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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Cedric gepachtet hat – merkte, was da los war und nahm Jed unter seine Fittiche, verschaffte ihm einen Job in seinem Pachtbüro. Wie ich sagte, er ist klug, lernt schnell und kann es in der richtigen Umgebung zu etwas bringen.«
    »Und das ist nicht unbedingt die Scheune.«
    »Vor allem nicht, wenn der eigene Vater ihm ständig unter die Nase reibt, wie nutzlos er doch ist«, stimmte Mrs. Shimmings zu.
    »Aber er wohnt immer noch zu Hause?«
    »Das war das Hauptziel der ganzen Übung. Alle waren sich einig, wenn Jed auch noch von zu Hause weggeht, bringt seine Mutter entweder sich selbst oder ihren Mann um, bevor der nächste Tag vorüber ist.«
    Das alles hätte er zweifellos auch von Clark erfahren können, aber wenn es um das psychologische Profil eines Jugendlichen ging, verließ er sich lieber auf Mrs. Shimmings professionell geschultes Auge.
    Clark sagte: »Nach unserm Gespräch gestern hab ich ’ne Liste der möglichen Täter zusammengestellt. Wir hatten vor ’ner Weile schon mal Ärger mit diesen Sprühdosen-Schmierfinken, und ich hatte damals ein halbes Dutzend im Visier …«
    »Aber Hardcastle war nicht dabei«, meinte Pascoe. »Ich hab seinen Namen in den Computer gefüttert. Keine Angaben.«
    »Es gab nicht genug Beweise, um vor Gericht zu geh’n, also kümmerte ich mich selbst darum«, erwiderte Clark und hieb mit der rechten Handkante durch die Luft.
    »Also hatten Sie nur noch eine kurze Liste. Wie kam es, daß Sie Hardcastle herauspickten?«
    »Hab mich umgehört«, antwortete Clark vage. »Drei von den Jungs, mit denen ich gesprochen habe, zeigten mit dem Finger auf Jed und seinen Kumpel, Vernon Kittle.«
    Dieses Mal sparte er sich die Geste, aber Pascoe konnte sich die Art der Erkundigungen vorstellen. Wichtiger war allerdings die Zuverlässigkeit der Antworten.
    »Dieser Kittle, ist von dem was bekannt?«
    »Ein Rowdy. Hält sich für ’n starken Typen. Macht mächtig Eindruck auf Jed, sonst aber auf kaum jemanden.«
    »Warum haben Sie dann gestern nacht nichts unternommen?« wollte Pascoe wissen.
    »Sonntag. Da ist jeder irgendwo unterwegs, deshalb hab ich so lang gebraucht, um die meisten überhaupt aufzustöbern.«
    »Trotzdem …«
    »Und Jed war nicht zu Hause«, fuhr Clark fort. »Ist mit Kittle und ein paar Puppen in dessen Bus ans Meer gefahren. Molly, also Mrs. Hardcastle, sagte, sie wüßte nicht, wann sie zurückkommen. Diese jungen Burschen … na, Sie wissen schon. Also dachte ich, ich könnte es auch bis heute morgen aufschieben und dann an Sie weitergeben.«
    Wield hatte also richtig gedacht. Ein kleines Geschenk an Pascoe, weil er den Sergeant gestern vor Dalziels Zorn bewahrt hatte. Sie standen nicht gern in der Schuld, diese Yorkshire-Leute. Und sie wurden nicht gern als Dummköpfe behandelt, wie Maggie Burroughs eines Tages vielleicht noch auf schmerzliche Weise erfahren würde.
    »Sagen Sie, Nobby, diese ganze Sache mit Dendale – was meinen Sie? Zeitverschwendung – oder könnte es einen Zusammenhang geben?«
    Der Sergeant zögerte. Er wägte sichtlich die Bedeutung des Wechsels auf eine neue, vertraulichere Ebene ab, die der Gebrauch seines Spitznamens andeutete.
    Dann sagte er: »Könnte wohl sein. Aber ich hoffe nicht.«
    »Warum nicht? Wenn sich herausstellt, daß ein Zusammenhang besteht, könnten wir vier Rätsel auf einmal lösen.«
    »Vielleicht. Aber was ist, wenn wir nur einen Haufen schlafender Hunde wecken, und das ganz umsonst? Die Leute haben grad angefangen, an Dendale zu denken, ohne sich dabei gleich an die armen Mädchen zu erinnern. Das war schrecklich damals, aber das Leben ist voll mit schrecklichen Dingen, und die sollten einem nicht alles verderben dürfen, was schön ist.«
    Es klang wie eine Rechtfertigung, so als spürte er bereits einen Protest oder gar Spott wegen seiner ausgefallenen Wortwahl.
    »Und Dendale war schön, oder nicht?« sagte Pascoe.
    »O ja. Es war ein prima Ort, mit prima Leuten. Natürlich hatten wir auch unsere Bösewichter, und wir hatten gute und schlechte Zeiten, aber nichts, das wir nicht allein in den Griff kriegen konnten. Ich wär froh gewesen, meinen Lebensabend dort verbringen zu können, das sag ich Ihnen, auch ohne die Beförderung.«
    Er sprach mit einer Leidenschaft, die Pascoe schmunzeln ließ.
    »Das klingt ja, als sei es das Paradies gewesen«, sagte er.
    »Na ja, wenn’s nicht das Paradies war, dann war’s zumindest gleich nebenan und so nah, wie ich jemals drankommen werde«, entgegnete Clark.

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