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Das doppelte Lottchen

Das doppelte Lottchen

Titel: Das doppelte Lottchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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noch
    Hunderte von Bildern abziehen!«
    »Wie gut, daß er euch angeschmiert hat«, stellt der Vater fest.
    »Ohne ihn wäre Mutti nicht hinter euer Geheimnis gekommen. Und
    ohne ihn wäre heute keine Hochzeit gewesen.«
    Luise dreht sich plötzlich um und schaut zur Oper zurück. Aber
    von Fräulein Gerlach ist weit und breit nichts mehr zu sehen.
    Lotte sagt zur Mutti: »Wir werden dem Herrn Eipeldauer einen
    Brief schreiben und uns bei ihm bedanken!«
    Das »aufgebackene« Ehepaar klettert in der Rötenturmstraße mit
    den Zwillingen die Stiegen hinauf. An der offenen Tür wartet schon die Resi in ihrem sonntäglichen Trachtenstaat, grinst über das ganze breite Bäuerinnengesicht und überreicht der jungen Frau einen
    großmächtigen Blumenstrauß.
    »Ich dank’ Ihnen schön, Resi«, sagt die junge Frau. »Und ich
    freu’ mich, daß Sie bei uns bleiben wollen!«
    Resi nickt wie eine Puppe aus dem Kasperltheater, so energisch
    und ruckartig. Dann stottert sie: »Ich hätte ja auf den Hof z’ruck sollen. Zum Herrn Vater. Aber ich hab’ doch das Fräul’n Lottchen so arg gern!«
    Der Herr Kapellmeister lacht. »Zu uns drei anderen sind S’ nicht eben höflich, Resi!« Resi zuckt ratlos mit den Schultern.
    Frau Palffy greift rettend ein. »Wir können doch nicht ewig auf dem Treppenflur stehenbleiben!«
    »Bitt’ schön!« Resi reißt die Tür ganz weit auf.
    »Momenterl!« sagt der Herr Kapellmeister gemächlich. »Ich muß
    erst einmal in die andere Wohnung!«
    Alle außer ihm erstarren. Schon am Hochzeitstag will er wieder
    ins Atelier am Ring? (Nein, die Resi erstarrt ganz und gar nicht! Sie lacht vielmehr lautlos in sich hinein.)
    Herr Palffy geht zu Herrn Gabeies Wohnungstür, zückt einen
    Schlüssel und schließt in aller Seelenruhe auf!
    Lottchen rennt zu ihm. An der Tür ist ein neues Schild
    angebracht, und auf dem Schild steht deutlich zu lesen: »Palffy.«
    »O Vati!« ruft sie überglücklich.
    Da steht auch schon Luise neben ihr, liest das Schild, kriegt die Schwester am Kragen und beginnt mit ihr eine Art Veitstanz
    aufzuführen. Das alte Stiegenhaus wackelt in allen Fugen.
    »Nun ist’s genug!« ruft schließlich der Herr Kapellmeister. »Ihr schert euch jetzt mit der Resi in die Küche und helft ihr!« Er schaut auf die Uhr. »Ich zeig’ der Mutti inzwischen meine Wohnung. Und in einer halben Stunde wird gegessen. Wenn’s soweit ist, klingelt ihr!« Er nimmt die junge Frau an der Hand.
    An der gegenüberliegenden Tür macht Luise einen Knicks und
    sagt: »Auf gute Nachbarschaft, Herr Kapellmeister!«
    Die Frau legt Hut und Mantel ab. »Was für eine Überraschung!«
    meint sie leise.
    »Eine angenehme Überraschung?« fragt er. Sie nickt.
    »Es war schon lange Lottchens Wunsch, bevor’s auch der
    meinige wurde«, erzählt er zögernd. »Gabele hat den Feldzugsplan bis ins kleinste ausgearbeitet und die Schlacht der Möbelwagen
    geleitet.«
    »Deswegen also mußten wir erst noch in die Schule?«
    »Ja. Der Transport des Flügels hielt den Kampf der Möbeltitanen etwas auf.«
    Sie treten ins Arbeitszimmer. Auf dem Flügel steht die aus dem
    Schreibtischfach auferstandene Fotografie einer jungen Frau aus einer vergangenen, unvergessenen Zeit. Er legt den Arm um sie. »Im dritten Stock links werden wir zu viert glücklich sein, und im dritten Stock rechts ich allein, aber mit euch Wand an Wand.«
    »So viel Glück!« Sie schmiegt sich an ihn.
    »Jedenfalls mehr, als wir verdienen«, sagt er ernst. »Aber nicht mehr, als wir ertragen können.«
    »Ich hätte nie geglaubt, daß es das gibt!«
    »Was?«
    »Daß man verlorenes Glück nachholen kann wie eine versäumte
    Schulstunde.«
    Er deutet auf ein Bild an der Wand. Aus dem Rahmen schaut,
    von Gabele gezeichnet, ein kleines, ernstes Kindergesicht auf die Eltern herab.
    »Jede Sekunde unseres neuen Glücks«, sagt er, »verdanken wir
    unseren Kindern.«
    Luise steht, mit einer Küchenschürze geschmückt, auf einem
    Stuhl und heftet mit Reißnägeln die Titelseite der »Münchner
    Illustrierten« an die Wand.
    »Schön«, sagt Resi andächtig.
    Lottchen, gleichfalls in einer Küchenschürze, werkelt eifrig am Herd.
    Resi tupft sich eine Träne aus dem Augenwinkel, schnüffelt leise und fragt dann, noch immer vor der Fotografie stehend: »Welche
    von euch beiden ist denn nun eigentlich welche?«
    Die kleinen Mädchen schauen einander betroffen an. Dann
    starren sie auf die angenagelte Fotografie. Dann blicken sie erneut einander

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