Das Dekameron
irgendeinem anderen Verlangen. Calandrino schaute sie wieder an, und da er sie schön fand, machte er sich allerhand zu schaffen, weshalb er nicht mit dem Wasser zu seinen Kameraden zurückkehrte. Da er sie aber nicht kannte, wagte er sie nicht anzureden.
Das Mädchen, das seine Blicke wohl bemerkt hatte, schaute ihn, um ihn zum besten zu haben, wieder einige Male an, wobei sie mehr als ein Seufzerchen ausstieß. Die Folge davon war, daß Calandrino sich sogleich in sie vergaffte und nicht eher aus dem Hofe wich, als bis sie von Filippo zurückgerufen ward. Als er nun zu seiner Arbeit zurückgekehrt war, schnaufte er in einem fort. Bruno, der ihm beständig auf die Finger sah und sich überhaupt an allem, was er tat, sehr ergötzte, bemerkte dies gar bald. »Was zum Teufel hast du, Bruder Calandrino?« fragte er ihn daher. »Du tust ja nichts als schnaufen.« »Bruder«, entgegnete ihm Calandrino, »wenn ich jemand hätte, der mir beistände, ich wäre wohl daran.« »Wie?« fragte Bruno. »Ach«, erwiderte Calandrino, »man darf nur nicht davon reden. Aber unten ist ein Mädchen, hübscher als eine Hexe und so verliebt in mich, daß du dich wundern würdest. Eben jetzt erst bin ich es gewahr geworden, als ich nach Wasser ging.« »O weh«, sagte Bruno, »nimm dich nur in acht, daß es nicht etwa die Frau des Filippo ist.« »Ich glaube es fast«, sagte Calandrino, »denn er rief sie, und sie ging zu ihm in die Kammer. Aber was schadet das? In solchen Dingen scherte ich mich den Kuckuck um unseren Herrn Christus, geschweige denn um Filippo. Ich will dir die Wahrheit sagen, Freund, sie gefällt mir so, daß ich es dir gar nicht sagen kann.« »Bruder«, entgegnete nun Bruno, »ich will für dich erkunden, wer sie ist, und ist es Filippos Frau, so will ich deine Angelegenheit mit zwei Worten richtig machen, denn mit der bin ich gut bekannt. Aber wie machen wir's, daß Buffalmacco nichts davon erfährt? Ich kann nimmer mit ihr sprechen, ohne daß er dabei ist.« »Aus Buffalmacco mache ich mir nichts«, sagte Calandrino. »Aber hüten wir uns nur vor Nello. Der ist mit Tessa verwandt und könnte uns die ganze Geschichte verderben.« »Richtig«, sagte Bruno.
Nun wußte Bruno recht wohl, wer jene war, denn er hatte sie kommen sehen, und überdies hatte Filippo es ihm gesagt. Sobald er daher Calandrino die Arbeit ein wenig verlassen und hinausgehen sah, um sie wiederzusehen, erzählte er Nello und Buffalmacco alles, und nun verabredeten sie heimlich miteinander, wie sie ihn seiner Liebschaft wegen zum besten haben wollten. Sobald er zurückkam, fragte ihn Bruno leise: »Hast du sie gesehen?« »O freilich«, antwortete Calandrino, »und sie wird noch mein Tod sein.« »So will ich gehen«, sagte Bruno, »und sehen, ob es die ist, die ich meine, und verhält es sich so, dann laß mich nur machen.«
Bruno ging nun hinunter, und als er den Filippo und das Mädchen zusammen fand, erzählte er ihnen der Reihe nach, wer Calandrino war, und was er ihm gestanden hatte. Dann verabredeten sie, was jeder zu tun und zu sagen habe, um von dieser Liebschaft des Calandrino Spaß und Freude zu haben. Danach kehrte Bruno zu Calandrino zurück und sagte: »Freilich ist's dieselbe, und deshalb müssen wir das Ding sehr klug einfädeln; denn merkte Filippo etwas, dann wüsche uns der ganze Arno mit seinem Wasser nicht rein. Doch sprich, was soll ich ihr in deinem Namen sagen, wenn es sich trifft, daß ich mit ihr ins Gespräch komme?« »Meiner Treu«, antwortete Calandrino,
»sag ihr zuvörderst und zuerst, daß ich tausend Scheffel der allerschönsten Liebe für sie im Leibe habe und ordentlich schwanger davon werde; dann sag ihr, daß ich ihr untertänigster Diener bin und frag sie, ob sie nichts von mir begehrt. Hast du mich wohl verstanden?« »Allerdings«, sagte Bruno, »laß mich nur machen.«
Als nun die Essensstunde gekommen war und jene die Arbeit verließen, kamen sie herunter in den Hof, wo Filippo und die Niccolosa verweilten, und hielten sich hier um Calandrinos willen ein wenig auf. Calandrino blickte nun die Niccolosa an und machte die tollsten Gebärden von der Welt, so und solcher Art, daß selbst ein Blinder es gemerkt hätte. Die Schöne ihrerseits tat alles, wodurch sie ihn gehörig zu entflammen glaubte. Filippo aber hatte den größten Spaß von der Welt, während er nach Brunos Anweisung so tat, als ob er mit Buffalmacco und den übrigen spräche und von Calandrinos Benehmen nichts bemerkte. Nach einiger Zeit
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