Zurück ans Meer

Prolog
    Wenn wir die Mitte des Lebens erreicht haben, wird das Bedürfnis nach Selbsterkenntnis stärker. Wir sind an einem Punkt angelangt,
     an dem der jugendliche Elan verpufft ist, die Möglichkeit des Versagens auftritt und die Träume von früher seicht und sinnlos
     erscheinen. Und wir stellen uns plötzlich die schwierigen Fragen: Was soll ich jetzt tun? Worauf kommt es wirklich an? Wer
     bin ich?
    Viele Jahre lang bin ich diesen Fragen ausgewichen, weil ich zu viele Verpflichtungen hatte – an zu viele andere Menschen
     denken musste. Aber plötzlich gab es keine Ausreden mehr. Alte Wahrheiten und Ideale hatten sich abgenutzt. Ich war ruhelos,
     unglücklich, erfüllt von einem undefinierbaren Schmerz, stand an einem Scheideweg ohne klare Vorstellung, welchem Pfad ich
     folgen sollte. Ich wusste nur, dass sich etwas ändern musste. Also wagte ich den Sprung, kehrte meinem bisherigen Leben den
     Rücken und stürzte mich kopfüber ins Unbekannte.
    Mein erstes Buch
Ein Jahr am Meer
erzählt von dem »Er wachen «, das ich erlebte, als ich meinen Mann und meine Familie verließ, um auf Cape Cod zu leben. Es ist ein sehr persönlicher
     Bericht, der vielen Frauen geholfen hat, ebenfalls aufzuwachen. Sobald ich jedoch wieder mit anderen zusammenlebte, erwies
     es sich als schwierig, der Reiseroute zu folgen, die ich in meinem allein verbrachten Jahr entworfen hatte. Ein einfaches
     Leben zu führen und dabei dem Kreislaufder Natur und meinen eigenen inneren Gezeiten zu folgen, an den Stränden von Cape Cod entlangzulaufen und nur für mich allein
     zu kochen, war etwas ganz anderes, als meinen Platz im Familien- und Freundeskreis wieder einzunehmen und mich ernsthaft dem
     Schreiben zu widmen.
    Dieses Buch umfasst die zehn Jahre seit dem »Erwachen« bis in die jüngere Vergangenheit, in der ich allmählich in meiner eigenen
     Realität sesshaft wurde. Während sich eine Illusion nach der anderen auflöste, war ich in der Lage, endgültig zu erfassen,
     was einfach und wahr ist. Beim Rückblick auf die Wege, die ich eingeschlagen hatte, erkannte ich, welche verlässlich waren
     und welche nicht – jene, auf die ich rein zufällig gestoßen war und die mit Lektionen und Mühsal verbunden waren, und jene,
     die zu falschen Zielen geführt hatten, welche kurzfristig verlockend gewirkt hatten, sich jedoch langfristig als katastrophal
     erwiesen.
    Ich hoffe, Sie durch das Aufzeigen meiner Fallgruben und Triumphe zu ermutigen, Ihre eigene neue Reiseroute zu entwerfen und
     dabei nicht zu vergessen, dass Umwege, Nebenstraßen und rutschige Fahrdämme Teil der Reise sind – wir aber auch entsprechende
     Lehren daraus ziehen müssen. Doch wie beginnen solche Reisen?
    Der innere Drang nach einer zweiten Reise wird für gewöhnlich durch unerwartete Veränderungen beschleunigt, die zu einer so
     starken Krise führen, dass man wie gelähmt ist. Auslöser können beispielsweise Untreue, die Diagnose einer schweren Krankheit,
     der Tod eines geliebten Menschen, Verlust von Selbstwertgefühl und Machtverlust sein. Einer Frau, die damit konfrontiert ist,
     bleibt gar nichts anderes übrig, als innezuhalten, sich abzusondern, sogar fortzuziehen, bis sie die Richtung, die sie einschlagen
     sollte, neu bewerten kann. Soll sie auf Kurs bleiben oder einen anderen Weg nehmen?
    Leider blockieren viele von uns ihre Wachstumsfähigkeit, weil die Gesellschaft ein Leben in Gleichförmigkeit fördert.Wir verzögern, verleugnen, ignorieren die nachfolgende Krise aufgrund von Verwirrung, Unbehagen, ja sogar aus Schicklichkeit.
     Doch ich begegne immer mehr Frauen, vor allem in der Lebensmitte – diesem unbehaglichen und schlecht zu definierenden Zeitraum   –, die nicht einfach nur stagnieren, sondern lieber produktiv sein wollen. Die heutige Frau hat den Drang, gegen den Strom
     zu schwimmen, aus der Reihe zu tanzen und mit einer höflichen Gesellschaft zu brechen, die von ihr verlangt, sich an ungeschriebene
     Beziehungsregeln zu halten, den Machtmissbrauch am Arbeitsplatz hinzunehmen und munter mit unzähligen Forderungen anderer
     zu leben, obwohl sie doch ihre eigenen Wünsche hat.
    Dieses Buch will Ihnen helfen, sich durch Veränderungen zu navigieren – aufzuwachen und eine entschlossene, leidenschaftliche
     Pilgerin auf Ihrem ganz eigenen Pfad zu werden. Das bedeutet nicht, Familie und Freunde aufzugeben, sondern einfach nur, den
     Familienkreis und andere Beziehungen in Ihre Welt zu integrieren, damit sie Teil Ihres Lebens,