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Das doppelte Lottchen

Das doppelte Lottchen

Titel: Das doppelte Lottchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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seine Frau! Und dienstags, donnerstags und samstags ist Lottchen an der Reihe!«
    »Und wenn er euch nicht zufällig einmal rechnen läßt, wird er überhaupt nicht merken, daß er zwei Frauen hat«, sagt der Herr Kapellmeister lachend.
    Der Herr Direktor Kilian erhebt sich. »Der Ärmste!« meint er mitleidig.
    Frau Palffy lächelt. »Ein Gutes hat die Einteilung aber doch! Sonntags hat er frei!«
    Als das neugebackene, genauer, das wiederaufgebackene Ehepaar mit den Zwillingen über den Schulhof geht, ist gerade Frühstückspause. Hunderte kleiner Mädchen drängen sich und werden gedrängt. Luise und Lotte werden ungläubig bestaunt.
    Endlich gelingt es Trude, sich bis zu den Zwillingen durchzuboxen. Schwer atmend blickt sie von einer zur anderen.
    »Nanu!« sagt sie erst einmal. Dann wendet sie sich gekränkt an Luise: »Erst verbietest du mir, hier in der Schule drüber zu reden, und nun kommt ihr so einfach daher?«
    »Jetzt kannst du’s ruhig allen erzählen«, erklärt Luise huldvoll.
    »Von morgen an kommen wir nämlich beide!«
    Dann schiebt sich Herr Palffy wie ein Eisbrecher durch die Menge und lotst seine Familie durchs Schultor. Trude wird inzwischen das Opfer der allgemeinen Neugierde. Man bugsiert sie auf den Ast einer Eberesche. Von hier oben teilt sie der lauschenden Mädchenmenge alles mit, was sie weiß.
    Es läutet. Die Pause ist zu Ende. So sollte man wenigstens denken.
    Die Lehrerinnen betreten die Klassenzimmer. Die Klassenzimmer sind leer. Die Lehrerinnen treten an die Fenster und starren empört auf den Schulhof hinunter. Der Schulhof ist überfüllt.
    Die Lehrerinnen dringen ins Zimmer des Direktors, um im Chor Beschwerde zu führen.
    »Nehmen Sie Platz, meine Damen!« sagt er. »Der Schuldiener hat mir soeben die neue Nummer der ›Münchner Illustriertem gebracht. Die Titelseite ist für unsere Schule recht interessant. Darf ich bitten, Fräulein Bruckbaur?« Er reicht ihr die Zeitschrift.
    Und nun vergessen auch die Lehrerinnen, genau wie im Schulhof die kleinen Mädchen, daß die Pause längst vorüber ist.
    Fräulein Irene Gerlach steht, elegant wie immer, in der Nähe der Oper und starrt betroffen auf das Titelblatt der »Münchner Illustrierten«, wo zwei kleine bezopfte Mädchen abgebildet sind. Als sie aufblickt, starrt sie noch mehr. Denn an der Verkehrskreuzung hält ein Taxi, und in dem Taxi sitzen zwei kleine Mädchen mit einem Herrn, den sie gut gekannt hat, und einer Dame, die sie nie kennenlernen möchte!
    Lotte zwickt die Schwester. »Du, dort drüben!«
    »Au! Was denn?«
    Lotte flüstert, daß es kaum zu hören ist: »Fräulein Gerlach!«
    »Wo?«
    »Rechts! Die mit dem großen Hut! Und mit der Zeitung in der Hand!« Luise schielt zu der eleganten Dame hinüber. Am liebsten möchte sie ihr triumphierend die Zunge herausstrecken.
    »Was habt ihr denn, ihr zwei?«
    Verflixt, nun hat die Mutti wohl doch etwas gemerkt?
    Da beugt sich, zum Glück, aus dem Auto, das neben dem Taxi wartet, eine vornehme alte Dame herüber. Sie hält der Mutti eine illustrierte Zeitung hin und sagt lächelnd: »Darf ich Ihnen ein passendes Präsent machen?«
    Frau Palffy nimmt die Illustrierte, sieht das Titelbild, dankt lächelnd und gibt die Zeitung ihrem Mann.
    Die Autos setzen sich in Bewegung. Die alte Frau nickt zum Abschied. Die Kinder klettern neben Vati auf den Wagensitz und bestaunen das Titelbild.
    »Dieser Herr Eipeldauer!« sagt Luise. »Uns so hineinzulegen!«
    »Wir dachten doch, wir hätten alle Fotos zerrissen!« meint Lotte.
    »Er hat ja die Platten!« erklärt die Mutti. »Da kann er noch Hunderte von Bildern abziehen!«
    »Wie gut, daß er euch angeschmiert hat«, stellt der Vater fest.
    »Ohne ihn wäre Mutti nicht hinter euer Geheimnis gekommen. Und ohne ihn wäre heute keine Hochzeit gewesen.«
    Luise dreht sich plötzlich um und schaut zur Oper zurück. Aber von Fräulein Gerlach ist weit und breit nichts mehr zu sehen.
    Lotte sagt zur Mutti: »Wir werden dem Herrn Eipeldauer einen Brief schreiben und uns bei ihm bedanken!«
    Das »aufgebackene« Ehepaar klettert in der Rötenturmstraße mit den Zwillingen die Stiegen hinauf. An der offenen Tür wartet schon die Resi in ihrem sonntäglichen Trachtenstaat, grinst über das ganze breite Bäuerinnengesicht und überreicht der jungen Frau einen großmächtigen Blumenstrauß.
    »Ich dank’ Ihnen schön, Resi«, sagt die junge Frau. »Und ich freu’ mich, daß Sie bei uns bleiben wollen!«
    Resi nickt wie eine Puppe aus dem

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