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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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an vielen Polizeiwagen und ein paar Streifenbeamten auf Fahrrädern oder zu Fuß vorbei, ins Rotlichtviertel gegangen. Ein paar Minuten hatte er sich im Laden einer Buchhandelskette aufgehalten, aber die Aussicht, seinen freien Abend ausschließlich mit Lesen zu verbringen, war ihm völlig unerträglich vorgekommen. Seine Füße hatten ihn automatisch dorthin getragen, wo er von Anfang an hatte hingehen wollen, und sei es auch nur, um sich eine Frau zu suchen, mit der er nicht beruflich zu tun hatte.
    Die Tänzerinnen waren durchaus attraktiv – Anfang bis Ende zwanzig, aufreizend in ihrer unverhüllten Nacktheit. So weit er es beurteilen konnte, waren ihre Brüste Produkte kosmetischer Chirurgie. Wie üblich war das Schamhaar zu einem kleinen Ausrufezeichen rasiert. Als er hereinkam, hatte keine von ihnen zu ihm herüber geblickt. In ein paar Minuten würde das Geld die Münder lächeln und die Augen leuchten lassen, aber bis dahin herrschte Funkstille.
    Er bestellte ein Budweiser – die Auswahl bestand in Coors, Bud oder Bud Lite – und lehnte sich an die Wand. Im Augenblick stand eine junge, sehr schlanke Frau auf der Bühne, deren auffällig vorstehende Brüste nicht zu dem schmalen Brustkorb passten. Er sah ihr mit geringem Interesse zu; als sie mit ihren zehnminütigen Windungen, begleitet von ein paar starren Blicken ins Publikum, fertig war, warf sie einen schenkellangen Kunstfaserumhang über und kam die Rampe herunter, um sich unter die Leute zu mischen.
    Dicken hatte nie ganz mitbekommen, wie es in solchen Clubs zuging. Er wusste zwar von den Hinterzimmern, aber ihm war nicht klar, was dort erlaubt war. Außerdem ertappte er sich dabei, dass er weniger an Frauen, Rauchen und Bier dachte als an den nächsten Morgen, für den die Besichtigung der Howard University vorgesehen war. Und an die Besprechung mit Augustine und den neuen Mitgliedern der Arbeitsgruppe am späten Nachmittag … Es würde wieder ein langer Tag werden.
    Er sah sich die nächste Frau auf der Bühne an – sie war kleiner und ein wenig fülliger, mit kleinen Brüsten und sehr schmaler Taille – und musste an Kaye Lang denken.
    Dicken trank sein Bier aus, ließ ein paar Vierteldollarmünzen auf den abgeschabten kleinen Tisch fallen und schob den Stuhl zurück. Eine halbnackte Rothaarige, die ihren Morgenmantel über das erhobene Bein drapiert hatte, bot ihm zum Geldeinstecken ihren Strumpf dar. Wie ein Schwachkopf stopfte er ihr einen Zwanziger unter den Hüftgürtel und sah zu ihr auf; sein Blick sollte wie eine lässige Aufforderung erscheinen, aber er fürchtete, dass er eher verklemmt und unsicher wirkte.
    »Das ist doch schon mal ein Anfang, Schätzchen«, sagte sie mit dünner, aber selbstsicherer Stimme. Rasch sah sie sich um. Er war zurzeit der größte Fisch, der ohne Begleitung in dem Becken herumschwamm. »Hast zu viel gearbeitet, was?«
    »Stimmt«, erwiderte er.
    »Ich glaube, du brauchst eine kleine Privatvorstellung«, fügte sie hinzu.
    »Das wäre nicht schlecht«, sagte er mit trockener Kehle.
    »Es gibt hier ein hübsches Plätzchen. Du kennst doch die Regeln, Schätzchen? Nur ich darf dich anfassen, nicht umgekehrt.
    Der Chef möchte, dass du brav auf deinem Platz bleibst. Es macht echt Spaß.«
    Es klang entsetzlich. Dennoch folgte er ihr in ein kleines Zimmer auf der Rückseite des Hauses, einen von acht oder zehn Räumen in der ersten Etage, jeder so groß wie ein Schlafzimmer und unmöbliert bis auf eine kleine Bühne und einen oder zwei Klappstühle. Er setzte sich auf den Klappstuhl, und die Frau ließ ihren Morgenmantel herabgleiten. Sie trug einen winzigen String.
    »Ich heiße Danielle«, sagte sie. Als er zum Sprechen ansetzte, legte sie den Finger auf ihre Lippen. »Sag’ es mir nicht«, forderte sie. »Ich liebe das Geheimnisvolle.«
    Dann zauberte sie aus einer kleinen schwarzen Tasche an ihrem Arm ein weiches Plastikpäckchen hervor und öffnete es mit einer routinierten Bewegung aus dem Handgelenk. Sie zog sich eine Chirurgenmaske über das Gesicht.
    »Tut mir Leid«, sagte sie mit noch dünnerer Stimme. »Du weißt ja, was los ist. Die Mädels sagen, diese neue Grippe geht durch alles durch – die Pille, Gummis, was du willst. Man muss nicht mal mehr – du weißt schon – unanständige Sachen machen, damit man Probleme kriegt. Sie sagen, alle Männer haben es. Ich hab’
    schon zwei Kinder. Ich brauch’ keinen Urlaub, nur um eine kleine Missgeburt zu kriegen.«
    Dicken war so erschöpft, dass er

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