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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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Fichtennadelschaumbad getrunken zu haben.
    Schaudernd stellte sie das Glas zur Seite.
    Nach einiger Zeit kam der Mann an ihren Tisch und sah, dass sie fast nichts gegessen hatte.
    „Ochi kala? No good?“, fragte er.
    „Nicht hungrig, not hungry“ sagte Vera entschuldigend.
    Der Mann sackte irgendwie in sich zusammen und blickte sie unglücklich an. Dann begann es aus ihm herauszusprudeln.
    „Signomi, sorry. Hotel zu. No personal. Aber you came. Too late to stop you. Mistake travel agency. Sie einziger Gast. Sie xenos, you know? Stranger is guest. Fremder ist Gast und Gast is all important. No personal. Aber ist mein Hotel, sie xenos, Gast, ich mache alles. Kochen. Putzen. For you. In four weeks hotel BUMM!“
    Er machte mit weit ausholenden Armen eine Geste, die wohl darstellen sollte, dass das Haus in die Luft fliegen, zumindest jedoch abgerissen werden würde.
    Vera sah den Mann an wie einen Geist.
    Da war sie offensichtlich durch einen Fehler des Reisebüros in ein an sich schon geschlossenes Hotel gebucht worden, über dem praktisch schon die Abrissbirne schwebte und der Inhaber hatte ihr zuliebe noch einmal aufgesperrt und spielte nun mangels Personal Mädchen für alles!
    Nur weil sie ein „xenos“ war.
    Wenn sie den Mann richtig verstanden hatte, bedeutete „xenos“ sowohl „Fremder“ als auch „Gast“.
    Und für den Gast tat man wohl alles. Man machte als Hotelbesitzer sogar den Koch, den Kellner, den Kofferboy und das Zimmermädchen in Personalunion!
    Sie begann, vor Land und Leuten so etwas wie Hochachtung zu empfinden.
    „Two Metaxa please”, bestellte sie. „One for you, one for me!“
    Sie hatte schließlich den Hotelbesitzer - Stavros Panatotis hieß er - mit Händen und Füßen redend davon überzeugen können, dass er nicht ihr zuliebe zehn Tage das Hotel in Gang halten musste. Sie würde morgen auschecken und sich eine neue Bleibe suchen.
    Das Geld für ihren ganzen Aufenthalt könne er behalten, irgendwie fand sie, dass sie ihm das schuldig war.
    Außerdem würde sie zu Hause einen Höllenaufstand im Reisebüro machen und sich das Geld plus Schadensersatz wieder zurückholen!
    Es brauchte allerdings ziemlich viel Einfühlungsvermögen und noch zwei Metaxa, um Stavros davon zu überzeugen, dass sie nicht wegen ungenügender Gastfreundschaft auszog, sondern weil sie ihm diese Arbeit mit ihr als einzigemn Gast nicht zumuten wollte.
    Stavros hatte schließlich zugestimmt, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er sich um eine neue Unterkunft kümmern dürfe. Ein Bruder vom Freund seines Schwagers würde da einen Hotelbesitzer kennen, der bestimmt noch ein schönes Zimmer für sie frei hatte – zu einem Sonderpreis natürlich. Poli kala!
     
    Mit den zwei Metaxa als Absackern und wenig mehr als einem Sandwich und einem Stück Kuchen im Magen war Vera am Ende dieses langen Tages rechtschaffen müde. Sie verzog sich in ihre „Zelle 17“ und fiel ins Bett.
    Es wurde eine kurzweilige Nacht.
    Zu Beginn ließ sie das Fenster offen, aber der Verkehrslärm brandete nahezu ungedämpft bis in ihr Zimmer hoch. Speziell die hochtourig vorbeisägenden Mopeds erzeugten eine Geräuschkulisse, bei der an ruhigen Schlaf nicht zu denken war.
    Alle südeuropäischen Städte werden erst nachts so richtig wach; Rhodos bildete da keine Ausnahme.
    Vera lag mit offenen Augen da. Über die Wände und die Zimmerdecke geisterten Lichter. Scheinwerfer, Leuchtreklamen.
    Dann ein Hupkonzert, ein Konvoi von Fahrzeugen unter ihrem Fenster. Eine ausgelassene Clique auf dem Weg zur nächsten Disco? Freudetrunkene Sportfans, deren Verein gerade gewonnen hatte?
    Entnervt stand Vera auf und schloss das Fenster. Bald darauf wurde es im Zimmer stickig warm. Die Bettdecke war viel zu schwer, also strampelte Vera sie weg. Aber nun fröstelte sie in der feuchten Luft. In der Hoffnung, es könnte um mittlerweile halb 3 Uhr in der Nacht draußen etwas ruhiger geworden sein, öffnete Vera das Fenster wieder, aber ihre Hoffnung wurde enttäuscht.
    Rhodos-Stadt schien nie zu schlafen.
    Genauso wenig wie die Mücken.
     
    Irgendwann musste sie dann doch eingenickt sein. Ein blechernes Scheppern vor dem Hotel riss sie aus ihren Träumen. Ein Unfall? Sie stand auf und ging ans Fenster. Nein, kein Unfall. Unter ihr war nur gerade die Müllabfuhr von Rhodos lautstark zugange.
    Vera sah auf die Uhr. Kurz vor sieben! Da sie nun schon auf den Beinen war, beschloss sie, das Beste daraus zu machen und schon früh die Stadt zu

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