsey starrte sie an.
    Sie konnte jetzt nicht innehalten. Die Worte sprudelten aus ihr heraus.

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