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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sein, eine Mauer um alles herum, sozusagen. Aber in Dendale gab es zu viele Lücken. Auch wenn der Damm nicht gebaut worden wäre, hätten die Grundstücke verkauft werden müssen.«
    Pascoe hatte den Eindruck, eine gut geübte und oft wiederholte Entschuldigung zu hören. Er vermutete, daß so manche die schlichte Abfolge der Geschehnisse – Pontifex verkauft das Land, der Damm wird gebaut, die Kinder verschwinden – als Aneinanderreihung von Ursache und Wirkung betrachteten. Aber es war erstaunlich, daß ein nüchterner Geschäftsmann sich von solchem Geschwätz hatte anstecken lassen.
    »Sir, er ist weg.«
    Clark war aus dem Büro gekommen.
    »Weg? Wohin?«
    »Der Pachtverwalter sagt, er hätte uns durchs Fenster geseh’n, und als nächstes ist der Junge verschwunden.«
    »Wollten Sie etwa Jed sprechen?« fragte Pontifex und klang erleichtert. »Aus einem bestimmten Grund?«
    »Wir überprüfen nur alle möglichen Leute, um herauszubekommen, ob sie gestern einen Verdächtigen gesehen haben, Sir«, erklärte Pascoe ausweichend.
    »Natürlich. Einer Ihrer Kollegen war auch schon hier. Ich konnte ihm leider nicht helfen. Sie sehen ja, wie schlecht meine Augen sind.«
    Wollte er etwa ein Alibi? überlegte Pascoe.
    Er gab Pontifex die Hand und verabschiedete sich. Als er zum Wagen zurückging, fragte er Clark: »Hat Pontifex Familie?«
    »Eine Tochter. Er ist geschieden. Die Frau hat das Sorgerecht.«
    »Dann lebt er allein hier. Hilft er noch anderen Burschen, oder ist Jed der einzige?«
    Clark warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
    »Da ist nix dergleichen«, entgegnete er voller Abscheu. »An so was brauchen Sie gar nicht zu denken.«
    »So etwas meinte ich auch gar nicht«, protestierte Pascoe. Oder doch? So wie es sich anhörte, war
das
in Danby noch immer ein Grund zur Steinigung. Er sollte Wieldy besser warnen.
    »Ich glaube eher, daß Mr. Pontifex sich den Hardcastles gegenüber verpflichtet fühlt«, fuhr Clark fort. »Das würden so manche bestätigen. Ich meine, vielleicht, wenn er sein Land nicht verkauft hätte …«
    »Aber dann hätte es einen Zwangsverkauf gegeben, oder?« meinte Pascoe.
    »Es besteht ein großer Unterschied zwischen Zwang und Profit«, erwiderte Clark mit alttestamentlicher Sturheit.
    »Sie meinen also, man kann ihm zu einem gewissen Grad die Schuld geben?« erkundigte sich Pascoe neugierig.
    »Na ja, wenn jemand aus dem Ort die Mädchen umgebracht hat, wie etwa Benny Lightfoot, dann könnte es doch sein, daß der Verkauf von seinem Zuhause, gewissermaßen, in ihm was ausgelöst hat, das sonst bis zu seinem Tod nicht rausgekommen wäre.«
    Von alttestamentlichem Rechtsempfinden zu modernem Psychogeschwätz! Wobei nicht zu leugnen war, daß etwas dran sein konnte. In der Akte stand allerdings nichts dergleichen. Vor fünfzehn Jahren war kaum jemand auf die Idee gekommen, von Straftätern ein psychologisches Profil zu erstellen, und selbst heute wurde diese Kunst nur in bestimmten Teilen Yorkshires und dort auch nur im geheimen praktiziert.
    Pascoe fragte: »Gehörte Lightfoots Cottage denn zu Pontifex’ Besitz?«
    »Nein. Der gehörte der alten Mrs. Lightfoot, Bennys Großmutter. Deren Mann hatte sie von Arthur Allgood gemietet, als der noch den Heck-Hof bewirtschaftete, und Neb Cottage gehörte zu seinem Besitz. Als der alte Lightfoot starb, übernahm sein Sohn Saul den Mietvertrag.«
    »Das war Bennys Vater, oder? Der ertrunken ist.«
    »Sie sind ja gut informiert«, meinte Clark anerkennend. »Ja, das stimmt. Nachdem der starb und Marion sich mit der alten Lady zerstritten hatte und mit ihren Kindern in die Stadt gezogen war, dachten alle, Arthur würde sie aus Neb Cottage rausschmeißen und einen neuen Mieter suchen. Aber ehe er das tun konnte, siehe da, mußte er selbst dran glauben. Hundert Jahre früher hätten sie die alte Mrs. Lightfoot wahrscheinlich als Hexe verbrannt.«
    »Aber wieso? Das Cottage gehörte doch noch immer zum Heck-Hof.«
    »Klar. Aber der gehörte jetzt Chloe Allgood, Arthurs Tochter, die Mr. Wulfstan geheiratet hatte. Sie wollten Heck als Ferienhaus behalten und den Rest verkaufen. Natürlich waren Mr. Pontifex’ Makler blitzschnell zur Stelle.«
    »Aber Pontifex bekam Neb Cottage nicht?«
    »Nein. Wie sich herausstellte, hatte sich die alte Lady gleich nach Allgoods Beerdigung Chloe geschnappt und sie überredet, ihr das Cottage zu verkaufen. Keiner weiß, woher sie die Kohle dafür hatte – es hieß, sie hätte das Geld aus der

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