Das Doppelspiel
stimmen. So breit in den Schultern, so groß und sportlich hatte Plenjakow ausgesehen, aber dieser Mann da hinkte und war hagerer als der muskulöse Andrej Nikolajewitsch in Winniza.
Bob Miller versuchte es trotzdem. Ein Gespräch kann nie schaden. Er fuhr noch näher an den weißen Lieferwagen heran und gab mit der Lichthupe Blinkzeichen. Verwundert blickte Plenjakow in den Rückspiegel, streckte dann die Hand aus dem Fenster und machte durch Winken verständlich, daß er beim nächsten Rastplatz abbiegen werde.
Sie erreichten ihn nach vier Meilen. Eine weite Ausbuchtung, in die Felsen hineingesprengt. Ein paar große Trucks parkten hier schon. Die Fahrer saßen auf den Trittbrettern oder an den aufgeklappten Campingtischchen, aßen riesige Butterbrote und tranken aus Thermosflaschen eisgekühlte Milch. In der Sonne mochten es jetzt fast 40 Grad Hitze sein.
Plenjakow bog auf den Parkplatz ein, ein hervorragend unauffälliger Treffpunkt, wie Bob Miller feststellte, bremste und kletterte aus dem weißen Bio-Jet-Wagen. Bob hielt hinter ihm und stieg mit der Ruhe eines sich völlig sicheren Mannes aus. Langsam kam er auf den Bio-Jet-Mann zu, der seine Schirmmütze in den Nacken schob und jetzt die dicke Sonnenbrille abnahm. Mittelblonde Haare quollen unter der Mütze hervor, tiefblaue Augen musterten den amerikanischen Offizier.
Er ist es, durchfuhr es Bob. Mein Gott, es ist Andrej Nikolajewitsch! Orwells Jucken in der Herzgegend hatte wieder einmal recht. Dunja und Plenjakow bildeten in Los Alamos ein Team. Der Auftrag, der in Winniza begonnen hatte, ging jetzt zu Ende. Die gefährlichsten Agenten Moskaus waren in seiner Hand. Und nicht nur das … einer war sein Schicksal geworden, war in sein Leben eingedrungen und nie mehr wegzudenken.
Bis auf zwei Meter kamen Bob und Plenjakow sich entgegen, dann blieben sie wie auf ein lautloses Kommando stehen und starrten sich an. Über Plenjakows Gesicht zuckte es wie ein Krampf.
»John –«, sagte Miller und hatte Mühe, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. »John Barryl!«
»Bob! Du … du bist es wirklich, Bob –«
»Ja.«
»In der Uniform eines US-Majors. Ich hätte dich auf Anhieb nicht erkannt. Eine fantastische Tarnung, Bob!«
Sie gingen noch die letzten beiden Schritte, standen sich ganz nah gegenüber und sahen sich in die glänzenden Augen.
»Bob …«, sagte Plenjakow heiser. »Ich möchte dich umarmen und küssen, so wie wir es früher getan haben. Aber sie blicken alle zu uns herüber. Es würde auffallen.«
»Bestimmt. Wie Homosexuelle sehen wir nicht aus.«
»Immer noch die alte große Schnauze.« Plenjakow grinste und gab Miller die Hand. Er hielt sie lange fest und drückte sie immer wieder. »Wie freue ich mich, Wassja Grigorjewitsch«, sagte er leise. Seine Stimme zitterte vor Ergriffenheit.
»Bob Miller … Johnny, laß jetzt keinen Fehler durchgehen! Ich bin Bob Miller, Major der Army. Und du bist der Bio-Jet-Mann mit den dreckigen Witzen. Auch eine blendende Tarnung.«
»Seit wann bist du hier, Bob?«
»Seit zwei Tagen erst.«
»Direkt aus Moskau?«
»Auf einigen Umwegen, John. Plötzlich kam der Befehl: Ab nach Los Alamos, da ist etwas schiefgelaufen …«
Plenjakow schluckte ein paarmal. Sie wissen es schon, dachte er. Das ist Moskau. Sie wissen einfach alles. Es gibt vor ihnen kein Versteckspielen. Die Organisation arbeitet perfekt.
»Dunja –«, sagte er stockend. »Es geht um Dunja – um Norma! Nicht wahr?«
»Ja …«
»Es ist wunderbar, daß man dich geschickt hat, Bob. Nun sind wir drei wieder zusammen, wie in Winniza. Ich komme mit Dunja nicht mehr zurecht … vielleicht schaffst du es. Auf dich hat sie immer mehr gehört als auf mich … ich habe es gemerkt, aber nie etwas gesagt. Du warst damals in Frazertown der Sieger – ich hätte dir dafür manchmal den Schädel einschlagen können! Und jetzt schickt man gerade dich, um Dunja wieder an die Leine zu legen. Weißt du, daß ich Dunja heiraten möchte?«
»Ich habe so etwas erwartet. Und warum tust du es nicht?«
»Der verdammte Amerikaner. Was weiß das KGB über ihn? Sollst du ihn liquidieren?«
»Das wird die Situation mit sich bringen.« Bob faßte Plenjakow unter, sie gingen wie alte Freunde, die sie ja auch waren, zu dem weißen Lieferwagen und stellten sich in den Schatten des Aufbaus. »Du hast doch diesen Hendrik Gulbrannson erschlagen, nicht wahr?« fragte Bob leichthin.
»Ja. Er wollte Dunja vergewaltigen.«
»Dafür ein Lob aus
Weitere Kostenlose Bücher