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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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jedoch verabschiedeten sich die vier Maler, zum großen Leidwesen des Calandrino.
    Auf dem Wege nach Florenz sagte Bruno zum Calandrino: »Ich sage dir, sie verzehrt sich um deinetwillen wie Eis an der Sonne. Aber beim Leibe Christi, wenn du deine Zither mitbringst und da eines von deinen Liebesliedern singst, so wirst du sehen, daß sie selbst aus dem Fenster springt, nur um zu dir zu kommen.« »Meinst du, Freund«, sagte Calandrino, »glaubst du, daß ich sie mitbringen soll?« »Ei, wohl«, antwortete Bruno. »Siehst du«, sagte Calandrino, »du wolltest mir heute nicht glauben, als ich's dir sagte. Wahrhaftig, Freund, ich merke, daß ich mich besser als ein anderer darauf verstehe, das zu erlangen, was ich will. Wer anders als ich hätte eine solche Dame wie diese so schnell verliebt machen können? Wahrhaftig, jene jungen Laffen nicht, die alles auf der Meermuschel ausposaunen und den ganzen Tag auf und ab laufen und doch in tausend Jahren nicht drei Handvoll Nußkerne erschnappen. Nun solltest du mich aber erst ein Weilchen mit meiner Zither sehen! Da wirst du ein Spiel sehen! Versteh mich wohl, ich bin nicht etwa so alt, wie du wohl glaubst, und das hat sie genau gemerkt, sonst wollte ich es ihr schon beweisen, wenn ich sie erst beim Wickel kriege. Beim lebendigen Leibe Christi, ich will ihr ein Spiel zeigen, daß sie hinter mir herlaufen soll wie das Kalb hinter der Kuh.« »Oh«, rief Bruno, »du wirst sie sicher fassen, und mir deucht schon, ich sehe dich, wie du sie mit diesen deinen Stummelzähnen in ihren roten Mund und in ihre Wangen beißt, die wie ein Paar Rosen aussehen, und sie dann ganz und gar verzehrst.« Als Calandrino diese Worte hörte, glaubte er schon bei der Sache zu sein und schritt singend und hüpfend so froh einher, daß ihm das eigene Fell zu eng wurde.
    Am folgenden Tag brachte er die Zither mit und sang zu dieser mehrere Lieder zum großen Ergötzen der ganzen Gesellschaft. Und kurz, er geriet über ihren häufigen Anblick in solchen Müßiggang, daß er keinen Strich mehr arbeitete, sondern tausendmal des Tages bald ans Fenster, bald an die Tür, bald hinunter in den Hof lief, um sie zu sehen. Das Mädchen aber, das nach der Anweisung Brunos verfuhr, gab ihm auf listige Art vielerlei Anlaß dazu.
     
    Andererseits brachte ihm Bruno stets Antwort auf seine Botschaften und richtete von ihrer Seite zuweilen dergleichen an ihn aus. War sie nicht zugegen, was meist der Fall war, so ließ er Briefe von ihr ankommen, in denen ihm große Hoffnung gemacht wurde, ans Ziel seiner Wünsche zu gelangen, jedoch mit der Beifügung, daß sie sich jetzt im Hause ihrer Eltern aufhalte, wo er sie nicht sehen könne.
    Auf diese Weise ergötzten sich Bruno und Buffalmacco, welche die Sache eifrig betrieben, auf das köstlichste an dem Gebaren Calandrinos, indem sie sich von ihm, als ob seine Geliebte dergleichen verlangt hätte, bald einen Elfenbeinkamm, bald eine Börse, bald ein Messerchen und andere Kleinigkeiten mehr geben ließen und ihm dafür ein paar unechte Ringe ohne jeden Wert brachten, über die Calandrino sich unaussprechlich freute.
    Überdies aber stiftete er ihnen gute Vesperessen und erwies ihnen allerlei andere Ehre, damit sie sich seiner Angelegenheit desto eifriger annehmen möchten.
    Wohl zwei Monate hielten sie ihn so hin, ohne daß weiter etwas geschehen wäre. Als Calandrino nun sah, daß die Arbeit zu Ende ging, und er fürchten mußte, daß, wenn er seinen Liebeswunsch nicht erfüllen könnte, bevor die Arbeit beendet wäre, ihm dies hinterher nie mehr gelänge, fing er an, den Bruno sehr zu drängen und anzutreiben. Da nun das Mädchen gerade wieder nach Camerata gekommen war, traf Bruno zuerst mit Filippo und ihr die notwendige Abrede und sprach dann zu Calandrino: »Sieh, Freund, diese Dame hat mir wohl tausendmal versprochen, zu tun, was du begehrst, und hinterdrein tut sie doch nichts. Daher scheint es mir fast, als führte sie dich bei der Nase herum. Drum dächt ich, tut sie nicht, was sie verspricht, so wollen wir, wenn du es willst, sie schon dahin bringen, es zu tun, mag sie nun wollen oder nicht.« »Ei ja, um Gottes Liebe willen«, antwortete Calandrino, »mach das nur recht bald.« Nun sprach Bruno: »Getrautest du dich wohl, sie mit einem Amulett zu berühren, das ich dir geben will?« »Freilich«, antwortete Calandrino. »Nun, so sieh zu, daß du mir ein Stückchen Jungfernpergament verschaffst und eine lebendige Fledermaus, drei Körnchen Weihrauch und eine

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