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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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beunruhigt, wenn sie nicht von Anfang an klargemacht hätte, daß das Wohl ihrer Tochter an erster Stelle stand. Bis sie erwachsen wäre, würde Chloe nicht einmal daran denken, Walter zu verlassen. Aber sie war nicht dumm. Als er beteuerte, seine Liebe zu ihr sei so stark, daß er gern allezeit auf sie warten würde, erwiderte sie: »Das ist sehr nobel, Arne, aber es könnte doch auch sein, daß du dich nur freust, gleichzeitig mich und deine Freiheit zu haben.«
    Was ohne die Tragödie vor fünfzehn Jahren geschehen wäre, konnte er nur vermuten. Was er allerdings mit Sicherheit wußte, war, daß ihr Kummer und die Trennung ihn auf eine Weise berührten, die er nicht für möglich gehalten hätte, und sein Leben geriet zu einer Statistenrolle, bis Chloe durch die Krise mit Elizabeth wieder zu ihm zurückkehrte.
    Nun schien es nichts mehr zu geben, das sie bei Wulfstan hielt. Doch sie hatte sich um die Entscheidung gedrückt und war schließlich mit ihm nach Mid-Yorkshire zurückgekehrt.
    Was Krog dazu gebracht hatte, im Arbeitszimmer seines Gastgebers herumzustöbern, wußte er nicht. Er hatte nichts Bestimmtes im Sinn gehabt, nur eine vage Hoffnung, daß er etwas finden könnte, das ihm die Macht verlieh, Chloe und Walter auseinanderzubringen. Inger hatte ihn beim Spionieren erwischt, auf ihre übliche unbeteiligte Art jedoch nichts gesagt und die Tür wieder geschlossen. Als er die Abschriften gefunden und sich ihre Bedeutung klargemacht hatte, war er zunächst entsetzt gewesen. Daß ein Mann sich Rache für die ermordete Tochter wünscht, konnte er nachvollziehen. Daß er einen Verdächtigen, gegen den nichts Handfestes vorlag, in einem Kellerloch ankettet und dort ertrinken läßt, konnte er nicht im mindesten verstehen. Und die andere große Frage, die er sich nicht zu stellen getraute, weil er Angst vor der Antwort hatte, war, wieviel Chloe von all dem wußte.
    Gar nichts, versicherte er sich selbst … das konnte er nicht glauben … nichts! Vielleicht hatte er das alles auch mißverstanden, und es waren nur die abgedrehten Phantasien einer verwirrten Heranwachsenden. Oder vielleicht hatte Walter gar nichts mit dem angeketteten Benny zu tun. Doch als Krog ihm am Sonntag morgen den Leichenpfad hinauf folgte, und heute wieder, und ihn dort oben stehen sah, wie er auf die Ruinen von Dendale blickte, da war er sicher gewesen.
    Ob seine darauffolgende Handlung richtig gewesen war, wußte er allerdings nicht. Mittlerweile bereute er, Pascoe den Umschlag gegeben zu haben. Warum hatte er sich selbst zum Instrument gemacht, wo er doch einfach Beobachter hätte bleiben können? Denn jetzt, als sein Blick vom lieblichen und geliebten Gesicht der Ehefrau zum gramzerfurchten Gesicht des Ehemannes wanderte, sah er dort deutlich die Spuren von Reue, aber auch Versöhnung mit den Folgen seiner bald zu entdeckenden Tat.
    Der Zyklus bestand aus nur fünf Liedern, doch jedes erschuf eine eigene zeitlose Welt des Kummers. Die Zuhörer lauschten so gebannt, daß niemand sich umdrehte, als während des vorletzten Liedes die rückwärtige Tür aufging und drei Männer und eine Frau in die Kapelle traten.
    »Don’t look so pale! The weather’s bright.
They’ve only gone to climb up Beulah Height.«
    Der Ortsbezug drehte die Schmerzensschraube noch eine Windung weiter. Und die Wiederholung in den letzten Zeilen – mit ihrer herzzerreißenden falschen Heiterkeit, ihrer aus schierer Verzweiflung geborenen Hoffnung – war zuviel für Mrs. Hardcastle, die gegen den steifen Körper ihres Mannes sank und leise vor sich hin schluchzte.
    »We’ll catch up with them on Beulah Height
In bright sunlight.
The weather’s bright on Beulah Height.«
    Dann, beinahe ohne Pause, stürzte sich Inger Sandel in die aufwühlende Begleitung des letzten Liedes.
    Von seinem Standort hinter der leicht geöffneten Sakristeitür aus konnte Krog die Reaktionen der Neuankömmlinge beobachten. Drei von ihnen kannte er. Dalziels steinernes Gesicht verriet nichts von dem, was hinter seinen kleinen Schweinsaugen vorging. Wields zerfurchtes Antlitz war ebenso undurchsichtig, vermittelte jedoch den Eindruck gebannten Zuhörens. Pascoe war sichtlich bewegt und konnte seine Gefühle nicht verbergen. Und die Frau, die Krog nicht kannte – jung und attraktiv, aber keine auffallende Schönheit – nahm mit polizeilicher Routine ihre Umgebung in sich auf, ohne auf die Musik zu reagieren, die ihre Ohren hörten.
    Aufruhr und Konflikt und die Bilder von

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