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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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gestern?«
    »Bin ich gefahr’n. Ich hab ’ne Freundin abgeholt, und wir sind nach dem Gottesdienst raus an die Küste gefahren.«
    »Lassen Sie Ihren Wagen immer da draußen stehen, wo er jetzt steht?«
    »Nicht immer. Manchmal stelle ich ihn auch in die Garage.«
    »Und Samstag abend?«
    Er zögerte. War es so schwer, sich daran zu erinnern? Vielleicht überlegte er, wie Novello, worauf Wield hinauswollte – und kam zu dem selben Ergebnis wie sie.
    »In der Garage.«
    Falls also der Zeitungsjunge sich an keinen Wagen vor dem Haus erinnern konnte, als er irgendwann vor neun Uhr die Zeitung auslieferte, bedeutete das gar nichts.
    Novello sah zu Wield. Sie wußte, sogar aus eigener Erfahrung, daß er für seine Gründlichkeit berüchtigt war. Er würde nicht lockerlassen, bis er jeden in nächster und fernster Umgebung befragt hatte, ob er Turnbull am frühen Sonntagmorgen von seinem Haus hatte wegfahren sehen. Nein, korrigierte sie sich, bis
ich
sie alle befragt habe. Na, toll!
    Turnbull stand auf. Er ging aus dem Zimmer, und sie hörten ihn im Flur eine Telefonnummer wählen.
    »Hallo, Dickie«, sagte er. »Hier ist Geordie Turnbull. Ja, nicht schlecht, unter den Umständen. Die Umstände sind, daß ich Besuch hab. Die Polizei. Nein, kein Ärger, aber ich glaube, ich hätte dich gern hier, um mir die Hand zu halten. So schnell du kannst. Danke, mein Junge.«
    Er kam zurück und sagte: »Dick Hoddle, mein Anwalt, wird uns Gesellschaft leisten, Mr. Wield. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen?«
    »Es ist Ihr Haus«, meinte Wield gleichgültig.
    »Ja, und da möchte ich auch bleiben«, sagte Turnbull. »Deshalb kommt Dickie her. Eins möchte ich gleich klarstellen, Mr. Wield. Ich hab nicht die Absicht, mich von Ihnen nach Danby bringen zu lassen, um Ihnen bei Ihren Ermittlungen zu helfen. Nicht ohne einen Haftbefehl.«
    »Sie haben mich vorhin gefragt, worum es geht«, sagte Wield. »Wie es scheint, wußten Sie das aber schon.«
    »O ja, das wußte ich sehr wohl. Ich konnte es nur nicht glauben. Sie haben mir das schon mal angetan, wissen Sie noch? Ich konnte einfach nicht glauben, daß Sie es wieder tun würden, aber das tun Sie tatsächlich, oder nicht?«
    »Wir stellen alle möglichen Nachforschungen hinsichtlich des Verschwindens von Lorraine Dacre an, ja«, gab Wield zurück.
    »Tun Sie das nur. Und ich hoffe, Sie finden den Scheißkerl, der dafür verantwortlich ist. Aber Sie und Ihre Leute treten mit Ihren Dreckstiefeln in das Leben anderer Leute und denken nicht eine Sekunde über den Mist nach, den Sie hinterlassen. Ich werd nirgendwo hingehen, wo Kameras oder Reporter sind. Alles, was Sie von mir wollen, kriegen Sie hier oder gar nicht.«
    »Schön«, sagte Wield. »Und hier wollen wir auch bleiben. Zunächst einmal schätze ich Ihren Willen zur Kooperation, Mr. Turnbull. Wir werden Ihr Grundstück durchsuchen müssen. Und Ihren Wagen. Sind Sie damit einverstanden?«
    »Hab ich eine Wahl?«
    »Ja. Zwischen früher und später.«
    »Na los«, sagte Turnbull und warf Novello seine Autoschlüssel vor die Füße. »Tun Sie, was Sie verdammt noch mal nicht lassen können. Das haben Sie doch immer getan.«
    In seiner Stimme schwang Bitterkeit mit, aber auch noch etwas anderes, dachte Novello, während sie die Schlüssel aufhob. Etwas, das beinahe von Anfang an dagewesen war. Etwas wie … Erleichterung?
    Doch Erleichterung worüber? Daß seine Verbrechen ihn schließlich einholten? Oder daß uralte Befürchtungen sich tatsächlich bewahrheiteten?
    Sie ging hinaus zum Wagen.
    Wield marschierte durchs Zimmer und pfiff dabei nicht besonders melodiös ein altes Lied der Pacemakers.
    »Schönes Wohnzimmer, Mr. Turnbull«, sagte er, als er seine Runde beendet hatte.
    »Wie ich schon sagte, ich hab viel Glück gehabt. Und viele Menschen waren gut zu mir. Tommy Tiplake. Die Leute hier am Ort. Sie werden zu meinen Gunsten aussagen, Mr. Wield.«
    Es war beinahe ein Flehen, und Wield war beinahe gerührt.
    »Es ist gut, Freunde zu haben«, sagte er. »Ein toller alter Kamin, den Sie da haben.«
    »Ja.«
    »Ein bißchen groß für den Raum vielleicht. Und er kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Sie haben aber ein gutes Gedächtnis«, meinte Turnbull anerkennend. »Der ist aus dem ›Holly Bush‹ von Dendale. Aus dem Nebenzimmer, erinnern Sie sich? Keine Sorge, der ist bezahlt. Tommy und die anderen Abrißleute haben mit der Wassergesellschaft alles abgerechnet, was sie haben wollten. Das steht bei denen bestimmt

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