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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Es gelang ihr nicht. Sie hatte sich ein Monster in der Falle gewünscht, nicht einen übergeschnappten Vater. Sie wollte gerade einige skeptische Fragen stellen, da bedachte Dalziel sie mit einem warnenden Blick und sagte: »Und was haben Sie dann getan?«
    »Ich hob die Leiche hoch und begann, die Schlucht hochzuklettern. Ich glaube, ich wollte sie ins Tal hinunter tragen und Hilfe suchen, obwohl ich bereits wußte, daß jede Hilfe zu spät kam. Auf halbem Weg, auf einem Vorsprung, griff der Hund mich an und biß mir in die Knöchel. Ich mußte stehenbleiben und ihn irgendwie loswerden. Schließlich habe ich ihn so fest getreten, daß er auf den Grund der Schlucht fiel und dort knurrend liegenblieb. Da bemerkte ich plötzlich diese Öffnung hinter einem Felsblock. Als ich hineinblickte, sah ich, daß es eine Art Versteck für das Mädchen gewesen sein muß. Es waren lauter Sachen darin, die ein Mädchen mit in ein Versteck nehmen würde … Ich weiß das noch von damals, als …«
    Er sah zu seiner Frau, deren Gesicht ganz bleich geworden war. Elizabeth hielt ihre eine Hand, während Arne nach der anderen griff.
    »Ich legte sie dort ab und dachte, das sei ein guter Platz, wo ich sie lassen könnte, während ich nach Hilfe suche. Und dann fing ich an darüber nachzudenken, was das bedeutete … Leute benachrichtigen, möglicherweise ihre Eltern aufsuchen … und ich merkte, daß ich dazu nicht die Kraft hatte. Im Verlauf der Jahre war ich zu der Überzeugung gekommen, daß ich stark genug wäre, alles zu tun und zu ertragen, aber ich merkte, dazu hätte ich nicht die Kraft. Also verschloß ich den Eingang ihrer kleinen Höhle. Ich wollte eigentlich nur etwas Zeit zum Nachdenken gewinnen. Ich wollte sie nicht für immer versteckt halten. Das wollte ich ihren Eltern nicht antun, denn ich weiß nur zu gut, wie es einem geht, wenn die Leiche seines Kindes nicht gefunden wird.«
    »Warum haben Sie dann Ihre Spuren durch das tote Schaf verwischt?«
    Das kam von Wield, der unbemerkt im Hintergrund gestanden hatte. »Ich bin der, der sie gefunden hat«, fuhr er anklagend fort. »Ich habe gesehen, wie sehr Sie sich angestrengt haben, sie gut zu verstecken.«
    »Der Hund war immer noch da«, sagte Wulfstan. »Ich hatte ihn mit Steinen fortgejagt, fürchtete aber, er könnte zurückkommen. Ich dachte, das tote Schaf könnte ihn oder auch irgendwelche Raubtiere daran hindern, zu ihr zu gelangen. Und dann ging ich zurück zu meinem Wagen am Leichenpfad und fuhr nach Hause. Ich glaube nicht, daß mich jemand gesehen hat.«
    O doch, das hat jemand, dachte Pascoe. Ein anderes kleines Mädchen, das Gott sei Dank glaubt, sie hätte eine Szene aus einem ihrer Märchenbücher erlebt.
    »Und wann genau wollten Sie uns in den Genuß dieser Informationen bringen, Sir?« erkundigte sich Dalziel mit amtlicher Höflichkeit.
    »Nach dem Konzert. Morgen früh«, erwiderte Wulfstan. »Ich hatte schon vor einiger Zeit begonnen, meine Angelegenheiten sowohl beruflicher als auch privater Natur zu ordnen. Die letzten drei Tage haben mir Zeit gegeben, die Sachen zum Abschluß zu bringen, und ich dachte, ich wollte auch nicht Elizabeths … wollte nicht das Debüt meiner anderen Tochter bei diesem Festival ruinieren.«
    Er sah zu Elizabeth. Was zwischen ihnen ablief, war schwer zu erkennen.
    Zuneigung? Verständnis? Vergebung? Reue? Es war alles da, aber wer wem wieviel davon entgegenbrachte, war schwer zu sagen.
    »Sonst noch was, das Sie uns sagen wollen?« fragte Dalziel. »Etwa, warum Sie in den letzten Wochen immer wieder den Leichenpfad raufgegangen sind? Und warum Sie Ihre Angelegenheiten ins reine bringen wollten?«
    Wulfstan nickte beinahe unmerklich mit dem Kopf.
    »Ich glaube, Sie wissen es, Mr. Dalziel. Vor fünfzehn Jahren hielt ich Sie für hoffnungslos dumm; jetzt sehe ich, daß ich mich womöglich geirrt habe. Zumindest, was das ›hoffnungslos‹ angeht. Ich fing an, zum Grat des Neb hinaufzugehen, als ich hörte, daß der Stausee so sehr austrocknet, daß das Dorf wiederauftaucht. Ich lebe von der Sonne und betrachtete es als Ironie des Schicksals, daß es die Sonne ist, die diese Art von Leben beendet.«
    »Wie meinen Sie das?« fragte Dalziel nach. »Nur damit jeder hier das auch versteht.«
    Er sah zu Chloe Wulfstan. Pascoe, wohl der fortgeschrittenste Dalzieloge der zivilisierten Welt, las die Botschaft ohne große Schwierigkeiten.
    Sag’s ihr jetzt, in aller Öffentlichkeit, so daß, falls sie’s wußte, niemand es aus

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