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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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trat hinein und erblickte nun die Niccolosa auf dem Calandrino. Als diese die Frau erblickte, sprang sie schnell empor und floh eilends dahin, wo Filippo war. Monna Tessa aber fuhr dem Calandrino, der noch nicht aufgestanden war, mit den Nägeln ins Gesicht und zerkratzte es ihm ganz und gar. Dann packte sie ihn bei den Haaren, zerrte ihn hierhin und dorthin und schrie: »Du schändlicher Schmutzhund, dergleichen also tust du mir! Verrückter Alter, verwünscht sei die Liebe, die ich für dich gehabt habe. Bleibt dir also in deinem Hause so viel Muße, daß du noch in anderer Leute Häusern auf Liebschaften ausgehst? Seht mir doch den schönen Liebhaber! Kennst du dich denn gar nicht, du Wicht? Kennst du dich denn nicht, du Jammermensch? Drückte man dich auch ganz aus, so käme doch nicht soviel Saft heraus, wie man zu einer einzigen Soße braucht. Gottes Treu, diesmal war es nicht die Tessa, die dich geschwängert hat, und Gott strafe sie, wer sie auch sei. Viel kann nicht an ihr sein, daß sie nach einem solchen Edelstein, wie du einer bist, Verlangen trägt.«
    Als Calandrino seine Ehefrau kommen sah, war er mehr tot als lebendig gewesen und hatte nicht den Mut gehabt, sich im geringsten zu wehren. Zerkratzt, mit zerrauftem und zerzaustem Haar, nahm er still seinen Mantel, stand auf und begann nun die Frau demütig zu bitten, daß sie nicht so schreien möchte, wenn sie nicht wolle, daß er sofort in Stücke gehauen werde; denn die, welche bei ihm gewesen, sei die Frau des Hausherrn selbst. »Meinetwegen«, rief Tessa, »und Gott schenk ihr böse Zeit.«
    Bruno und Buffalmacco, die mit Filippo und der Niccolosa über diese Geschichte nach Herzenslust gelacht hatten, traten nun hinzu, als kämen sie auf den Lärm hin, und rieten dem Calandrino, nachdem sie seine Frau mit vielen Reden beruhigt hatten, daß er sich nach Florenz aufmachen und sich hier nicht mehr sehen lassen möge, weil Filippo ihm gewiß übel mitspielte, wenn er etwas von der Geschichte erführe. So kehrte denn der arme, trostlose Calandrino ganz zerzaust und zerkratzt nach Florenz zurück, ohne den Mut zu haben, je wieder dort hinaufzugehen. Tag und Nacht von den Vorwürfen seiner Frau belästigt und gequält, gab er seine glühende Liebe auf, nachdem er seinen Gefährten sowie der Niccolosa und dem Filippo nicht wenig zu lachen gegeben hatte.
     

Sechste Geschichte
     
     
    Zwei junge Männer Herbergen bei einem Wirt. Der eine schleicht sich zu dessen Tochter, während die Wirtsfrau sich aus Versehen zu dem anderen legt. Darauf steigt der, welcher bei der Tochter war, zum Vater ins Bett und erzählt ihm alles, in dem Glauben, er erzähle es dem Freunde. Darüber entsteht Lärm, die Frau merkt ihren Irrtum, schleicht zur Tochter ins Bett und beschwichtigt hier alles mit geschickter Rede.
     
    Calandrino, der die Gesellschaft schon so oft lachen gemacht hatte, tat es auch jetzt wieder. Doch als die Damen über seine Abenteuer schwiegen, gebot die Königin dem Panfilo zu erzählen. Dieser aber sprach:
    Ihr löblichen Damen, der Name der Niccolosa, der Geliebten Calandrinos, hat mir eine Geschichte von einer ändern Niccolosa ins Gedächtnis gerufen, die euch zu erzählen mir gefällt, weil ihr in dieser Geschichte sehen werdet, wie die Geistesgegenwart einer wackeren Frau ein großes Ärgernis hinwegzuräumen imstande war.
    In der Ebene des Mugnone lebte vor noch nicht langer Zeit ein guter Mann, der den Reisenden für ihr Geld zu essen und zu trinken gab und, obwohl er arm und seine Hütte klein war, doch bisweilen in dringenden Fällen zwar nicht jedermann, aber doch seine Bekannten beherbergte. Dieser hatte nun eine recht hübsche Frau zum Weibe, von der er zwei Kinder besaß. Eines von ihnen war ein hübsches und zierliches Mädchen von etwa fünfzehn oder sechzehn Jahren, das noch keinen Mann hatte, das andere ein kleiner Knabe von noch nicht einem Jahr, den die Mutter selbst nährte.
    Auf dies Mädchen nun hatte ein hübscher und gefälliger junger Mann aus unserer Stadt, der häufig in der Gegend verkehrte, ein Auge geworfen und liebte es feurig. Sie aber, die es sich zu ihrem Ruhme rechnete, solch einen Liebhaber zu besitzen, verliebte sich, während sie ihn mit freundlichen Mienen in seiner Neigung zu erhalten versuchte, gleicherweise in ihn, und schon mehrmals hätte diese Liebe zur Freude beider Teile Erfolg gehabt, wenn nicht Pinuccio, so hieß der Jüngling, die Schande des Mädchens und seine eigene gescheut hätte. Als jedoch die

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